Die bestellte Braut
war die Welt wieder in Ordnung. Man fuhr gemeinsam zur Kirche, aß zu Mittag und nach dem Kaffee gelang es Josh mit Hilfe des sonst so ruhigen Bill seinen ältesten Bruder und Miss Finney dazu zu überreden doch im Wechsel einige Szenen aus „Viel Lärm um nichts“ vorzutragen. Woraufhin am Ende Josh mit einem hintergründigen Lächeln bemerkte, dass die beiden gar nicht schauspielern mussten, wenn sie die Streitgespräche zwischen Beatrice und Benedikt wiedergaben.
Am frühen Abend schließlich wurde Miss Finney wieder nach Green Hollow zurückgebracht. Unnötig zu erwähnen, dass es natürlich Luke war, der sie in die Stadt fuhr.
… und schenkest mir eine Flasche Wein
Luke Sullivan war kein unerfahrener junger Bursche mehr und von daher ging ihm bald auf, dass das, was er für Miss Steffiney O'Brian empfand, über normale Freundschaft oder brüderliche Gefühle hinausging. Spätestens seit er sich gefragt hatte, wie es wohl unter ihrem Morgenmantel aussah, war klar, dass er in ihr nicht gerade eine kleine Schwester sah.
Eigentlich hatte er nicht damit gerechnet, sich mit 30 Jahren nochmal zu verlieben. Er hatte gedacht, wenn er doch irgendwann mal heiraten würde, dann aus wohlüberlegten Gründen und dem Wunsch eine Familie zu haben und nicht, weil er glaubte, dass er die liebenswerteste Frau im Wilden Westen getroffen hatte.
Er war sich durchaus klar, dass er nichts überstürzen sollte, da er auch gar nicht wusste, wie die Dame zu seinen Gefühlen stand, aber Nachdenken konnte ja nicht schaden.
Und so sah sich Charles Sullivan Senior an einem Sonntagmorgen mit einer ernstzunehmenden Frage von seinem ältesten Sohn konfrontiert.
Mr. Sullivan war gerade dabei sich für den Gottesdienst fertig zu machen, als es an die Tür seines Schlafzimmers klopfte. Auf sein Herein hin erschien Luke.
„Dad, kann ich Dich etwas fragen?“
Charles Sullivan war erstaunt über den ernsten Ton, den sein Ältester anschlug. Luke war von Natur aus nicht unbedingt ein Witzbold, aber das war selbst für ihn ungewöhnlich.
„Was gibt es, Junge?“ Er lächelte ihm aufmunternd zu, während er ein paar Fusseln von seiner Jacke bürstete. Luke schien sich nicht ganz wohl zu fühlen. Er lehnte mit verschränkten Armen am Fußende des Bettes und schaute betreten auf den Boden.
„Ähm, Dad, nimm das jetzt bitte nicht zu ernst. Es ist nicht mehr ein Gedankenspiel... Nur so eine Überlegung... Du hast vor ein paar Jahren gesagt, wenn ich es wünschen würde, dann würdest Du mir meinen Teil der Ranch überschreiben, damit ich mir... damit ich auf eigenen Beinen stehen kann. Steht dieses Angebot noch?“
Charles Sullivan drehte sich überrascht zu seinem Sohn um. „Ist irgendwas passiert? Gibt es einen Grund...“ Doch lächelnd stoppte er sich selbst. „Nur ein Gedankenspiel, schon gut. Mein Angebot steht immer noch. Sobald Du danach verlangst, bekommst Du Deinen Anteil an der Ranch.“
Jetzt endlich schaute Luke mit einem schiefen Lächeln auf. „Danke.“
Sein Vater nickte ihm kurz aufmunternd zu. „Wir sollten uns beeilen, sonst kommen wir noch zu spät zur Kirche. Und keiner von uns will doch Miss Finneys grandioses Klavierstück am Anfang verpassen“, versetzte er mit einem Augenzwinkern.
Luke schaute leicht ärgerlich drein und zusammen gingen Vater und Sohn hinunter. Charles Sullivan hatte eine kleine Ahnung, warum Luke ausgerechnet jetzt nach einem eigenen Stück Land fragte...
Allerdings sollte an diesem Sonntag niemand in den Genuss von Miss O'Brians hervorragendem Klavierspiel in der Kirche kommen. Am Samstagabend hatte völlig unerwartet Reverend John Brinkley bei den McAbbertys vorbeigeschaut. Er hatte überaus höflich gefragt, ob er Miss O'Brian sehen dürfte und unter Mrs. McAbbertys Argusaugen erlaubte die alte Dame, dass er sich mit ihr im Salon zusammensetzen durfte.
Trudi McAbberty hatte so ihre ganz eigenen Pläne für ihre junge Freundin und in denen hatte der schlaksige, rothaarige John Brinkley keinen Platz.
Der Reverend machte Miss Finney zuerst ein paar ungelenke Komplimente über ihr Klavierspiel bei denen man nicht so recht wusste, ob es nun wirklich Komplimente waren oder vielleicht doch eher versteckte Kritik, bevor er endlich zum wahren Grund seines Besuchs kam.
Die Schulmeisterin, die gewöhnlich den Sonntagsschulunterricht für Green Hollows hoffnungsvollen Nachwuchs gab, war momentan nicht in der Stadt und Bess Aldridge, die sonst ehrenhalber dieser Aufgabe nachkam,
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