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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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Wahlmöglichkeiten befindet, die das Leben bietet. Noch etwas Tee?«
    Ich hielt ihm stumm die Tasse entgegen. Als er sie mir abnahm, streiften seine Fingerspitzen die meinen, und ich spürte eine Welle von … Zustimmung? Womöglich gar Zuneigung? Ich sah ihn überrascht an, und er hielt meinen Blick eine Sekunde lang fest, bevor er sich auf das Einschenken konzentrierte.
    Ich redete einfach weiter, um kein Schweigen aufkommen zu lassen. »Ich habe soeben meine Karriere in den Wind geschossen, und Ihnen fällt nichts Besseres ein, als mir Tee anzubieten?«
    »Ganz recht«, nickte er und gab mir die Tasse zurück. »Dieses Getränk hat offenbar eine beruhigende Wirkung.«
    Ich musste unwillkürlich lächeln. »Ich danke Ihnen, Dllenahkh, aber ich glaube, diese Wirkung üben Sie aus, nicht der Tee.«
    Er schaute mich an, ein leises Schmunzeln umspielte seine Lippen. Für einen Moment sah ich … ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, ich sah einfach nur einen Mann, keinen Fremden von einer anderen Welt, nicht einmal einen Kollegen und Freund, sondern einfach einen Mann, der entspannt lächelte und sich freute, mit mir zusammen zu sein. Ich fühlte mich innerlich gespalten, so als hätte sich plötzlich meine Wahrnehmung und infolgedessen die ganze Welt verändert. Mein Lächeln erlosch, mir stockte der Atem, und ich senkte kurz den Blick. Als ich wieder aufschaute, war ich immer noch nicht sicher, was ich da gesehen hatte.
    Er hatte die Augen nicht niedergeschlagen, sein Gesicht war jetzt undurchdringlich, aber sein Blick ging nicht in die Ferne. Ich las Neugier darin, als hätte auch er etwas gesehen, was ihn nachdenklich machte.
    »Trinken Sie«, sagte er leise. »Lassen Sie den Tee nicht kalt werden.«

11
    ALLES OFFEN
    »Herein«, sagte ich lustlos.
    Nasiha trat ins Zimmer. »Sie kommen zu spät zu den Meditationsübungen.«
    Ich saß in Unterwäsche auf dem Bett und war von Kleidungsstücken umgeben – die schwarze Ausgehuniform des Öffentlichen Dienstes, der grüne Arbeitsanzug von der Forstabteilung und verschiedene andere Stücke, die ihre Bedeutung für mein Leben verloren hatten.
    »Ich finde nichts zum Anziehen«, sagte ich.
    Sie warf einen Blick auf den Haufen, dann sah sie mich an. »Vielleicht passt Ihnen etwas von meinen Sachen. Ich habe allmählich auch Schwierigkeiten mit meiner Garderobe. Heute gehen wir einkaufen.«
    Zum Frühstück erschien ich in meiner eigenen Hose und einem Unterhemd, darüber trug ich einen Sadiri-Uniformrock, den ich mir von Nasiha geliehen hatte. Ich füllte mir einen Teller am Büfett und schenkte mir eine Tasse heißer Schokolade ein, doch bevor ich mich dem Tisch zuwenden musste, an dem Qeturah, Fergus und Lian saßen, raunte mir Dllenahkh ins Ohr: »Es ist ein warmer, sonniger Tag. Wir sollten uns ins Freie setzen.«
    Ich versteckte mein Gesicht hinter der Tasse, als wir an meinen ehemaligen Kollegen vorbeigingen, und folgte ihm. Draußen war es herrlich, es wurde schon fast zu heiß, doch ein frischer Wind, der vom Meer kam, machte die Schwüle erträglich. Wir wählten einen Tisch neben Nasiha und Tarik, und bald gesellte sich auch Joral zu uns. Ich aß und trank und ließ das auf Sadirisch geführte Gespräch an mir vorbeirauschen, ohne wirklich auf seinen Inhalt zu achten.
    »Sind Sie Sadiri? Echte Sadiri?« Die ehrfürchtige Frage kam aus dem Mund eines kleinen Jungen von etwa sieben Jahren, der vor uns auf dem Gehsteig stand. Er hatte glattes dunkelbraunes Haar, das widerspenstig vom Kopf abstand. Die Spitzen glänzten in der Morgensonne. »Ich hab Sie in den Holos gesehen.«
    Alle verstummten und wandten sich dem Jungen zu. Fast trat ein Lächeln in die Gesichter.
    »Ja«, sagte Dllenahkh und neigte sich ein wenig näher zu ihm. »Wir sind wirklich Sadiri. Bist du auch ein Sadiri?«
    Der Junge grinste und schüttelte energisch den Kopf, war aber sichtlich geschmeichelt. Er schien noch mehr sagen zu wollen, doch ein Mädchen, das schon etwa zehn Meter weitergegangen war, rief ihm mit der gereizten Miene der älteren Schwester zu: »Nun mach schon, sonst kommen wir noch zu spät!«
    Der Junge verneigte sich rasch, eigentlich mehr ein Nicken, das die Sadiri ernst erwiderten, dann rannte er hinter dem Mädchen her. Dllenahkh sah ihm mit einem erinnerungsseligen, ja fast wehmütigen Blick nach.
    »Haben Sie Kinder, Dllenahkh?«, fragte ich neugierig. Die Worte waren kaum über meine Lippen, als mir vor Entsetzen die Kinnlade herunterfiel. Ich war so erschrocken

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