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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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würde sie ihren Verstand wappnen gegen alle Neuigkeiten, die das Gift von Lecks Lügen enthalten konnten.
    »Ich weiß, worum Sie uns gebeten haben, Prinzessin«, sagte Patch neben ihr.
    Diesmal sah sie ihn mit unverhohlener Überraschung an.
    Sein Gesicht war ernst, während er die vorübergleitenden Bäume betrachtete. »Kapitänin Faun hat es mir gesagt. Sie hat es mehreren von uns gesagt – sehr wenigen. Sie will uns auf ihrer Seite haben, wenn die Zeit kommt, es den Übrigen zu erklären.«
    »Und bist du auf ihrer Seite?«, fragte Katsa.
    »Sie hat mich mit der Zeit dazu gebracht.«
    »Da bin ich froh«, sagte Katsa. »Und es tut mir leid.«
    »Es ist nicht Ihre Schuld, Prinzessin. Es ist die Schuld dieses Ungeheuers, des Königs von Monsea.«
    Es begann leicht zu schneien. Katsa streckte die Hände nach den Flocken aus.
    »Was glauben Sie, was ihm fehlt, Prinzessin?«, fragte Patch.
    Katsa fing eine Schneeflocke in ihrer Handfläche. »Was ihm fehlt? Was meinst du damit?«
    »Nun, warum macht es ihm Vergnügen, Leute zu verletzen?«
    Katsa zuckte die Achseln. »Seine Gabe macht es so leicht.«
    »Aber jeder hat eine gewisse Macht, Menschen zu verletzen«, sagte Patch. »Deshalb tut er es doch noch lange nicht.«
    »Ich weiß es nicht.« Katsa dachte an Randa, Murgon und die anderen Könige und ihre sinnlosen Verbrechen. »Mir scheint, ziemlich viele Menschen macht es glücklich, so grausam zu sein, wie ihre Macht erlaubt, und niemand ist mächtiger als Leck. Ich weiß nicht, warum er das tut. Ich weiß nur, dass wir ihn daran hindern müssen.«
    »Glauben Sie, Leck weiß, wo Sie sind, Prinzessin?«
    Katsa sah zu, wie die Flocken ins Meer schmolzen. Sie seufzte. »Wir haben nur sehr wenige Menschen getroffen, seit wir Monsea verließen. Und wir haben niemandem unser Ziel verraten, bis wir auf dieses Schiff kamen. Aber er hat uns beide gesehen, Patch – Bo und mich, und natürlich hat er uns erkannt. Es gibt nur wenige Orte, an denen wir das Kind verstecken könnten. Irgendwann wird er sie hier suchen. Ich muss ein Versteck im Schloss oder auf den dazugehörigen Ländereien finden. Oder vielleicht sogar irgendwo in der Wildnis von Lienid.«
    »Bis zum Frühling wird das Wetter rau sein, Prinzessin.«
    »Ja. Nun, ich weiß nicht, ob ich der Prinzessin alle Unannehmlichkeiten ersparen kann. Aber ich werde dafür sorgen, dass sie in Sicherheit ist.«
    Bo hatte gesagt, sein Schloss sei klein, eher ein großes Haus als ein Schloss. Doch nachdem Katsa gesehen hatte, wie viel Platz Rors Schloss am Himmel einnahm, fragte sie sich, ob Bos Größenmaßstab sich von dem anderer unterschied. Randas Schloss war groß, Rors war gigantisch. Was das von Bo anging, konnte sie nur abwarten.
    Als sie es endlich sah, freute sie sich. Bos Schloss war klein, zumindest wirkte es so von ihrem Platz in der Takelage des Schiffs. Es war aus gewöhnlichem weiß getünchtem Stein. Die Balkone und die Fensterrahmen waren in einem Blau gestrichen, das dem des Himmels glich, und nur ein einziger quadratischer Turm, der irgendwo an der Rückseite aufragte, wies darauf hin, dass es kein normales Haus war.
    Seine Lage war natürlich alles andere als gewöhnlich, und diese Lage gefiel Katsa sogar noch mehr als seine Schlichtheit. Das Schloss schien auf dem Rand einer Klippe zu balancieren, die direkt aus dem Meer aufragte. Es sah aus, als könnte es jeden Moment hinunterfallen, als könnte der Wind in irgendeinen Riss im Fundament eindringen und das Schloss ächzend und krachend über den Rand heben und ins Meer schleudern. Katsa konnte verstehen, warum die Balkone im Winter gefährlich waren. Manche von ihnen hingen über der Leere.
    Unterhalb des Schlosses warf sich das Meer gegen den Fuß der Klippe. Doch unten im Fels war eine Nische, in der sich das Wasser brach und auf Sand schäumte, eine winzige Bucht. Und an der Felsseite stieg von der Bucht eine Treppe hinauf, wand sich hin und her, verschwand gelegentlich, kam wieder zum Vorschein und führte schließlich an der Seite des Schlosses hinauf zu einem der Schwindel erregenden Balkone.
    »Wo legen wir an?«, fragte Katsa die Kapitänin, als sie wieder hinunter aufs Deck geklettert war.
    »Auf der anderen Seite dieses Felsens, ein ganzes Stück hinter dem Strand, ist eine Bucht. Dort legen wir an. Von der Bucht führt ein Pfad hinauf und weg vom Schloss – Sie werden glauben, Sie seien auf dem falschen Weg, Prinzessin –,aber dann schlägt er einen Bogen und führt einen großen

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