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Die Beste Zum Schluss

Titel: Die Beste Zum Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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Schultern, drückt uns einen Stempel auf die Hände, schiebt das Wechselgeld rüber und schaut an uns vorbei.
    »Danke schön«, sage ich und schenke ihr mein bestes Lächeln.
    Sie ignoriert mich. Der Türsteher mustert mich ausdruckslos. Alles klar. Abgang.
    Nachdem wir unsere Jacken an der Garderobe bei einem gelangweilten Rastamann abgegeben haben, öffne ich die Tür zum Club. Tropische Temperaturen und brüllend lauter Gangsta-Rap schlagen mir entgegen. Großartig. Ich höre ja gerne Gangsta-Rap. Zwei Sekunden lang.
    Ich werfe Rene einen Blick zu, doch sie steuert bereits die Tanzfläche an. Während ich mich zur Theke durchdrängele und Bier bestelle, erkenne ich, dass ich nichts wiedererkenne. Die Tanzfläche ist geteilt worden und wirkt jetzt viel zu klein für den Raum, außerdem ist sie nicht abgegrenzt, überall stehen Leute auf der Tanzfläche herum und unterhalten sich, die Tänzer müssen um sie herumtanzen. Besonders mies ist das Licht. Heutzutage dreht sich ja alles um Design und Look, aber ich mag es nun mal intim, und diese Tanzfläche da ist ausgeleuchtet wie eine Landebahn. Das Hauptproblem bleibt aber die Musik. Auch Gangsta-Rap groovt, aber ich konnte noch nie zu Texten tanzen, die Frauenhass und Gewalt als Lösung propagieren. Wann wurde es eigentlich hip, ein Assi zu sein?
    Auf der Tanzfläche hat Rene die Augen geschlossen und versucht, auf den Beat zu kommen. Neben ihr tanzen die Tussen. Sie lachen und jubeln und wirken ausgelassen und glücklich. Mit zwanzig wäre ich vielleicht drauf reingefallen. Heute verziehe ich mich zum Eingang, wo die Luft besser ist, nippe an meinem Bier und beobachte das Schauspiel. Rene kommt immer besser in Schwung und steht im starken Kontrast zu den Tussen, die sich aufführen, als wäre die Tanzfläche ihre Bühne und die herumstehenden Clubbesucher eine Jury, die sie von sich überzeugen müssten. Ich kann kaum hinschauen, so peinlich ist das, doch niemanden scheint es weiter zu stören. Tussen haben das geschafft, worum Migranten sich immer noch bemühen – sie haben sich in die Gesellschaft voll integriert.
    Ich löse meinen Blick und betrachte stattdessen die anderen Clubgäste, doch ich schaffe es nicht, die brüllend laute Musik zu ignorieren. Noch bevor die Flasche leer ist, hängen mir die Raptexte bereits zum Hals raus. Isch bin der Geilste … isch bring disch um … isch ficke disch … Gott, ist das dämlich und langweilig. Außerdem nervt es, dass jeder, der durch die Tür hereinkommt, mir unaufgefordert seinen Stempel zeigt. Manchmal rempelt mich jemand an. Ich werde immer genervter, doch Rene hat ihren Beat gefunden und geht steil.
    Ich will mir gerade ein neues Bier holen, als der d j sich ein Mikro schnappt und durch den Laden brüllt, dass jede Frau seine Schlampe ist. Ich lache höhnisch. Oh Junge, diesmal bist du zu weit gegangen … Bringt ihn um und legt danach ein bisschen Funk auf! Doch statt ihn zu lynchen, dreht sich der ganze Club in Richtung d j und wiederholt seine Aussage begeistert. Auch die weiblichen Gäste. Grundgütiger.
    Ich schaue zur Tanzfläche. Dort steht Rene und mustert den d j mit dem Blick, den sie vorher für die Tussen reserviert hatte. Diese flippen neben ihr völlig aus und skandieren irgendwas in Richtung d j -Pult. Rene wirft ihnen einen Blick zu, für einen Augenblick befürchte ich das Schlimmste, doch dann setzt sie sich in Bewegung und kommt auf mich zu. Sie bleibt vor mir stehen, schnappt sich wortlos meine Flasche und will einen Schluck nehmen, bis sie merkt, dass sie leer ist. Sie guckt mich böse an.
    »Seit wann ist ›Schlampe‹ nicht mehr frauenfeindlich?«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Vielleicht hängen wir schon so weit hinterher, dass die Schimpfwörter sich in Kosewörter verwandelt haben?«
    »Nichts wie raus hier«, sagt sie und steuert den Ausgang an.
    »He, warte, ich hab noch keine Schlampe kennengelernt!«
    Sie verschwindet durch die Tür. Ich nehme die Verfolgung auf.
    Als wir endlich wieder frische Luft atmen, geht vor dem Club gerade ein typischer Frühlingsschauer nieder. Wir bleiben unter dem Vordach stehen. Die Kassiererin wünscht uns zuckersüß noch einen schönen Abend.
    Weit und breit kein Taxi in Sicht. Dafür werden wir endlich wieder angeglotzt. In der unüberdachten Schlange stehen immer noch an die fünfzig Leute und warten klatschnass auf Einlass. Man sollte sie vielleicht warnen, dass ihre Freundinnen dort unten beleidigt werden, aber für heute reicht es mir

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