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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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Trauer aufeinanderprallten. Vielleicht waren wir beide ein wenig überdreht, etwas zu empfänglich für die Melodramatik dieses Augenblicks. Vielleicht aber auch nicht.
    »Lass das jetzt«, bat ich und schluckte meine Tränen hinunter. »Du bist so laut, dass dich die Sadiri hören können.«
    Er sah mich mit großen Augen unschuldig an. »Vielleicht projizierst du deine eigenen Gefühle auf mich.«
    »Wenn das wahr ist, dann lass das ›vielleicht‹ weg und sag es mir direkt«, provozierte ich ihn. »Hm. Das dachte ich mir«, fuhr ich fort, als er mit wehmütigem Lächeln den Kopf zur Seite drehte.
    »Wir beide hatten viel zu wenig Zeit füreinander«, sagte er leise. »Und nun gehst du in diese Richtung«, er nickte zum Wald hin, »und ich kehre dorthin zurück.« Er wandte sich der Savanne zu. »So spielt das Leben.«
    »Keine Scherze?«, stieß ich atemlos hervor. »Kein lockerer Spruch, um den Abschied leichter zu machen?«
    Ein halbes Lächeln, dann strich er mir sanft mit dem Handrücken über die Wange. »Ich will es nicht leicht, ich will es ehrlich.«
    »Und dies«, ich küsste ihn zart auf die Lippen, »ist nicht leicht, aber es ist ehrlich.«
    Er drückte seine Stirn gegen die meine und küsste mich. Sein Kuss war ebenso kurz, aber viel inniger. »Das war es wert«, seufzte er.
    Es war sicher keine große Leidenschaft, jedenfalls nicht im üblichen Sinne, aber wer kann schon verstehen, was es für mich bedeutete? Ich hatte, wenn auch nur für kurze Zeit, das Interesse und die Aufmerksamkeit eines Mannes auf mich gezogen, der stark genug war, um mich wieder zu verlassen, und stark genug, um mich gehen zu lassen – ich will nicht sagen, dass diese Beziehung mich innerlich heilte, aber sie leitete die Heilung ein.
    Das Abenteuer hatte ein erfreuliches kleines Nachspiel. Zwei Wochen später, wir hatten die Gegend längst verlassen, erfuhren Dllenahkh und Joral von Qeturah, ein einsames Dorf in den Bergwäldern hätte sich bemüht, Kontakt zur Zentralregierung herzustellen. Ein beispielloser Vorgang.
    »Die Bewohner hatten offenbar gehört, dass Sie potenzielle taSadiri-Bräute für Ihre Siedler suchen, und sie sind von Ihrem Mut beeindruckt. Sie haben als Nachweis ihrer Eignung Genproben abgeliefert und möchten gerne eine Abordnung von Frauen in die Kolonie von Tlaxce schicken.«
    »Das ist großartig!«, rief ich. »Sollte mich nicht wundern, wenn …«
    Ja, ich wollte es aussprechen. Ich wollte über den Ort reden, an dem ich gewesen war, über die Menschen, die ich dort getroffen hatte, und über die Dinge, die ich geheim halten sollte. Aber meine Stimme wurde immer leiser und versagte schließlich vollends, und mein Mund klappte so schnell zu, dass ich mich in die Zunge biss. Lian warf mir einen sonderbaren Blick zu, sonst äußerte sich niemand zu meinem seltsamen Hustenanfall. Dllenahkh, der verständnisvoll, aber auch mit Besorgnis beobachtet hatte, wie ich jäh verstummte und mir die Tränen in die Augen schossen, kam nach dem Treffen zu mir.
    »Ich hätte vielleicht erwähnen sollen, dass der Schweigebann, mit dem man uns belegt hat, viel zu stark ist, als dass ich ihn entfernen könnte«, sagte er leise.
    »Im Ernst?« Ich schielte auf meine herausgestreckte Zunge.
    »Aber Ihre Vermutung trifft zu. Ich bin sehr dankbar, dass man dort einen Weg gefunden hat, uns behilflich zu sein, ohne die eigene Lebensweise aufs Spiel zu setzen.« Die sachlichen Worte wurden in ruhigem Ton gesprochen, aber seine Augen funkelten triumphierend.
    Ich lächelte ihm zu. »Ich habe etwas für Sie.«
    Ich griff in meine Tasche. Ich hatte es in einem Haufen Krimskrams gefunden, den ich für Gildas Kinder gekauft hatte, aber aus irgendeinem Grund hatte ich es nicht mitgeschickt. »Ich habe mich noch gar nicht richtig dafür bedankt, dass Sie mir das Leben gerettet, mich geheilt und mich wohlbehalten zurückgebracht haben. Hier … bitte schön.«
    Er nahm das kleine braune Ding verdutzt entgegen. Dann zuckte ein Lächeln um seine Lippen. »Sehr angemessen. Ich danke Ihnen. Es ist schön, jemanden zu haben, der mich an all das erinnert.«
    Er befestigte den Teakelefanten feierlich am Kragen seiner Uniform und tätschelte ihn so hingebungsvoll, wie ich es mit den lebendigen, ausgewachsenen Exemplaren getan hatte.
    Ein Jahr, zwei Monate und vierundzwanzig Tage nach der Stunde null
    Wenn das Wetter schön und die Landschaft besonders spektakulär war, meditierten sie morgens manchmal alle vier gemeinsam. In den ersten Tagen

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