Die bestellte Braut
tastete erstaunt an seinem Kopf herum. Und fuhr vor Schmerz zusammen als seine Finger auf die Platzwunde trafen. Ohne weitere Worte folgte er Miss Finney wieder hinüber in die Praxis und ließ sich auf dem Behandlungstisch nieder.
Während seine Krankenschwester mit Tinkturen, Lappen und Wasserschüsseln hantierte, hatte Luke jetzt zum ersten Mal richtig Gelegenheit sie in Ruhe zu betrachten. Miss Finney trug nichts weiter als ein Nachthemd und darüber einen schlichten, sandfarbenen Morgenmantel. Ihre kastanienbraunen Haare waren zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr bis zu den Hüften reichte und ihre bloßen Füße schauten unter dem Saum des Morgenrocks hervor. Ärgerlich ertappte Luke sich bei der Frage, wie sie wohl ohne Morgenmantel aussehen würde.
Schließlich kam Miss O'Brian mit einem feuchten Tuch zu ihm zurück, um das Blut abzuwaschen und unterbrach zu seiner Erleichterung diese unangebrachten Gedanken. Die Erleichterung sollte allerdings nicht lange andauern. Sie drehte vorsichtig sein Gesicht zur Seite und ihre Hand lag auf seiner unrasierten Wange. Ein warmes Gefühl machte sich in ihm breit und für einen Moment schloss er genießerisch die Augen.
Alle romantischen Gefühle verflogen allerdings, als Miss Finney die Wunde säuberte und anschließend mit Jod desinfizierte. Mit einem Fluch auf den Lippen zuckte er zurück und musste sich von einer hämisch grinsenden Finney sagen lassen: „Seien Sie ein Mann und beißen die Zähne zusammen.“ In exakt dem Tonfall, in dem er es vorhin zu Charlie gesagt hatte.
Nachdem sie fertig war, ging Luke noch einmal zu seinem kleinen Bruder hinüber und sie machte sich daran die Praxis aufzuräumen. Der älteste Sullivan hatte die Tür ein Stück offengelassen und so konnte sie sehen, dass er es sich in dem alten Lehnstuhl gemütlich machte und anscheinend gedachte dort für den Rest der Nacht zu bleiben.
Mit einem Kopfschütteln ging sie hinaus in den Flur und kehrte wenige Augenblicke später zurück. Für einen Moment blieb sie unbemerkt in der Tür zu dem kleinen Patientenzimmer stehen und schaute auf die beiden Brüder. Irgendwie beneidete sie Charlie. Sie hatte nie Geschwister gehabt und ihre Eltern waren früh gestorben. Sie hatten sie geliebt, oh ja, aber irgendwie... Es musste ein herrliches Gefühl sein, wenn Luke Sullivan sich so um einen sorgte und kümmerte.
Im nächsten Moment rief sie sich auch schon zur Ordnung. Nein. Nein! Ihre Gedanken gingen in eine ganz falsche Richtung! Verlegen räusperte sie sich und Luke drehte sich zu ihr herum.
„Versuchen Sie nicht, mich zu überreden, dass ich mich irgendwo schlafen legen soll!“, sagte er leise, um Charlie nicht zu stören.
Finney schüttelte nur belustigt den Kopf. „Das würde ich nie versuchen. Wenn Sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, dann streitet man besser nicht mit Ihnen, hab ich den Eindruck.“
Überrascht schaute Luke sie an. Anscheinend hatte er eher damit gerechnet, dass sie sich jetzt wie ein besorgtes Waschweib daran machen würde auch ihn in ein Bett zu bugsieren. Er war ihr dankbar, dass sie nicht versuchte ihn zu etwas zu überreden, was er nicht wollte.
Hinter ihrem Rücken zog die junge Frau ein kleines Kissen und eine leichte Decke hervor, die sie aus dem Flurschrank geholt hatte. „Es wird nicht bequem sein, aber vielleicht können Sie auch ein bisschen schlafen. Gute Nacht!“ Mit einem letzten Lächeln verschwand Finney durch die Praxis wieder in den Flur und Luke schaute ihr lange nachdenklich hinterher.
Ganz Green Hollow kennt diese Geschichte
Schon früh am nächsten Morgen tauchte Doc Dave mit der Nachricht auf, dass die Frau auf der Prärie gesunde Zwillinge zur Welt gebracht hatte. Er war zwar am Anfang nicht begeistert von der Tatsache, dass Steffiney dem jüngsten Sullivan im Alleingang die Schulter eingerenkt hatte, gab aber nach Begutachtung ihrer Arbeit zu, dass sie es ordentlich gemacht hatte und es besser gewesen war nicht zu warten.
Charlie war inzwischen vollkommen ausgenüchtert und dementsprechend peinlich war ihm die ganze Geschichte. Mit Lukes Hilfe hatte man ihn in die Küche an den Frühstückstisch verfrachtet. Finney schmierte ihm wie einem Kleinkind seinen Toast, da sein rechter Arm in einer Schlinge ruhte, und er war für seine Verhältnisse ungewöhnlich ruhig. Charlie sprach während der ganzen Mahlzeit kein Wort und hob nur äußerst selten den Blick von seinem Teller.
Luke dagegen schien sich köstlich über ihn
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