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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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selbst als Verdächtiger vernommen, hatte aber ein Alibi. Er war nicht in der Nähe, als seine Katharina über die Brüstung fiel und fünf Stockwerke in die Tiefe stürzte. Aber jemand anderes war im Gebäude.« Ulla atmete hörbar ein. »Jemand, mit dem Katharina Schilling vorher einen Termin gehabt hatte. Die letzte Person, die sie lebend gesehen hat, war Vanessa Ott.«
    Noch eine ganze Weile, nachdem Ulla nach Hause gefahren war, blieb ich auf meinem Sofa sitzen. Trotz des langen Schlafes war ich erschöpft, meine Glieder fühlten sich an wie Blei. Es fiel mir schwer, klar und logisch zu denken. Waren das die Nachwirkungen von Vanessa Otts Tabletten? Bruchstücke der Ereignisse des Tages schwirrten in meinem Kopf herum. Lehner, wie er Gunter von Hirten auf die Schulter klopfte. Vanessa Otts besorgtes Gesicht. Der Moment, wo sie mir meine Handtasche ins Büro brachte. Michaelas Lüge. Das Mittagessen meiner Abteilung, von dem ich ausgeschlossen war.
    Ich hörte Geräusche von nebenan. Eine Tür fiel ins Schloss. Kurze Zeit später ein paar Takte am Klavier. Benni? Die Wände im Haus waren dünn. Trotzdem hörte ich fast nie einen Mucks von ihm. Er musste ein extrem leises Kind sein.
    Der Gedanke an meine Nachbarn brachte mich in die Gegenwart zurück. Ich hatte Hunger und Durst. Auf dem Weg in die Küche blinkte mir mein Anrufbeantworter entgegen. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Hatte Gregor sich gemeldet? Aber wann? Normalerweise weckte mich das Klingeln des Telefons. Ich musste geschlafen haben wie eine Tote.
    Die Anzeige zeigte zwei eingegangene Nachrichten an. Ich drückte auf die Abspieltaste. Die erste Anruferin war Michaela. Ich brauchte einen Moment, um ihre Stimme zu erkennen, sie klang brüchig und verweint. »Janne, Vanessa Ott hat uns gesagt, es ginge dir nicht gut und du würdest heute nicht mehr kommen. Aber ich muss …« Sie atmete schluchzend ein. »Ich muss dringend mit dir sprechen. Es tut mir so leid, was passiert ist. Ich bin vollkommen durcheinander. Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist, aber … bitte, ruf mich an. Bitte.«
    Ich schaltete auf die nächste Nachricht: »Hallo, hier ist Vanessa Ott. Ich wollte nur noch mal hören, wie es Ihnen geht. Na, ich hoffe, Sie schlafen jetzt tief und fest. Wir sehen uns Montag im Sender. Alles Gute und ein schönes Wochenende.«
    Kein Gregor. Langsam wurde ich wütend. Es reichte. Er kümmerte sich nicht um mich, wenn ich krank war, interessierte sich nicht mal dafür, ob es mir besser ging. Wenn das so war, würde ich mich auch nicht melden. Er konnte mich mal …
    Michaelas Nachricht versetzte mich in Unruhe. Was war los mit ihr? Wollte sie mir beichten, dass sie bei der verpatzten Präsentation ihre Finger im Spiel gehabt hatte? Würde sie ehrlich zugeben, was passiert war?
    Hatten mir die beiden auch noch auf die Mailbox gesprochen? Ich suchte meine Handtasche. Ich lief von Zimmer zu Zimmer. Sie war nicht da. Wann hatte ich sie zuletzt gesehen? Mir fiel ein, dass Vanessa Ott sie im Restaurant von meiner Stuhllehne genommen hatte. Sie musste sie mitgenommen haben. Aber wozu? Sie hatte sicher nicht vor, meine Kreditkarte zu missbrauchen, Geld hatte sie genug. Ich ging die Gegenstände durch, die in der Tasche waren. Nur Alltagskram, Schminkzeug, ein Notizbüchlein, mein Schlüsselbund. Und mein Smartphone. Mit Terminkalender und allen meinen Adressen. Sie war immer so neugierig, was mein Privatleben anging. Schnüffelte sie in meinen Einträgen herum? Als hätte ich meine Gefühle zu lange unterdrückt, überkam mich nun eine unbezwingbare Wut auf diese Frau. Was bildete sie sich ein? Sie drängte sich in mein Leben, bewirkte, dass ich mich unwohl fühlte, und stahl mir nun auch noch persönliche Dinge? Das konnte doch nicht wahr sein! Ich holte mein Festnetztelefon und rief meine Handynummer an.
    Mein Handy klingelte. Ich folgte dem Geräusch und stand in meinem Flur. Da hing sie, meine Handtasche, an einem Haken an der Garderobe. Warum hatte ich sie beim Hereinkommen nicht gesehen? Ich riss sie herunter und öffnete sie. Nichts fehlte.
    Ich setzte mich aufs Sofa und sah aus dem Fenster. Mein Atem ging noch immer schnell. Was war in mich gefahren? Wurde ich paranoid? Ich musste mich wirklich zusammenreißen. In letzter Zeit vergaß oder verlor ich dauernd meine Sachen. Ich hatte die Tasche ja schon im

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