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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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vor Zurückweisungen zu schützen, und so nahm ich mir vor, niemals zu heiraten, niemals Kinder zu bekommen und niemals irgendwelche Veränderungen an mir vornehmen zu lassen. Erst nachdem ich mich beruflich hochgearbeitet hatte, mein eigenes Geld verdiente und die empfängnisverhütende Wirkung der Menopause einsetzte, gestattete ich mir allmählich eine andere Einstellung. Nun war es keine Last mehr, sondern Ehrensache, die Karten zu spielen, die ich von der Natur bekommen hatte.«
    Ich schwieg eine Weile. Sie hatte mich mit ihrer schonungslosen Offenheit geradezu schockiert. Doch dann kniff ich die Augen zusammen, und mein Unterkiefer spannte sich. »Mir war nicht bewusst, dass wir in einer Therapiesitzung sind.«
    »Man tut, was man kann. Delarua, hatten Sie in den letzten fünfzehn Jahren auch nur eine einzige ernsthafte Beziehung?«
    Brennender Zorn erfasste mich, aber ich nahm mich zusammen und sah sie nur vorwurfsvoll an, dann stapfte ich davon, um mich unter die Feiernden zu mischen. »Sie sollten bei der Genetik bleiben«, rief ich ihr über die Schulter hinweg noch zu. »Als Therapeutin sind Sie heute ziemlich unfair.«
    »Sieh da, ein Durchbruch«, bemerkte sie mit spöttischem Lächeln, aber sie ließ mich gehen.
    Gilda hatte schon immer gestichelt, ich hätte ein Talent dafür, mich mit Männern zu umgeben, die mir nicht gefährlich werden könnten oder unerreichbar wären. Worauf ich zurückgab, wenn sie nur wirklich verstehen würde, was eine professionelle Einstellung im Beruf bedeute, bräuchte sie nicht über mein Liebesleben oder dessen Nichtvorhandensein zu spekulieren. Doch jetzt hatte mich Qeturah vor die Frage gestellt, worin meine Probleme mit Ioan tatsächlich bestanden. Hatte er mir, als ich ihn zum ersten Mal verließ, egoistischerweise etwas in mein Bewusstsein gepflanzt, um zu verhindern, dass ich mich je an einen anderen binden konnte? Oder lag es allein an mir – hatte ich Angst, ich müsste für alle Zeiten immer wieder auf diesen Typ hereinfallen, nur weil ich einmal einen Mann wie Ioan betört hatte? Vielleicht machte ich die Männer besitzergreifend und manipulativ? Vor fünfzehn Jahren war Ioan in meiner Erinnerung gar nicht so schlimm gewesen. Diese letzte Vermutung war mir besonders zuwider, schließlich hatte man mir empirisch bewiesen, dass ich auf der Lustskala signifikant projizieren konnte. War ich eine gefährliche Droge, die gute Männer ruinierte?
    Allmählich hing mir mein Selbstmitleid zum Hals heraus.
    Zum Glück fand sich prompt jemand, der mich ablenkte. Er stolzierte, in jeder Hand eine Flasche und mit einem Blitzen in den Augen, das den Begriff »Abfuhr« nicht begreifen würde, auch wenn man ihn in neun Sprachen und vierzehn Dialekten erklärte, an mir vorbei. Dann blieb er stehen und drehte sich um. »Ich will mir die Bands anhören. Möchtest du mitkommen, meine Schöne?«
    Ich sah ihn an. Was ihm an gutem Aussehen fehlte, machte er mit Selbstbewusstsein wett. »Warum nicht?«, sagte ich – und, zugegeben, meine Entscheidung enthielt ein Körnchen von ›Jetzt zeige ich’s ihnen‹.
    Die Musik war gut. Das Zeug in der Flasche schmeckte gut. Es enthielt Alkohol, aber vor allem war es bei dieser Hitze erstaunlich durstlöschend und schmeckte zugleich unwiderstehlich nach mehr. Die Menschen waren voller Energie, es wurde viel getanzt. Ich verlor meinen ersten Bekannten aus den Augen und fand nacheinander gleich mehrere neue Freunde, schließlich blieb ich an einem netten jungen Mann namens Tonio kleben, der … meinetwegen, er sah vielleicht ein bisschen aus wie Ioan, aber nur ein bisschen, klar?
    Ich verschwendete keinen Gedanken mehr an das übrige Team, bis Joral auftauchte. Ich lümmelte an einer steilen Stelle des Walls und lauschte immer noch den Trommlern und Pfeifern. Tonio war neben mir eingeschlafen und schnarchte. Joral fühlte sich sichtlich nicht ganz wohl in seiner Haut und bewegte sich, als wollte er sich mit einer Schutzzone umgeben. Ich musste grinsen, als ich sah, wie zwei junge Frauen in diese Zone hineintanzten, sich kurz an ihn schmiegten und weiterzogen. Er blieb wie angewurzelt stehen und schien nicht zu wissen, ob er erfreut oder entsetzt sein sollte. Endlich riss er sich zusammen und kam zu mir heraufgeklettert.
    »Amüsieren Sie sich gut, Joral?«, fragte ich scheinheilig und reichte ihm die Flasche.
    Er sah sie zunächst verständnislos an, dann folgte er mir brav und schüttete sich vorsichtig etwas von dem Inhalt in den Mund. Seine

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