Die beste Welt: Roman (German Edition)
Urgroßneffen zu verführen.«
»Es ist nur ein kleines Volk«, nickte ich. »Würde mich nicht wundern, wenn es zwischen den beiden Stämmen hin und wieder zu Verschleppungen käme.«
»Richtig. Für frisches Blut tut man alles«, stimmte Lian zu.
Ich runzelte die Stirn, ohne recht zu wissen, warum.
Auch nach dem Fest wurden die Gespräche fortgesetzt. Meine Aufgabe wurde besonders dadurch erschwert, dass sich die Königin für den Klang des Sadirischen begeisterte und Dllenahkh bedrängte, ausschließlich diese Sprache zu verwenden. Gälisch ist sehr poetisch, sogar romantisch, Standard vergleichsweise nüchterner, aber man kommt damit zurecht. Sadirisch ist dagegen als Programmiersprache geradezu perfekt, wo es indes um Herzensangelegenheiten geht, fällt es ein wenig ab. Das wurde deutlich, als die Gespräche allmählich eine andere Wendung nahmen.
»Warum sagst du mir nicht, dass ich schön bin?«, fragte die Königin eines Tages ohne besonderen Anlass.
»Es wäre angemessen, wenn Sie sich zur Ästhetik meiner Person äußerten«, übermittelte ich Dllenahkh.
Er zog kaum merklich die Augenbrauen in die Höhe. »Dass Sie eine ausnehmend reizvolle Frau sind, ist so offensichtlich, dass ich es nicht für erforderlich halte, noch eigens darauf hinzuweisen.«
»Muss ich Euch sagen, was Ihr schon von so vielen anderen gehört habt?«, übersetzte ich.
Sie kicherte. Ich nagte frustriert an meiner Unterlippe.
»Wie kommen Sie mit Ihrem Übersetzungsprogramm voran?«, fragte ich mürrisch. Tarik hatte es sich am Rand des T’bren gemütlich gemacht, ließ die Beine hoch über dem grenzenlosen Grün baumeln und arbeitete an seinem Terminal.
Er sah mich ungerührt an. »Vor unserer Abreise werde ich damit nicht mehr fertig.«
»Verdammt«, murmelte ich. »Ich habe das alles so satt.«
Am letzten Tag unseres Besuchs wirkte die Königin, als wäre sie tief in Gedanken. Sie nahm Dllenahkh und mich mit hinauf zum höchsten T’bren . Von dort konnte man über die Bäume und quer über das Tal hinweg bis zu den fernen Bergen am schattengrauen Horizont sehen. Wie gewohnt folgte uns ein Grüppchen von Höflingen, und im Hintergrund spielte der Barde auf seiner Kithara und sang in einer Variante des Gälischen, die mir unbekannt war. Die Verhandlungen über den Austausch zwischen Elfen und Sadiri waren längst abgeschlossen, den beiden blieb nichts anderes übrig, als Konversation zu machen. Dllenahkh bemerkte auf seine würdevolle Sadiri-Art, die Musik sei angenehm harmonisch.
»Es ist ein Liebeslied«, sagte die Königin, doch ihr Blick ruhte auf mir, und in ihrem Lächeln lag Spott, aber noch keine Grausamkeit. »Soll ich es dir übersetzen?«
Sie gab dem Barden mit lässiger Hand ein Zeichen, und er fing noch einmal von vorne an und sang leise zu den verschlungenen Klängen der Kithara, während sie in einwandfreies Standard übersetzte.
»Der Geist ist eine Ader aus Gold
gesäumt von brüchigem Fels (auch morscher Quarz genannt).«
Warum hatte sie sich einen Spaß daraus gemacht, mich als unbeholfene Dolmetscherin hinter sich hertrotten zu lassen, wenn sie sich ohne Weiteres selbst in Standard hätte verständigen können? Den Humor der Elfen würde ich wohl nie begreifen.
»Die goldene Mitte wird zur Güte,
da sie lernt, vom Echo seines Lächelns zu trinken.«
Ein schönes Bild. Das Echo eines Lächelns – das erinnerte mich an die subtile Mimik der Sadiri.
»Dass Sadira starb,
dass ein skrupelloser Mann ihrem Herzen die Unschuld raubte.«
… Teufel noch eins? Sie konnte doch unmöglich …
Und doch verkrampfte ich mich zunehmend, als sie mit lieblicher Stimme und vielsagenden Seitenblicken jedem Wort eine viel zu persönliche Bedeutung gab.
»Dass sie ihn zum Lachen bringt
und ins Verderben zieht,
dass sie sich nacheinander verzehren,
und schließlich ihren Weg finden,
zögernd, behutsam, mit Respekt –
der Leidenschaft träge glimmendes, aber unaufhaltsames Feuer …«
Ich war so verlegen, dass ich Dllenahkh nicht ansehen konnte, zugleich aber so neugierig, dass ich es nicht lassen konnte; so entschied ich mich für einen verstohlenen Blick, konnte aber nicht mehr erkennen, als dass er völlig reglos neben ihr stand und keine Miene verzog.
»Nicht von der Sonne ist sie geblendet,
nicht vom goldenen Schein des Unmöglichen
über der unendlich wandelbaren, weithin freien Landschaft.«
»Sand schwebt in der Luft und streut das Licht.
So tanzen sie, herrlich langsam, eine elegante
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