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Die Besteigung Des Rum Doodle

Die Besteigung Des Rum Doodle

Titel: Die Besteigung Des Rum Doodle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. E. Bowman
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Weihnachtsmann gebeten, ihm eine mitzubringen.Wiederholte Enttäuschungen hatten bei ihm im zarten Alter schon eine Ernüchterung hervorgerufen, um die ihn mancher reife Mann beneidet hätte. Als er herausfand, dass es den Weihnachtsmann nicht gab, beschloss er in seinem kleinen Kopf, seinen Eltern überhaupt nicht mehr zu trauen. Von da war es nur noch ein kurzer Schritt zu der Haltung, reinweg alles Erzählte in Frage zu stellen. Mit sechs Jahren war er bereits ein überzeugter Skeptiker.
    Er fragte, ob ich seine Gefühle verstehen könne. Ich sagte ja, ein sensibles und intelligentes Kind könne leicht auf diese Weise reagieren. Ich selbst hätte lange Zeit Zweifel hinsichtlich der Praktikabilität des Weihnachtsmanns gehegt, und Wishs Erfahrungen seien für mich äußerst interessant. Ich drängte ihn fortzufahren.
    Als Siebenjähriger bat er seinen Vater, ihn aufzuklären, insbesondere über Bräute. Was ihm erzählt wurde, fand er allerdings völlig unglaublich, es erschien ihm noch unglaublicher als der Weihnachtsmann. In großer Verwirrung befragte er einige seiner kleinen Freunde, die sich gleichermaßen verwirrt an ihre Eltern wandten. Die Erklärungen, die sie ihm daraufhin zutrugen, waren so unterschiedlich und widersprüchlich, dass das arme Kind in seiner Auffassung bestärkt wurde, das Ganze sei nichts als ein weiteres Märchen. Er kam zu der Überzeugung, Bräute seien genauso unwirklich wie Weihnachtsmänner.
    Die Eltern seiner kleinen Freunde waren durch das plötzliche Interesse an dem heiklen Thema alarmiert worden. Nachdem sie den Urheber festgestellt hatten, hielten sie eine Versammlung ab und legten nach reiflicher Überlegung Geld zusammen, um dem Jungen ein Katapult zu kaufen, in der Hoffnung, das würde ihn von anderen Dingen ablenken.
    Mit dem Ergebnis waren sie sehr zufrieden, einmal abgesehen von den zusätzlichen Ausgaben für zerbrocheneFensterscheiben. Die natürliche Begeisterung des Knaben für seine zerstörerische Waffe lenkte seine Aufmerksamkeit vom Thema Bräute ab. So wurde eine innere Spannung abgebaut, die sonst leicht zu einer Laufbahn als Politiker hätte führen können.
    Während seiner Studentenzeit einige Jahre danach wurde sein Interesse an dem Thema durch die zufällige Bemerkung eines Dienstmädchens erneut geweckt. Durch das Studium von Nachschlagewerken und die Befragung zahlreicher Autoritäten verschaffte er sich eine umfassende Kenntnis der geläufigen Meinungen. Dennoch behielt sein Skeptizismus die Oberhand gegenüber seiner Leichtgläubigkeit. Obgleich er unbedingt daran zu glauben wünschte, konnte er sich nicht dazu überwinden. Es schien ihm, so sagte er, als sei unter allen Menschen er allein dazu befähigt, der unangenehmen Wahrheit ins Auge zu blicken und der behaglichen Wärme der Selbsttäuschung zu entfliehen. Mehr und mehr gewann er die Überzeugung, dass es seine Lebensaufgabe sei, der Menschheit das Licht zu bringen, das sich bisher nur ihm allein gezeigt hatte. Beredsam ergriff er in Diskussionen und Debatten immer öfter das Wort und gründete eine Gruppe mit dem Namen »Woher?«, deren Motto »Wohin?« lautete. Er schrieb sogar eine Monografie mit dem Titel
Bräute – ein abgeschmackter Mythos
, die von Sensible Press für 3½   Pence veröffentlicht und in zehn Auflagen makuliert worden war.
    Er wurde von der Universität verwiesen, weil er sich standhaft weigerte, irgendetwas von dem zu glauben, was man ihm dort beibrachte. Die Woheristen verabschiedeten ihn mit großem Bahnhof und riefen ihn zum ersten Märtyrer der neuen Ungläubigkeit aus. Wie viele junge Männer vor ihm stellte er nach seinem Abgang von der Universität jedoch fest, dass zwischen der Welt der Geschäfte und der echten Männer und der Welt seiner Fantasie ein gewaltigerUnterschied bestand. Zu seinem ersten unliebsamen Erwachen kam es an einem Samstagnachmittag in der Bar Zum Entropischen Eichhörnchen. Wish hatte wie üblich das große Wort geführt und, so meinte er, seine Theorie des Skeptizismus mit besonderer Klarheit und Scharfsinnigkeit dargelegt. Als er fertig war, sprach ein älterer, ziemlich schäbig aussehender Gentleman von exzentrischem Typ mit leiser Stimme ein paar Sätze, die Wishs Selbstzufriedenheit aus den Angeln hoben. Er wolle nicht bestreiten, sagte der Mann, dass Wish erste Ansätze zeige, die zu der Hoffnung berechtigten, aus ihm könne ein Skeptiker werden. Aber sein Weg dahin sei noch weit. Zunächst müsse er die elementare Wahrheit begreifen,

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