Die besten Freunde meines Lebens - Roman
sogar in die verdammten Gartenbücher einlesen, die sie sich aus der Leihbibliothek besorgt hatte.
Nachdem sie die Vorhänge zugezogen hatte, schaltete sie den Fernseher ein – in dieser Reihenfolge, immer in dieser Reihenfolge – und spähte in den Kühlschrank. So viel zur Weinauswahl: eine halbe Flasche Pinot Grigio und zwei Dosen Peroni.
Mit einem Auge auf den Bildschirm blickend, machte sie es sich auf dem Sofa bequem und blätterte durch Alan Titchmarshs Das Jahr des Gärtners .
Das Telefon begann in genau demselben Moment zu klingeln, als Davids Hausalarmanlage anging. Dreißig Sekunden Zeit, um das Schrillen abzustellen, bevor hier die Hölle los sein würde.
Das Telefon musste warten. Wahrscheinlich würde sich am anderen Ende sowieso niemand melden.
Bis er den Sicherheitscode eingetippt hatte, war das Telefon verstummt, und David merkte, wie er sich wieder entspannte. Mit eingezogenem Kopf rannte er zum Wagen zurück, hob das eine Kind heraus, dann das andere, trug beide ins Haus und legte sie jeweils auf ein Sofa, ehe er zurückeilte, um die Taschen der Kinder zu holen und den Wagen abzuschließen.
Sobald er wieder im Haus war, begann das Telefon erneut zu klingeln.
»Da-addy …«
»Gleich«, versprach er. »Ich gehe nur kurz ans Telefon.«
»Hallo?«
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie an einem Sonntag störe. Ich würde gern mit David Morrison sprechen.«
Die Stimme gehörte einer Frau. Nicht alt, aber auch nicht mehr ganz jung. In den späten Fünfzigern. Jedenfalls klang sie nicht so, als wollte sie ihm irgendetwas andrehen.
»Am Apparat«, sagte er.
»Ah, ähm, gut. Ich meine … gut, dass ich Sie gefunden habe«, sagte die Frau. »Es hat Wochen gedauert. Und dann war ich mir nicht sicher, ob das die richtige Nummer ist.«
»Da-addy!«
Herrgott, dachte David, komm endlich zur Sache. »Gut, Sie haben mich gefunden«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
»Nun ja. Sie kennen mich nicht. Aber mein Name könnte Ihnen bekannt sein. Ich heiße – oder hieß – Lynda Webster.«
Angestrengt überlegte David. Nein, er kannte keine Frau dieses Namens.
»Lynda Webster?«, wiederholte die Frau, diesmal fragend.
Als klar wurde, dass ihm der Name nichts sagte, räusperte sie sich, und als sie dann weitersprach, klang sie nicht mehr nervös, sondern traurig. »David, ich bin Niccis Mutter.«
David legte auf. Es war keine Absicht. Es war instinktiv.
Unmittelbar darauf läutete das Telefon abermals.
»Verzeihung«, sagte er. »Ich weiß nicht, warum ich aufgelegt habe.«
»Nicci muss Ihnen schreckliche Dinge über mich erzählt haben …«
»Sie hat mir nichts erzählt«, erwiderte David. »Sie waren nicht gerade ein willkommenes Thema. Ich wusste nicht einmal, ob Sie noch am Leben sind.«
Brutal, dachte er. Aber im Grunde war es ihm egal. Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen, als würde die Frau diese Möglichkeit in Erwägung ziehen. Und dann ein Seufzen.
»Wussten Sie, dass Nicci eine Mutter hatte?«
»Da-aady!«
»Tut mir leid, die Mädchen …« David hielt inne, wurde sich plötzlich bewusst, dass er zum ersten Mal mit der Großmutter seiner Kinder sprach. »Ich habe jetzt keine Zeit. Geben Sie mir eine Nummer, wo ich Sie erreichen kann. Ich werde dann zurückrufen, sobald die Mädchen im Bett sind.«
Die Stille am anderen Ende verriet, dass sie ihm nicht glaubte.
»Ganz sicher, Lynda«, sagte er. Es hörte sich falsch an; viel zu familiär. »Schauen Sie, Mrs. Webster, Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen können. Ich habe also keine Wahl.«
Sie murmelte irgendetwas Unverständliches.
»Geben Sie mir Ihre Nummer«, wiederholte er. »Ich werde zurückrufen. Aber wohl erst gegen sieben Uhr oder später. Kommt darauf an, wie lange es dauert, bis ich die beiden ins Bett gebracht habe.«
»Wie heißen die Kinder?«, fragte die Frau vorsichtig.
David zögerte.
»Charlie und Harrie«, sagte er, bevor er zum zweiten Mal auflegte.
12. Kapitel
Die Kinder waren völlig überdreht und wollten partout nicht ins Bett gehen. Es war, als wäre die ganze Anspannung dieses Tages in ihre Poren gesickert, zusammen mit dem Salz, dem körnigen Sand und dem Teer. Als sie nach zwei Geschichten und endlosem Gequengel endlich eingeschlafen waren, hatte David kaum Zeit, sich einen ordentlichen Brandy einzuschenken, ehe das Telefon erneut läutete. Diesmal wusste er, dass jemand am anderen Ende der Leitung sein würde.
»Ich habe doch gesagt, dass ich zurückrufe«, fuhr er
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