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Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen

Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen

Titel: Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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Umgebung auf unterschiedliche Weise – nicht immer, aber häufig genug ist dieser Unterschied äußerst vielsagend. Wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, stellten Wissenschaftler fest, dass Männer dazu neigen, sich tief und ausschließlich auf eine einzige Wahrnehmung oder Aufgabe zu konzentrieren, während die weibliche Aufmerksamkeit häufig gleichzeitig von vielen verschiedenen Dingen in Anspruch genommen wird. 1 In einem seiner letzten Romane beschreibt Saul Bellow sehr eingängig eine seiner Figuren als »erstklassigen Beobachter«. 2 Frauen sind häufig erstklassige Beobachterinnen. Sie sind daran gewöhnt, Informationen aus einer großen Bandbreite und zahlreichen Quellen zusammenzusuchen.
    |72| Das ist nicht überraschend. Die häusliche Erfahrung der Frauen, ihre Sozialisation und ihre evolutionäre Entwicklung haben sie optimal darauf vorbereitet, emotionale Fingerzeige zu verstehen, die Bedürfnisse anderer vorauszuahnen und subtile Anpassungen vorzunehmen, um potenzielle Konflikte zu vermeiden. Wissenschaftler fanden heraus, dass Frauen in der Regel viel fähiger als Männer sind, die Stimmung anderer Menschen aufzufangen; sie achten intensiver auf Stimmlagen und Gesichtsausdrücke und ziehen mehr Schlussfolgerungen aus den Reaktionen ihres Gegenübers. 3 Ihre Beobachtungen färben ihre Wahrnehmung von Ereignissen und sorgen dafür, dass sie Situationen und Ereignisse subjektiv interpretieren.
    Der Autor Jason Zweig, den wir zuvor schon zitierten, glaubt, dass die weiblichen Antennen und ihre Empfänglichkeit für nonverbale Gesten und Ausdrücke sie dazu prädestinieren, abzuschätzen, ob jemand vertrauenswürdig ist oder nicht. Seiner Einschätzung nach sind Frauen »häufig besser in der Lage, verräterische Anzeichen der Unehrlichkeit wahrzunehmen, wenn sie zu einer Unterhaltung dazustoßen, die bereits in vollem Gange ist. Während der Mann bereits vertrauensselig reagiert, bringt die Frau oft eine deutlich objektivere Außenseiter-Perspektive ein.« 4
    Diese beiden Formen der Beobachtung ergänzen einander. Eine breitgefächerte Beobachtungsgabe ist sehr nützlich, um den Gesamtzusammenhang herzustellen und unerwartete Verbindungen herzustellen, während ein konzentrierter Fokus Klarheit gibt und die Situation mit analytischer Strenge betrachtet. Eine breitgefächerte Beobachtungsgabe lässt sich nicht quantifizieren und scheint häufig |73| zu subjektiv zu sein, aber eine punktuelle Konzentration der Aufmerksamkeit läuft Gefahr, wichtige Informationen zu übersehen. Frauen und Männer gedeihen am besten, wenn sie den Reichtum ihrer jeweiligen Beobachtungsweisen miteinander teilen, wovon letztlich auch die Unternehmen nur profitieren können.
    Im Anfangsbeispiel dieses Buches erfuhren wir, was passiert, wenn eine breitgefächerte Beobachtungsgabe ignoriert wird. Jill achtete auf den Grundtenor des Meetings und darauf, wie die Menschen im Konferenzsaal reagierten, wohingegen Jim sich auf die Präsentation seines Vorgesetzten konzentrierte. Jill ignorierte diese Präsentation keineswegs; sie bemerkte nur einfach auch noch andere Dinge, und stellte die Gesamtsituation in einen neuen Bezugsrahmen. Für Jim
war
die Präsentation selbst der Bezugsrahmen, der einzige Bezugspunkt.
    Jill machte sofort einen Rückzieher, als Jim die Bedeutung ihrer Beobachtungen infrage stellte. Das geschieht am Arbeitsplatz sehr häufig. Weil eine breitgefächerte Beobachtungsgabe in Unternehmen traditionell nicht als wertvoll betrachtet wird, zögern Frauen häufig, den Wert dessen, was sie sehen, zu betonen und zu verteidigen. Vielleicht fehlen ihnen die Worte dazu, oder sie zweifeln die Gültigkeit ihrer Beobachtungen an. Aber solange sie keine überzeugenden Argumente für ihre Beobachtungen finden, mindern sie ihre Fähigkeit, authentische Beiträge zu leisten und unterminieren ihre wahre Kraft am Arbeitsplatz.
    Susan Bernstein, die heute als unabhängiger Coach und als Beraterin arbeitet, ist ein perfektes Beispiel dafür. 5 Sie hatte gerade ihren MBA absolviert und nahm nun ihre Tätigkeit |74| bei einer großen Beratungsfirma auf, wo sie einen namhaften Bekleidungsfabrikanten betreuen sollte. Ein paar Tage nach Arbeitsbeginn, bat der Manager sie, an einem Meeting der Geschäftsleitung des Kunden teilzunehmen mit dem Auftrag: »Beobachten Sie einfach nur, was vor sich geht.«
    »Was genau soll ich denn Ihrer Ansicht nach beobachten?«, fragte Susan.
    »Was immer wichtig zu sein scheint. Und vergessen Sie nicht, sich

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