Die beste Welt: Roman (German Edition)
Spielmanns auf sich zu ziehen. »Erzähle ihnen eine Geschichte aus dem Ersten Zeitalter, die von der Frau mit den drei Söhnen.«
Der Spielmann setzte sein Instrument ab, erhob sich und wandte sich mit klarer, betörender Tenorstimme an den versammelten Hof.
»Es war einmal eine Frau, die hatte drei Söhne, und als sie herangewachsen waren, kam der erste zu ihr und sagte: ›Mama, ich liebe ein Mädchen und möchte sie heiraten.‹ Sie antwortete: ›Mein Sohn, du erfreust mein Herz, aber von welchem Stamm ist sie?‹ – ›Ach, Mama‹, antwortete er, ›sie ist zur Hälfte Terranerin.‹ Seine Mutter rang die Hände, schüttelte den Kopf und seufzte: ›Eine Tragödie, aber ich werde mich damit abfinden.‹
Einige Zeit später kam der zweite Sohn, um sie von seinen Heiratsplänen in Kenntnis zu setzen, und es wurde noch schlimmer: Die Braut, die er sich erwählt hatte, war halb terranischer, halb ntshunischer Abstammung und hatte überhaupt kein taSadiri-Erbe. Doch wieder rang die Mutter die Hände, schüttelte den Kopf und seufzte: ›Eine Tragödie, aber ich werde mich damit abfinden.‹
Schließlich kam der dritte Sohn und teilte ihr mit, er hätte sich verlobt. Als sie sich nach der Abstammung des Mädchens erkundigte, lautete die großspurige Antwort: ›Sie ist eine reinblütige taSadiri, Mama.‹ – ›Was für eine gute Nachricht‹, rief seine Mutter. ›Aus welcher Familie?‹ – ›Sie ist vom Anderen Clan‹, gestand er. Daraufhin erhob sich seine Mutter, zückte ihr Schwert und erschlug ihn ohne ein weiteres Wort.«
Der Barde wartete, bis ich mit der Übersetzung fertig war, dann sagte er so leise, dass nur ich es hören konnte: »Ich hoffe, du hast die Geschichte gut wiedergegeben. Es ist eine meiner besten, ich habe sie von meiner Großmutter.«
»Geschichte oder Familiengeschichte?«, murmelte ich spöttisch.
Doch er lächelte nur geheimnisvoll.
»Die Auseinandersetzungen sind weniger heftig, weniger blutig als früher. Einige führen das auf die Vermischung des Blutes zurück, andere machen unsere neuen Traditionen dafür verantwortlich«, erklärte die Königin.
»Und wieder andere nennen einen dritten Grund«, murmelte der Barde und kehrte zu seinem Instrument zurück.
»Still, Kind, alles zu seiner Zeit. Mein vorlauter Urenkel möchte euch wissen lassen, dass manche Frauen am Hof der Lichtelfen sehr langlebig sind, insbesondere die Frauen meines Geschlechts.« Die Königin sah sich nach ihrem Gefolge um. Plötzlich erschien es mir durchaus gerechtfertigt, dass sie sich wie eine Göttin gebärdete und alle anderen ihr huldigten.
»In manchen Kulturen verbietet es die Höflichkeit, eine Frau nach ihrem Alter zu fragen«, sagte Dllenahkh. »Wenn ich im Voraus um Verzeihung bitte, würdet Ihr dann meine Neugier befriedigen?«
Ich bemühte mich, seine Bitte in ebenso geschliffenen Worten zu übersetzen. Offenbar gelang es mir, denn die Königin lächelte ihm zu und sagte gnädig: »Ich bin fast dreihundertsiebenundvierzig Standardjahre alt.«
»Nach cygnischem Gesetz ist es verboten, die Lebensdauer durch Eingriffe in das Erbgut zu verlängern«, bemerkte Qeturah. »Es ist ein riskantes Unterfangen mit ungewissem Ausgang.«
Die Königin zuckte die Achseln: »Was geschehen ist, geschah vor sehr langer Zeit. Vielleicht wollten wir uns die Jahre zurückholen, die uns durch die Vermischung des Blutes der beiden Stämme genommen wurden? Es ist richtig, der Ausgang ist ungewiss, ihr könnt es selbst sehen. Doch unsere Gesellschaft wird durch die lange Lebensdauer von innen heraus stabilisiert.«
»Euer Reich ist wahrhaft matriarchalisch. Gibt es deshalb an Eurem Hof keinen König?«, erkundigte sich Dllenahkh.
Die Königin schien über diese Frage entzückt. »In früheren Zeiten gab es zwei, doch inzwischen folge ich dem Beispiel anderer Frauen meines Hauses und begnüge mich mit meinen Höflingen.«
Ich hörte ein ersticktes Keuchen. Fergus hatte sein Getränk in die falsche Kehle bekommen, wahrscheinlich hatte er endlich begriffen, was es bedeutete, zu Füßen der Missionsleiterin platziert worden zu sein. Qeturah klopfte ihm lächelnd den Rücken. »Still, mein Lieber, keine Erklärungen. Ich darf auf keinen Fall mein Gesicht verlieren.«
»Was für ein Leben«, sagte Lian später zu mir. »Ich habe nie eine Frau gesehen, die ihren Harem so unzweifelhaft verdient hätte. Ich hoffe nur, sie behält dabei den Familienstammbaum im Auge. Es wäre sehr peinlich, den eigenen
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