Die beste Welt: Roman (German Edition)
Körperchemie zu verändern. Und das ist das Ziel der heutigen Sitzung.«
Die drei Sadiri, die meine Liege umstanden, bekamen plötzlich etwas ungeheuer Bedrohliches. »Sie wollen versuchen, meine Gedanken und Gefühle zu beeinflussen?«, piepste ich verängstigt.
»Mit Ihrer Erlaubnis«, schränkte Dllenahkh ein.
Ich dachte darüber nach, und das dauerte mehr als nur ein paar Minuten. Die drei schwiegen, während sie auf meine Entscheidung warteten. Ich rief mir in Erinnerung, was Ioan mir hatte antun können und was nicht. Ich dachte an Rafi, von dem ich stark annahm, dass er ähnlich begabt war wie sein Vater, und fragte mich, was wohl in der Zukunft aus ihm werden könnte.
»Wissen ist Macht«, seufzte ich endlich. »Ich bin einverstanden.«
Weil es bereits vorhanden war und verwendet werden konnte, versuchte Dllenahkh als Erstes, mein Unbehagen zu verstärken. Es funktionierte. Ich schoss keuchend in die Höhe, als drohte ich im Treibsand zu versinken, doch dann atmete ich mit einem entrüsteten »Hah!« meine durchaus reale Anspannung weg, wodurch sich die Angst zu einfacher Unzufriedenheit abschwächte, und schob das falsche Gefühl triumphierend von mir.
»Bei den Sternen, Sie sind aber stark«, keuchte ich und sah ihn mit großen Augen an. »Etwas weniger mit Elefantenfüßen, wenn ich bitten darf.«
Er studierte die Anzeigen auf dem Monitor neben meinem Kopf. »Ich bitte um Verzeihung«, sagte er zerstreut. »Wie fühlen Sie sich? Bitte verwenden Sie die Skalen, über die wir gesprochen haben, um Ihre Emotionen zu beschreiben.«
»Ganz ehrlich? Zunächst war ich auf der Ekstaseskala ziemlich weit oben, und da war auch ein kleines bisschen Lebenslust. Sie haben versucht, depressive Stimmung zu projizieren, und sie hat sich mit der Ekstase verbunden und Angst erzeugt. Also habe ich die Ekstase runtergefahren und damit die Depression abgewehrt. Jetzt bin ich auf der Lustskala ziemlich weit oben, danke der Nachfrage.«
»Bemerkenswert«, sagte Dllenahkh.
In gewisser Hinsicht war es besser als eine Therapie. Während die Sadiri ihre Daten aufzeichneten und ihre neuen Tests entwickelten, fand ich allmählich heraus, wo meine Stärken lagen. Zum Beispiel konnte ich meine echten Emotionen offenbar weitaus besser kontrollieren, als man es aus meinem üblichen Verhalten schließen würde – es war nur selten nötig gewesen. Den Beweis hatte ich aber erbracht, indem ich nicht nur Ioans Versuche, mir in seiner Gegenwart ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln, abgewehrt, sondern auch mein eigenes Verlangen danach erfolgreich gezügelt hatte. Eine telepathische Begabung war dagegen nicht vorhanden. Man konnte mich jedoch dazu bringen, allerlei kindischen Unsinn zu treiben und meine Handlungen hinterher rational zu begründen. Einmal schnappte ich mir zum Beispiel wahllos einen Injektor und zielte damit auf Nasiha, die zum Glück flink und aufmerksam genug war, um beiseitezuspringen. Hätte sie Dllenahkh für diesen Streich nicht einen mörderischen Blick zugeworfen, ich hätte geschworen, die Idee sei ganz allein auf meinem Mist gewachsen.
Damit komme ich zu einem anderen Punkt. Ich habe die Sadiri nie so gesehen, wie andere Menschen sie erleben, nämlich als Menschen, die ihre Gesichtszüge vollständig unter Kontrolle haben. Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich zwar niemals Telepath genug sein würde, um sie so voll zu durchschauen, wie sie es untereinander konnten, dass aber meine Empathiefähigkeit ausreichte, um Emotionen zu erspüren, die sie nicht ausdrückten. Allerdings nahm ich diese Emotionen als Gesichtsausdruck wahr. Einmal war ich mit Lian in einen heftigen Streit geraten über die schlichte Aussage: »Joral lächelt Sie unentwegt an.« Lian hatte mich für verrückt erklärt; ich unterstellte, Lian könne es nicht ertragen, von einem Sadiri begehrt zu werden. Heute weiß ich, dass Lian diesen schwachen Anflug eines Lächelns, von dem ich überzeugt war, dass es Jorals Freude an Lians Gegenwart anzeigte, tatsächlich nicht erkennen konnte.
Eine weitere positive Folge der Tests war, dass ich, als wir uns zur Weiterreise anschickten, großen Respekt vor Nasiha und Tarik bekommen hatte. Die beiden gingen völlig ineinander auf – warum auch nicht? Sie waren eines der wenigen Paare, die durch die Katastrophe nicht getrennt worden waren, und es war ihr gutes Recht, sich daran zu freuen. Doch ihre Qualifikation und ihre Professionalität waren unbestreitbar, und sie widmeten sich mit voller
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