Die beste Welt: Roman (German Edition)
oder kräuseln sollte, sodass ein kurzer Bürstenschnitt die beste von vielen schlechten Möglichkeiten war. Die langweilige braune Farbe meiner Haare. Die flachen, breiten Augenbrauen, die mein Gesicht so stark prägten, die Augen, die nur mithilfe von Kajal ausdrucksvoll wurden. Die schweren Knochen und kräftigen Muskeln, die mich eher robust als graziös erscheinen ließen – welche Ironie, bei meinem Namen! Mit meiner zedernfarbenen Haut hätte ich mich gerade noch abfinden können, wären da nicht die leichten Sommersprossen auf Nase und Wangen gewesen.
Aber immerhin, da war ein Trost. Meine Nase war der ihren ziemlich ähnlich, sie wahrte die goldene Mitte. Nicht zu groß und nicht zu klein, nicht zu breit und nicht zu spitz, wuchs sie einfach nur wohlproportioniert in sanfter Wölbung aus der Stirn. An dieser Nase richtete ich mich innerlich auf, als ich, um Selbstvertrauen ringend, auf diese Göttin hinabschaute – sofern es überhaupt möglich ist, auf jemanden hinabzuschauen, der auf einem Podest thront.
»Die von der Zentralregierung von Cygnus Beta aus Tlaxce entsandte Delegation dankt Eurer Majestät für die freundliche Einladung und möchte die Gelegenheit nützen, den Hof der Lichtelfen aufs Neue ihrer besonderen Wertschätzung zu versichern.«
Beeindruckend an dieser Grußadresse waren nicht die gestelzten diplomatischen Formulierungen. Beeindruckend war vielmehr, dass ich genug von meinem spärlichen Gälisch zusammengekratzt hatte, um den Satz ohne Stocken und Stammeln vorzutragen.
Die Elfenkönigin neigte huldvoll den Kopf. »Seid willkommen«, sagte sie.
Ich hatte knappe drei Wochen hinter mir, die herrlich normal gewesen waren, genau das, was ich nach den Aufregungen des Wasserfalls gebraucht hatte. Wir waren mit dem Shuttle nach Süden geflogen und hatten uns über landwirtschaftliches Gebiet zu verschiedenen Siedlungen vorgearbeitet, in denen es wenig Menschen, aber dafür Unmengen von Wiederkäuern gab. Ein- oder zweimal hatte ich vielleicht zu der grauen Linie bewaldeter Hügel im Westen hinübergeblickt. Ich mochte sogar ein wenig gestaunt haben, als Qeturah mir mitteilte, wir hätten die Genehmigung zu einer Reise nach Elfenland erhalten, aber ich war sofort der Meinung gewesen, dieser Besuch sei eine grandios schlechte Idee. Ich hatte nicht die geringste Lust, den Sadiri zu erklären, wieso eine ihrer Volksgruppen die eigene Kultur in Bausch und Bogen verworfen hatte, um einen obskuren terranischen Mythos wiederauferstehen zu lassen. Doch genau das war meine Aufgabe, und ich tat mein Bestes.
»Wir haben nur vage Berichte. Elfenland macht seit über hundert Jahren seine Grenzen dicht, weil die Besucher es mehr oder weniger als Themenpark betrachteten.« Jedenfalls die intelligenten Besucher, dachte ich zynisch. »Immerhin wird das Land diesen Berichten zufolge seit Jahrhunderten von zwei taSadiri-Clans bewohnt, die sich ununterbrochen befehden. Nach einer Serie besonders heftiger Auseinandersetzungen tauchte ein sonderbarer Cygnier auf und schlug ihnen eine verblüffende Lösung für ihre Probleme vor. Da sich der Streit in erster Linie darum drehe, wessen Rituale und wessen Dialekt Vorrang haben sollte, gebe es nur einen Kompromiss: Beide Clans müssten sich eine ganz neue Identität zulegen.«
Tarik glaubte mir kein Wort. »Das ergibt keinen Sinn. Wollen Sie behaupten, zwei taSadiri-Stämme hätten ihre jahrtausendealte Tradition aufgegeben, um dafür eine Gesellschaft auf der Basis von Mythen und Märchen zu gründen?«
»Ich fürchte schon.« Er sah mich so empört an, dass ich mir ein Grinsen verkneifen musste.
Der Aberglaube war nicht mal ganz abwegig. Da Elfen nicht nur langlebig, sondern den schwächeren Terranern auch körperlich und geistig überlegen waren, lag die Vorstellung nahe, dass die Sadiri vor dem Embargo heimlich Terra besucht hatten. Allerdings nur, wenn man nicht ganz bei Trost war.
»Wer war der Cygnier, der ihnen das eingeredet hat?«, fragte Dllenahkh.
»Ein durchgeknallter Gelehrter, ein Nachfahre der Druiden von Ynys Môn, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, alle alten und modernen Erscheinungsformen keltischer Kultur zu kennen. Angeblich hatten seine Vorfahren New Camelot gegründet. Ich weiß es nicht. Ich finde das alles ziemlich albern, wenn ich ehrlich sein soll, aber sie haben von uns gehört, sie haben uns eingeladen, und wir können nicht so ohne Weiteres ablehnen.«
Zum Glück hatte ich die Erwartungen so weit heruntergeschraubt, dass
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