Die beste Welt: Roman (German Edition)
älter aus.«
»Fünfzig Jahre in wenigen Monaten!« Ich war erschüttert.
Dllenahkh erbarmte sich. »Sie brauchen kein Mitleid mit ihm zu haben. Als ich mit ihm sprach, sagte er mir, er hätte angenehme und weniger angenehme Erlebnisse gehabt, aber er hätte sich nie gelangweilt. Für den Piloten eines Mentalschiffs ist das mehr als genug.«
Er beugte sich unvermittelt vor und sah mich, teils verschwörerisch, teils triumphierend, von der Seite an. Seine Stimme wurde noch leiser. »Er hat eine sehr interessante Erkenntnis gewonnen, die für unsere Zeitlinie von größter Bedeutung ist. Er hat herausgefunden, wie Ain unter Quarantäne gestellt wurde, lange bevor es geschah.«
Ich rückte näher, um mir kein Wort, keine Nuance seines Tonfalls und seiner Mimik entgehen zu lassen. »Weiter«, drängte ich ungeduldig, aber auch amüsiert über die dramatische Pause.
»Wer heute in das System von Ain einfliegen will, findet sich einfach auf der anderen Seite wieder, dazwischen hat er nur leeres All durchquert. Der Planet wurde elegant in einer Raumzeitfalte versteckt, ein Meisterstück, zu dem niemand aus jener Zeit fähig gewesen wäre – jedenfalls niemand, den wir kennen.«
»Was wurde wohl aus den Ainya, die sich nicht auf dem Planeten befanden und nach Inkrafttreten der Quarantäne zurückkehren wollten?«, überlegte ich.
Dllenahkhs Gesicht wurde vollkommen ausdruckslos, ein Zeichen für eine Wut, die er in sich verschloss. »Kein Sadiri-Pilot hätte sie an Bord genommen, und die Zhinuvier – ich denke, wir haben erlebt, wie sie Passagiere behandeln, die nicht die Mittel für die Rückreise haben.«
Ich drückte meinen Handrücken gegen sein Knie und wurde damit belohnt, dass seine düstere Miene sich aufhellte.
Er wechselte das Thema und sagte in leichterem Ton: »Es könnte von Interesse sein, dass in einer der Zeitlinien, die Naraldi aufsuchte, die Ntshune und nicht die Sadiri die galaktische Regierung dominieren.«
Ich lachte laut auf. »Ach was!«
Mein Sarkasmus schien ihn zu amüsieren. »Ich weiß, dass wir Sadiri manchmal den Eindruck vermitteln, wir hielten uns für die größten Geister der Galaxis. Aber glauben Sie mir, der Irrtum ist mir wohl bewusst. Eine Ntshune-Regierung mit mehr Ehrgeiz hätte uns in der Diplomatie wie in der Justiz leicht übertreffen können. Selbst die Zhinuvier, die uns bereits mit ihrer Flotte Konkurrenz machen, bräuchten nur ihre Regierungen zu vereinigen, um sich eine Machtposition aufzubauen.«
»Ich danke Ihnen sehr für dieses Bekenntnis. Es soll unser kleines Geheimnis bleiben«, scherzte ich. Bescheidenheit war kein verbreiteter Charakterzug bei den Sadiri – allerdings war Dllenahkh schon immer aus dem Rahmen gefallen.
Er lächelte. »Sie können sich revanchieren. Erzählen Sie mir von den Kuratoren.«
Ich machte große Augen. »Was gibt es da groß zu erzählen? Es ist ja nicht so, als … ich meine … es gibt keinen Zweig der Wissenschaft, der sich mit ihnen beschäftigt, nur Legenden und mündliche Überlieferungen. Sie sind keine Religion, nicht einmal ein Aberglaube, sondern einfach … nun ja, ein fester Bestandteil unserer cygnischen Identität.«
»Sagen Sie mir, was Sie darüber wissen«, beharrte er. Er hatte sich mir zugewandt und widmete mir demonstrativ seine volle Aufmerksamkeit.
Ich zögerte. Ich hatte mit den Sadiri noch nie über metaphysische Themen gesprochen. Offenbar war es mir doch nicht gleichgültig, was sie von mir hielten, auch wenn ich so tat, als kümmere es mich nicht. Es war mir wichtig, dass sie mir zumindest den wissenschaftlichen Verstand nicht absprechen konnten, selbst wenn sie mich meistens als geschwätzig, gefühlsbetont und leicht verrückt empfanden. Meine Zunge sträubte sich dagegen, über Dinge zu reden, über die ich mir insgeheim Stillschweigen verordnet hatte.
»Für uns Cygnier sind die Kuratoren die Hüter der Menschheit. Es heißt, dass sie die Guten – und sei es nur ein kläglicher Rest – vor den Bösen retten. Wir hier auf Cygnus Beta sind nicht vollkommen, aber zumindest können die Bevölkerungsgruppen, die den Anspruch erheben, von den Kuratoren hierhergebracht worden zu sein, obendrein von sich behaupten, sie wären aus einem bestimmten Grund gerettet, zu einem bestimmten Zweck auserwählt worden. Nicht weil sie besser wären als alle anderen, sondern weil etwas an ihnen einmalig und ein Teil dessen ist, was die Menschheit ausmacht. Kein Grund, stolz zu sein, sondern eine Verantwortung. Wir
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