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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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vorsichtig am Zipper.
    »Jedenfalls nicht Sturdivant.«
    »Sehe ich auch so.« Sie trat vor einen mannshohen Spiegel, und beide betrachteten mit prüfendem Blick ihr Outfit. »Sieht man, dass ich zugenommen habe?«
    »Nein.« Die immer gleiche Antwort auf die immer gleiche Frage.
    »Tja, habe ich aber. Deshalb mag ich diese Dinger. Die verbergen glatt zwanzig Pfund.«
    »Sie mögen sie aus einem anderen Grund, meine Liebe, das wissen wir beide. Sie sind die einzige Frau da draußen inmitten von acht Kerlen, und keiner von denen ist so taff und so schlau wie Sie.«
    »Und so sexy. Vergessen Sie nicht sexy.«
    Die Sekretärin lachte bei der Vorstellung. »Keine Konkurrenz, meine Liebe. Die alten Böcke können doch von Sex nur noch träumen.«
    Dann ging Sheila aus dem Büro und den Flur entlang, wo sie wieder mit Paul zusammentraf. Er zählte die wichtigsten Stichpunkte aus dem Fall Sturdivant auf, während sie im Aufzug in den zweiten Stock fuhren, wo sich der Gerichtssaal befand. Der eine Anwalt dürfte vermutlich so argumentieren, der andere so. Und hier ein paar Fragen, mit denen man beide aufs Glatteis führen kann.
    Drei Straßen weiter hatte sich eine Gruppe entschlossen drein -blickender Männer und Frauen (zwei) zusammengefunden, um über Richterin McCarthys Abgang zu beraten. Sie saßen in einem fensterlosen Konferenzraum in einem der vielen unscheinbaren Bauten im Umkreis des Regierungsgebäudes, in denen ungezählte Beamte und Lobbyisten damit beschäftigt waren, den Staat Mississippi am Laufen zu halten.
    Zu dem Treffen hatte Tony Zachary im Namen von Judicial Vision eingeladen. Teilnehmer waren die Leiter gleich gesinnter Gruppen mit teils schwammigen Namen, die keine offensichtlichen Rückschlüsse auf ihre wahren Absichten zuließen: Freedom Network, Market Partnership, Commerce Council, Enterprise Advocacy. Andere machten kein Hehl daraus, womit sie unzufrieden waren - mit den Gerichten, der Auswahl der Geschworenen oder dem Schadenersatzrecht: Citizens Opposed to Lawsuit Tyranny (COLT), Fair Litiga- tion Association, Jury Watch, Tort Reform Committee of Mississippi. Dazu hatten sich Lobbygruppen aus der alten Garde gesellt, Vereinigungen, die die Interessen von Banken, Versicherungen, Öl-, Pharma- und sonstigen Großkonzernen, Einzel- und Außenhandel vertraten, kurzum, die besten Aushängeschilder der amerikanischen Wirtschaft.
    An dieser Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft, wo sich Großunternehmer Gesetze nach Maß erkaufen können, ist Loyalität nur eine Frage der Zeit. Ein Freund kann schon morgen ein Feind sein. Die Personen in diesem Raum dagegen waren - zumindest soweit Tony Zachary bekannt war - absolut vertrauenswürdig.
    »Meine Damen und Herren«, begann er im Aufstehen, vor sich auf dem Teller ein angebissenes Croissant, »der Zweck dieses Treffens ist es, Sie zu informieren, dass wir Sheila Mc-Carthy im November aus dem Supreme Court entfernen werden. Ihre Nachfolge wird ein junger Rechtsanwalt antreten, dem das wirtschaftliche Wachstum und die Eindämmung der ausufernden Haftungsansprüche am Herzen liegen.«
    Es gab verhaltenen Applaus. Alle außer Zachary saßen und lauschten gespannt. Keiner wusste genau, wer oder was hinter Judicial Vision steckte. Zachary mischte seit ein paar Jahren mit und genoss einen guten Ruf, aber er besaß kein privates Vermögen. Seine Gruppe hatte nicht viele Mitglieder. Und bislang hatte er keinerlei Interesse am Zivilprozessrecht der Vereinigten Staaten gezeigt. Seine neue Leidenschaft für eine Novellierung des Haftungsrechts schien aus dem Nichts zu entspringen.
    Aber es bestand kein Zweifel daran, dass Zachary und Judicial Vision finanziell bestens abgesichert waren. Und das war in dem Spiel, das sie spielten, der alles entscheidende Faktor.
    »Die Basisfinanzierung steht, und weitere Unterstützung ist bereits verbindlich zugesagt«, erklärte er selbstbewusst. »Natürlich brauchen wir von Ihnen noch einiges mehr. Ju- dicial Vision hat ein Konzept, eine Strategie für den Wahlkampf, und wird auch Regie führen.«
    Wieder wurde applaudiert, diesmal stärker. Das größte Problem war immer die Koordination. Es gab so viele Gruppen, so viele Themen, so viele Egos, die unter einen Hut zu bringen waren. Das Geld aufzutreiben war einfach, von ihrer Warte aus gesehen. Die Herausforderung indes bestand darin, es klug auszugeben. Dass Zachary - einigermaßen unverschämt - die Kontrolle an sich gerissen hatte, war eine wunderbare Nachricht. Sie

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