Die bestellte Braut
waren so wahrheitsgetreu informiert wie Miss O'Brian. Ein Großteil ihrer Nachbarn erzählte ihr unter dem strikten Siegel der Verschwiegenheit von der großen Liebesgeschichte zwischen Mary-Sue und Luke, die aus irgendwelchen seltsamen Gründen dann zerbrochen war. Selbst den damals reichen Danvers hatte die gute Mary-Sue für ihre große Liebe verlassen. Irgendwas war dann aber doch dazwischen gekommen. Wirklich schade, aber wer weiß, vielleicht würde es jetzt doch noch was werden. Mary-Sue kam als Witwe aus Californien und Luke hatte ja nie geheiratet. Vielleicht, weil er immer noch an ihr hing.
Wie sehr diese Klatsch- und Tratschgeschichten an der jungen Frau nagten, war für den aufmerksamen Beobachter nicht zu übersehen. Umso dankbarer war Steffiney, dass wenigstens Mrs. McAbberty kein Wort darüber fallen ließ.
Luke indes schien die Tatsache, dass Mary-Sue Brandon, wie sie jetzt hieß, nach Green Hollow zurückkehrte völlig kalt. Er wunderte sich natürlich darüber, dass die sonst so nette Miss Finney ein oder zwei beißende Kommentare über die Heimkehrerin abgab, obwohl sie sie noch gar nicht kannte, tat es aber mit einem Schulterzucken ab. Frauen musste man nicht immer verstehen.
Und so kam es, dass Miss O'Brian die verdutzte Witwe Straight an einem sonnigen Donnerstagmorgen vor die Tür der Arztpraxis setzte. Gerade am Vormittag hatte die berüchtigte Mary-Sue bei den McAbbertys vorbeigeschaut, um der lieben alten Mrs. Trudi, wie sie selbst sagte, einen Anstandsbesuch abzustatten. Im Zuge dessen war natürlich auch Steffiney nicht drumherum gekommen ein paar Worte mit der jungen Witwe zu wechseln. Mrs. Brandon, wie sie jetzt hieß, musste etwa in ihrem Alter sein, vielleicht etwas jünger und war atemberaubend schön. Sie hatte lackschwarze Haare, dichte Wimpern, eine weiße Haut, dunkle, funkelnde Augen und trug die eleganteste Kleidung, die man in Green Hollow je gesehen hatte. Mary-Sue verstand es Konversation zu machen, sie war witzig und nur ein ganz klein wenig überheblich Steffiney gegenüber. Um es kurz zu machen: Die beiden jungen Frauen waren sich vom ersten Augenblick an unsympathisch und Mrs. Brandons Kommentar, mit dem sie ihrer Verwunderung Ausdruck verlieh, dass Miss O'Brian mit 26 Jahren noch nicht verheiratet war, trug nicht gerade dazu bei die Situation zwischen den beiden zu entspannen.
„Es wundert mich wirklich, Miss O'Brian, dass Sie noch nicht einmal verlobt sind! Sie sagten doch, dass sie bereits seit mehreren Monaten hier in Green Hollow sind. Wirklich, sonst sind doch die Junggesellen hier immer ganz versessen darauf zu heiraten. Normalerweise ist jede neue Frau in der Stadt im Handumdrehen verlobt. Und so schlecht sehen Sie ja nicht aus, vielleicht etwas...“ Mit einem affektierten Lachen unterbrach Mrs. Brandon sich selbst und wechselte das Thema.
Miss Finney dagegen hatte genug gesehen und gehört. Abrupt stand sie auf und entschuldigte sich damit, dass sie noch etwas in der Praxis zu erledigen hätte. Doc Dave würde sich darauf verlassen, dass sie alles für die Nachmittagssprechstunde vorbereitete und so amüsant Mrs. Brandons Gesellschaft auch war, sie, Finney, hätte wichtigere Dinge zu tun, als den Vormittag zu verschwatzen.
So hatte jede der jungen Damen eine Niederlage zu verbuchen und Steffiney verbarrikadierte sich im Praxisraum, um dort Fläschchen und Arzneien zu sortieren. Doc Dave war noch auf einer Runde Hausbesuche und würde wohl erst zum Mittag zurückkehren. Und so hatte Finney sich auf einmal allein mit der Witwe Straight konfrontiert gesehen, die ihr ihr geschwollenes Handgelenk unter die Nase hielt und behauptete, dass sie eine Gehirnentzündung bekommen würde.
Eugenia Straight war in ganz Green Hollow für ihre Hypochondrie bekannt und normalerweise kam Steffiney ganz gut mit ihr zurecht, weil sie sie nicht allzu ernst nahm, aber heute war es einfach zu viel. Mit einiger Mühe brachte Miss O'Brian aus ihr heraus, dass sie von einer Biene gestochen worden war. Die Witwe Straight führte das erlegte Insekt in einer Tasse mit sich und verlangte eine Untersuchung desselben, da sie sich sicher war, dass das Vieh irgendeine ansteckende Krankheit übertrug.
Miss O'Brian gab ihr Bestes um Eugenia zu beruhigen und erklärte ihr, dass man von Bienenstichen keine Gehirnentzündungen bekam und dass diese schon gar nicht ansteckend waren. Es dauerte eine gute halbe Stunde bis ihr endgültig der Geduldsfaden riss und sie die ehrbare Dame sehr bestimmt
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