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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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die nach Dingen suchen, die eines Tages vor Gericht gegen euch verwendet werden können. Redet nicht mit Journalisten, denn auch etwas, das scherzhaft gemeint war, kann sich während eines Verfahrens ganz anders anhören. Unterschreibt nichts, das ihr vorher nicht mir oder meinem Mann gezeigt habt. Sprecht nicht mit anderen Anwälten.
    Aber sie machte ihnen auch Hoffnung. Das Urteil werde vielleicht nicht ohne Einf luss auf das Justizsystem bleiben. Die staatlichen Vorschriften müssten umgesetzt werden, die Chemieindustrie dürfe sie nicht weiter ignorieren. In diesem Moment stürze Kranes Aktie in den Keller, und wenn die Verluste der Aktionäre zu hoch seien, würden sie Veränderungen fordern.
    Nachdem sie geendet hatte, sprach Denny Ott mit den anderen ein Gebet. Mary Grace umarmte ihre Mandanten, wünschte ihnen alles Gute und versprach, in ein paar Tagen wieder vorbeizuschauen. Begleitet von Ott, ging sie zum Eingang der Kirche, um ihre nächste Verabredung wahrzunehmen.
    Der Journalist hieß Tip Shepard. Er war seit etwa einem Monat hier und hatte es nach vielen Anläufen geschafft, das Vertrauen des Pastors zu gewinnen, der ihn Wes und Mary Grace vorgestellt hatte. Shepard war Freelancer mit beeindruckenden Referenzen und Autor mehrerer Bücher. Sein texanischer Akzent hatte dazu beigetragen, das Misstrauen der Einwohner von Bowmore gegenüber den Medien zu verringern. Während des Prozesses hatten die Paytons es aus mehreren Gründen abgelehnt, mit ihm zu sprechen. Jetzt war er vorbei, und Mary Grace hatte zugestimmt, ihr erstes Interview zu geben. Wenn es gut lief, folgte vielleicht ein weiteres.
     
    »Mr Kirkhead will sein Geld«, sagte Huffy. Er saß in Wes Paytons nicht eben repräsentativem Büro - Möbel aus ausrangierten Armeebeständen, provisorische Wände aus ungestrichenen Rigipsplatten, fleckiger Betonboden.
    »Daran zweifle ich nicht«, antwortete Wes gereizt. Er war verärgert, weil er schon wenige Stunden nach dem Urteil Besuch von der Bank bekam. Es sah so aus, als wollte Huffy ihn unter Druck setzen. »Sagen Sie ihm, er soll sich hinten anstellen.«
    »Die Rückzahlung wäre längst fällig gewesen, das wissen Sie.«
    »Ist Kirkhead wirklich so dumm? Glaubt er, die Jury fällt ein Urteil, und der Verurteilte stellt sofort einen Scheck aus?«
    »Ja, er ist dumm, aber so dumm nun auch wieder nicht.«
    »Hat er Sie geschickt?«
    »Ja. Heute Morgen hat er mich zusammengestaucht, und ich vermute, das wird sich in nächster Zeit noch häufiger wiederholen.«
    »Können Sie nicht ein oder zwei Tage warten, vielleicht eine Woche? Wollen Sie uns nicht ein bisschen zur Ruhe kommen, den Augenblick genießen lassen?«
    »Er will einen Zeitplan für die Rückzahlung des Kredits. Schriftlich.«
    »Bekommt er«, antwortete Wes. Er hatte keine Lust, sich mit Huffy zu streiten. Sie waren nicht gerade Freunde, gingen aber höflich miteinander um und waren gern zusammen. Wes war ihm dankbar dafür, dass er bereit gewesen war, das Risiko mit ihnen einzugehen. Huffy seinerseits bewunderte die Paytons für ihren Mut, alles auf eine Karte zu setzen. Er war oft mit ihnen zusammen gewesen während dieser Zeit, in der sie sich von allem trennten - dem Haus, den alten Büros, den Autos, den Rücklagen für das Alter.
    »Lassen Sie uns über die nächsten drei Monate reden«, sagte Huffy, der auf einem wackeligen Klappstuhl saß.
    Wes rollte die Augen und atmete tief durch. Plötzlich fühlte er sich sehr müde. »Es gab eine Zeit, als wir fünfzigtausend im Monat gemacht haben, von denen uns dreißig blieben. Wir hatten ein gutes Leben, Sie wissen das. Jetzt brauchen wir ein Jahr, um das Geschäft wieder auf Trab zu bringen, aber wir können es schaffen. Uns bleibt keine andere Wahl. Irgendwie werden wir bis zum Beginn der Berufung durchkommen. Wenn das Urteil bestätigt wird, bekommt Kirkhead das Geld und kann uns mal. Wir werden uns zur Ruhe setzen und uns auf unserer Segeljacht amüsieren. Wird das Urteil gekippt, melden wir Insolvenz an und schlagen uns als Scheidungsanwälte durch.«
    »Das Urteil bringt Ihnen doch sicher neue Mandanten.«
    »Klar, aber auf die meisten davon bin ich absolut nicht scharf.«
    Durch die Verwendung des Wortes »Insolvenz« hatte Wes sichergestellt, dass Huffy und seine Bank vorsichtiger agieren würden. In diesem Fall würden sie womöglich leer ausgehen. Durch das Urteil allein ging noch kein Geld auf dem Konto der Paytons ein - bisher sah ihre finanzielle Situation kein bisschen

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