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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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niedergelassen. Manche von ihnen hatten wenige Nachkommen, die meisten gar keine. Der Gedanke, dass gerade die Kinderlosen mit einem Mal Oberhaupt eines eigenen Clans aus Adoptivkindern und fremdrassigen Bräuten wurden und vielleicht, nur vielleicht, insgeheim die ganz und gar unwissenschaftliche Hoffnung hegten, an einer Leiter in ein bis dahin unerreichbares Himmelreich zu bauen, hatte für mich einen ganz eigenen Reiz.
    »Gennea, Falve, Collan, Lauri.«
    Ich schreckte auf und wusste zunächst nicht, welche Sprache Dllenahkh eben gesprochen hatte, doch dann wurde mir klar, dass es sich um Namen handelte. Ich hielt den Atem an.
    »Meine ältere Schwester, meine jüngere Schwester, mein jüngerer Bruder und meine Mutter«, erklärte er. »Mein Vater Nahkhen war schon viele Jahre zuvor gestorben. Zwei Nichten, ein Neffe und ein Schwager sind ebenfalls tot. An Überlebenden gibt es eine Schwägerin, die wieder verheiratet ist, und drei Cousins, zwei aus meiner eigenen Generation, einer aus der Generation meiner Mutter. Sie leben alle auf Neu-Sadira. Ein Großcousin aus meiner Generation ist hier auf Cygnus Beta.« Er biss sich auf die Lippen und gestand mit Wehmut im Blick: »Früher wusste ich über meine Verwandtschaft nie so gut Bescheid.«
    Mir fehlten die Worte, aber irgendetwas musste ich sagen, bevor mir das Schweigen die Kehle zuschnürte. »In der Mitte des Parks gibt es einen kleinen See. Dort gehen die Menschen hin, um zum Gedenken an ihre Verstorbenen schwimmende Kerzen anzuzünden. Um Mitternacht werden alle Lichter im Park gelöscht, dann gibt es nur noch den Kerzenschein und die Sterne.«
    Ich ließ beklommen weitere Sekunden verstreichen, dann sagte er heiser: »Das würde ich gerne sehen.«
    Das lange Schweigen, das nun folgte, war leichter zu ertragen, es war friedlich und ließ mir Luft zum Atmen.
    Mir fiel etwas ein. »Dllenahkh, Sie haben mir erzählt, wie Ain unter Quarantäne gestellt wurde, aber Sie haben nicht gesagt, wer das getan hat. Weiß das überhaupt jemand?«
    Er sah mich mit leiser Verwunderung an. »Ich hatte den Eindruck, die meisten Cygnier schrieben dieses Verdienst den Kuratoren zu.«
    »Glauben Sie denn auch, dass es die Kuratoren waren?«, fragte ich. Ich war skeptisch, nicht wegen der Kuratoren an sich, sondern weil ich nicht glaubte, dass irgendein Sadiri diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht ziehen könnte.
    »Als Arbeitshypothese hat sie manches für sich. Die Manipulation von Raum und Zeit, eine starke telepathische Kraft, die Erinnerungen an erlebte Ereignisse löschen oder Gespräche darüber verhindern kann – ganz ähnliche Fähigkeiten findet man in Ansätzen sowohl hier auf Cygnus Beta wie unter Mentalschiffpiloten von Naraldis Format. Warum sollte man nicht spekulieren, dass Menschen in der Zukunft ebenso viel oder noch mehr zustande bringen könnten?«
    »Hat manches für sich«, wiederholte ich spöttisch. »Geben Sie es doch zu – wir haben einen Cygnier aus Ihnen gemacht.«
    Er erhob sich und reichte mir die Hand, um mir beim Aufstehen zu helfen. Ich nahm sie, achtete aber darauf, nur für eine Sekunde seine Fingerspitzen zu berühren. Er überraschte mich, indem er nach meiner anderen Hand griff und sie so unter seinen Arm zog, dass sie neben dem Ellbogengelenk zu liegen kam. Nun sahen wir fast genauso aus wie alle promenierenden Paare.
    Er gab sich gut gelaunt geschlagen. »Wäre ein solches Eingeständnis denn so schrecklich? Ich lebe in diesem Universum, in dieser Zeit, auf dieser Welt. Es gibt kein Zurück zu dem, was war. Vor uns liegt nur die Zukunft.«
    Bis Mitternacht fehlten noch mehr als zwei Stunden, Zeit genug, um den Park der Länge und der Breite nach zu durchwandern, bevor wir an der kleinen Uferpromenade niederknieten und mehrere Kerzen anzündeten. Dllenahkh sah ihnen nach, bis sie inmitten einer wachsenden Gruppe von winzigen Flämmchen das Zentrum des Sees erreichten, dann blickte er zu den Sternen auf. Ich glaubte zu wissen, wonach er suchte. Wie alle, die noch nicht sehr lange hier waren, sehnte er sich nach dem Schein seines Heimatgestirns – auch wenn er ihn nur in seiner Fantasie sah.
    »Wie lange wird es wohl dauern, bis die Sterne auch wieder auf Sadira scheinen?«, sagte er leise.
    Mir stockte der Atem, eine Woge von Mitleid überschwemmte mich. Auf Cygnus Beta ist es tabu, ein Unglück, das sich erst kürzlich ereignet hat, genau zu benennen. Man spricht aus Feingefühl nur indirekt davon, mit allgemeinen Begriffen wie »der

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