Die bestellte Braut
befreundet war.
Doch eine Viertelstunde vor Schluss ging plötzlich wieder die Tür des kleinen Schulraums auf und Davy versuchte sich möglichst unauffällig auf seinen alten Platz zu stehlen. Miss Finney wollte sich gerade von Johnny Paltrum den 23. Psalm aufsagen lassen, aber natürlich entging ihr der reumütige Sünder nicht.
„Warte kurz, Johnny“, bat sie den pausbäckigen Jungen. „Davy, habe ich nicht gesagt, dass Du nach Hause gehen sollst?“, fragte sie streng. Der kleine Kerl nickte auch und wagte kaum die Augen vom Boden zu heben als er antwortete. „Ja, ham Se, Miss O'Brian. Da war ich auch. Aber Se ham nich gesagt, dass ich auch dableiben soll!“
Es kostete Finney einiges sich nichts anmerken zu lassen, aber sie beschloss umgehend, dass sie nie wieder eine Stunde Sonntagsschulunterricht geben würde. Das war einfach zu viel für ihre Selbstbeherrschung. Fast musste man Davy für diese Geistesgegenwart bewundern und nur mit größter Mühe schaffte sie es einen strengen Blick aufzusetzen, anstatt in lautes Lachen auszubrechen.
„Und, Davy Slane? Hast Du mir nicht etwas zu sagen? Genauso wie Elizabeth?“, wollte sie schließlich streng wissen.
Von einem Fuß auf den anderen tretend nuschelte der Junge etwas, dass sich mit viel gutem Willen als eine Entschuldigung an die Frau Lehrerin interpretieren ließ und reichte seiner Schwester dann zur Versöhnung die Hand. Steffiney ließ es dabei bewenden und der Unruhestifter durfte in Gnaden wieder auf seinen Platz zurückkehren.
Der arme Johnny, der sich bis jetzt mehr schlecht als recht durch den 23. Psalmen gestammelt hatte, glaubte schon, dass Miss O'Brian ihn über die Aufregung mit Davy vergessen hatte, aber so leicht kam er nicht davon. Mit einem aufmunternden Nicken forderte Steffiney ihren Schützling auf wieder aufzustehen und ließ ihn anfangen. Johnnys Stimme war unsicher und er stockte des Öfteren als er anfing:
„Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf ...“
Hilfesuchend sah sich Jimmy unter den anderen Kindern um, doch es schien, dass ihm keiner zu Hilfe eilen wollte. Miss Finney war nicht ganz so grausam. „Einer grünen Aue.“ half sie aus. Erleichtert wollte der Vortragende sich schon hinsetzen, aber die gestrenge Lehrerin schüttelte mit dem Kopf. „Alles Johnny!“
Mit einem gequälten Seufzer setzte er den Vers also fort:
„ Und führest mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“
Bis dahin ging es recht flüssig, doch dann kam der Junge wieder ins Stocken.
„ Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest...“
Da verließ ihn der Text völlig. Johnny zuckte schuldbewusst mit den Schultern und sah Miss O'Brian flehentlich an, dass sie ihn doch von seiner Qual erlösen möge.
„Na komm, Johnny. Wie geht es weiter? Und schenkest.....“ Sie sah ihn ermutigend an und der kleine Junge, der die nette Helferin von Doc Dave nicht enttäuschen wollte, nahm Zuflucht zu seiner Phantasie.
„Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir eine Flasche Wein?“
Was zu viel war, war zu viel! Miss Finney brach lauthals in Lachen aus. Ganz so abwegig war der Gedanke ja nicht. „Lass gut sein. Wir beten den Psalm alle zusammen.“ Und während sie mit lauter Stimme vorbetete und die Kinder mehr oder minder flüssig mit einstimmten, öffnete sich die Tür. Luke Sullivan betrat leise den Klassenraum, blieb aber still am Ende stehen und hörte dem Gebet der Kinder zu:
„ Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.“*
Mit einem Lachen erklärte Steffiney die Stunde für beendet, als sie Luke am Ende des Raumes stehen sah und lärmend stürmten die Kinder hinaus.
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