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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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gehen wir hier entlang.«
    Wir nahmen einen Weg, der vom Seeufer weg in den Wald führte. Hier war kaum noch ein Mensch zu sehen.
    Â»Ich habe mit Vanessa Ott gesprochen«, begann ich.
    Er sah mich erstaunt an. »War sie im Sender?«
    Â»Nein, ich war bei ihr zu Hause.«
    Â»Wie geht es ihr?«
    Wie viel mochte er über sie wissen? Sollte ich bei der offiziellen Magen-Darm-Grippe bleiben oder konnte ich mit ihm über Vanessas Bulimie sprechen?
    Â»Noch nicht gut«, sagte ich ausweichend. »Und mein Besuch wird ihren Zustand noch verschlechtert haben, denn ich habe ihr unangenehme Fragen gestellt.«
    Als Mark Winter schwieg, fuhr ich fort: »Ich habe sie auf die Parallelen zu der Geschichte mit Katharina Schilling angesprochen.«
    Â»Und? Was hat sie dazu gesagt?«
    Â»Sie hat beteuert, dass sie mir nie schaden wollte. Dass sie sich für mich eingesetzt hat. Ich glaube ihr kein einziges Wort.«
    Er zögerte. »Zu Beginn war es so. Sie war begeistert von Ihnen und Ihrer Abteilung. Dann hat sie ihre Meinung auf einmal geändert. Sie ist oft sehr sprunghaft, aber ich war ziemlich geschockt, das muss ich zugeben.«
    Â»Wissen Sie noch, wann das genau gewesen ist?«
    Er schüttelte unwillig den Kopf. »Aber ich glaube, es begann an diesem Morgen, als sie zu spät ins Büro kam. Als es ihr plötzlich schwindelig wurde.«
    Er wusste es so genau wie ich: Es war der Morgen nach dem dem Jazzkonzert gewesen. Als sie die Kontrolle über sich verloren hatte, sich heimlich die Arme aufgeritzt hatte, bis es blutete. Ich sah sie vor mir, am nächsten Morgen im Sender, wie sie im Waschraum zusammengebrochen war. Und Mark Winters Blick auf mich, als ich sie zurück ins Büro gebracht hatte: voller Hass. Hatte er damals schon geahnt, dass etwas begann, das sich nicht mehr stoppen ließ? Hatte er an die Anfänge in Hamburg gedacht? An Katharina Schilling? Und mich deshalb gehasst, weil ich die Nächste war, die sie alle ins Unglück stürzte?
    Â»Es war kurz nachdem Ihr Chef aus London zurückgekommen war. Plötzlich saß sie dauernd mit Gunter von Hirten zusammen und hat ihn von der Notwendigkeit eines Sparkonzeptes überzeugt.«
    Â»Das ging also von ihr aus?«
    Er nickte. »Ich fand den konzeptionellen Ansatz bedenkenswert. Schließlich müssen wir am Ende ein Cost-Cutting erreichen. Ich habe zunächst nur die Benefits für Alfa.Sat gesehen.«
    Â»Und dann?«
    Er verlangsamte seine Schritte. »Dann brachte sie die Idee auf den Tisch, das Event-Marketing als Profit-Center outzusourcen. Aber die Abteilung erledigt zahlreiche Einzelleistungen, die derzeit pauschal entlohnt werden, dann aber einzeln als Dienstleistung bezahlt werden müssten, plus den ganzen Verwaltungsaufwand. Im Vergleich mit anderen Dienstleistern wäre sie nicht mehr marktfähig.«
    Seine Worte rauschten durch meinen Kopf. Was ich verstand, war, dass sich die Ausgliederung meiner Abteilung nicht rechnen würde. Das hätte ich Bloomsdale gleich sagen können. »Das muss Frau Ott doch auch klar gewesen sein.«
    Er kickte einen Stein vom Weg ins Gebüsch. »Sie hat mit von Hirten die Datenbasis plausibilisiert.«
    Â»Sie hat was?«
    Â»Die Daten zurechtgebogen.«
    Â»Und Sie haben das so hingenommen?«
    Â»Nein, natürlich nicht. Aber ich kam an Eichstätt nicht ran mit meinen Argumenten.«
    Â»Und warum nicht?«
    Er zögerte.
    Â»Läuft da was zwischen den beiden?«
    Â»Hören Sie auf.« Eine Weile ging er schweigend neben mir her. »Wie auch immer«, sagte er dann. »Ich interessiere mich nicht für das Privatleben meiner Kollegen.«
    Ich blieb stehen. Ich konnte meine Wut nicht mehr zügeln. »Na, dann ist ja alles prima so, oder nicht? Die Zahlen in meinem Budgetentwurf zu Jörg Ermgassens Honorar waren auch ›plausibilisiert‹. Um mich vor Helmut Eichstätt bloßzustellen. Warum sprechen Sie überhaupt noch mit mir? Offenbar steht ja meine Kündigung schon fest, wenn ich Eichstätts Worten Glauben schenken darf. Es muss nur noch irgendein Brief verschickt werden.«
    Â»Was für ein Brief?« Er kniff die Augen zusammen.
    Mir war es egal, ob es klug war, ihn einzuweihen. Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Sollte er doch wissen, dass ich heimlich Vanessa Otts Anrufbeantworter abgehört hatte. Ich erzählte ihm, was Eichstätt auf das Band gesprochen

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