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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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Augen weiteten sich, und er schob prüfend die Lippen vor.
    »Würzig und erfrischend«, erklärte er und gab die Flasche zurück. »Ich fühle mich durch dieses Erlebnis sehr bereichert. Die Missionsleiterin hat mir mitgeteilt, sie habe für diese Kolonie bereits genügend genetische Daten, um statistisch signifikante Aussagen treffen zu können. Der Phänotyp ist zwar größtenteils terranisch, aber in der Bevölkerung sind ausreichend viele taSadiri-Gene vorhanden, um durch eine Kombination von Selektion und behutsamer Manipulation ohne größere Mühe ein Kind vom Aussehen und der Physiologie eines Sadiri zu produzieren. Außerdem zeigen die anthropologischen Untersuchungen sehr deutlich, dass sich eine Reihe von sadirischen Überlieferungen erhalten hat.«
    »Ist dieses Fest eine Sadiri-Tradition?«, fragte ich, nachdem ich getrunken und die Flasche abermals an ihn weitergereicht hatte.
    Er nahm einen tiefen Schluck und gab sie mir zurück. Seine Schüchternheit war verschwunden. »Eigentlich nicht. Zwar sind ein paar Züge gewisser antiker Festlichkeiten zu erkennen – nur fließt weniger Blut und … ähm … auch andere Aktivitäten unterbleiben, aber der Ursprung ist terranisch, genauer gesagt ein Fest namens Karneval.«
    »Abschied vom Fleisch«, übersetzte die Linguistin in mir spöttisch. »Wenn es richtig gefeiert wird, geht die Fastenzeit nicht voraus, sondern folgt erst hinterher.«
    »Ich … verstehe nicht.«
    Wieder reichte ich ihm die Flasche, Entschuldigung und Antwort zugleich. Er leerte sie. »Ein köstliches Getränk. Kann ich noch etwas davon haben?«
    Ganz in der Nähe stand eine Kühlbox. Ich zog zwei Flaschen heraus und reichte ihm eine. Er machte sie auf und nahm sofort einen tiefen Schluck.
    Ich schaute hinab auf die Große Savanne. »Wenn wir noch zwei Stunden hierbleiben, bekommen wir den Feuertanz zu sehen. Sollte sich lohnen. Oh, ich vergaß zu fragen – haben Sie aus einem bestimmten Grund nach mir gesucht?«
    Keine Antwort. Ich wandte mich Joral zu. Er hielt die bereits halb geleerte Flasche in der Hand und betrachtete sie mit einem merkwürdigen kleinen Lächeln. »Oh ja. Ratsherr Dllenahkh lässt Ihnen ausrichten, dass er nach dem Fest eine Besprechung mit einigen Ältesten der Kolonie abhalten will.«
    »Joral, ist alles in Ordnung?«, fragte ich. Sein Gesichtsausdruck beunruhigte mich.
    Er wandte sich mir zu und lächelte breit, was mich zu Tode erschreckte. »Mir geht es gut, Delarua, ganz großartig. Ich überlege, ob ich hinuntersteigen und es mit dem Tanzen probieren sollte. Sieht nicht so schwierig aus.«
    Ich schlug sofort auf meinen Kommunikator. »Nasiha! Mit Joral stimmt etwas nicht! Er lächelt . Ich glaube, er ist betrunken.«
    Nasiha blieb wie immer gelassen. »Wie viel hat er getrunken?«
    »Etwa vierhundert Milliliter von … irgendwas«, stammelte ich. Ich suchte auf dem Etikett meiner Flasche nach dem Namen des Getränks – vergeblich. »Es enthält Alkohol. Sechs Prozent.«
    »Das ist viel zu wenig, um einem Sadiri etwas anhaben zu können«, überlegte sie. »Kann er noch laufen?«
    »Ja-a. Ich bin nicht sicher. Joral, stehen Sie auf.«
    Er tat mir den Gefallen, stand dann aber so sicher auf dem steilen Hang, dass ich ihn zumindest körperlich für nüchtern halten musste. »Mir geht es gut! Ich kann aufrecht stehen! Sagen Sie ihr, dass ich aufrecht stehe!«
    »Hm«, machte Nasiha. »Joral, du kommst sofort ins Lager zurück.«
    Ich begleitete ihn, genauer gesagt, steuerte ich ihn wie einen unerfahrenen Schäferhund, während er wie eine Billardkugel durch die Menge taumelte und von einem Partner zum nächsten tanzte. Nasiha und Tarik warteten schon auf ihn, packten ihn sofort an den Ellbogen und drängten ihn in eine der Unterkünfte. Ich folgte ihnen und sah gerade noch, wie sie ihn auf ein Feldbett drückten, obwohl er immer noch beteuerte, es ginge ihm gut. Sie nahmen rasch eine Blutprobe, prüften seinen Atem und schauten ihm in die Augen.
    Dann sahen sie mich strafend an. »Das ist keine Trunkenheit«, erklärte Tarik.
    »Sehen Sie mich nicht an«, wimmerte ich. »Sehen Sie sich das an!« Ich schwenkte die Flasche.
    »Ja, so ist die Wirkung.«
    Ich fuhr zusammen. Es war Tonio. Ich war so mit Joral beschäftigt gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, dass er aufgewacht und uns gefolgt war. Nun stand er lässig und vollkommen unbekümmert in der Tür der Behausung und sah uns zu.
    »So ist die Wirkung«, wiederholte er. »Da ist Feuerbeerensaft

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