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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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entschlossen, dem Staatsanwalt eine tolle Show zu bieten. Eine blonde Kommissarin schrieb auf meine Bitte hin ihren Namen in mein Notizbuch, in einem Gekritzel, das ich bis heute nicht entziffern konnte. An einem Computer saß eine Stenographin.
    Hinter dem Schreibtisch saß der Oberstaatsanwalt von Perugia persönlich, Giuliano Mignini. Er war ein kleiner Mann mittleren Alters, sehr gepflegt, das fleischige Gesicht sorgfältig rasiert. Er trug einen blauen Anzug und die Haltung des kultivierten Italieners, mit einer Ausstrahlung persönlicher Würde, glatten, präzisen Bewegungen und ruhiger, angenehmer Stimme. Er verlieh mir den Ehrentitel dottore , der in Italien größten Respekt ausdrückt, und sprach mich mit ausgesuchter Höflichkeit an. Ich habe das Recht auf einen Dolmetscher, erklärte er mir, aber es könnte Stunden dauern, einen zu finden, was mich bedauerlicherweise sehr aufhalten würde. Seiner Meinung nach sprach ich aber fließend Italienisch. Ich fragte ihn, ob ich einen Anwalt brauchte, und er erklärte, dass es zwar mein gutes Recht sei, einen Anwalt hinzuzuziehen, aber wirklich nicht nötig, weil sie mir lediglich einige routinemäßige Fragen stellen wollten.
    Ich hatte schon entschieden, mich nicht auf die journalistische Schweigepflicht bezüglich vertraulicher Quellen zu berufen. Im eigenen Land um die eigenen Rechte zu kämpfen ist eine Sache, aber ich hatte nicht die Absicht, in einem fremden Land quasi aus Prinzip ins Gefängnis zu gehen.
    Seine Fragen waren sanft und beinahe schüchtern vorgebracht. Die Sekretärin tippte die Fragen und meine Antworten in den Computer. Manchmal formulierte Mignini meine Antworten in besseres Italienisch um, vergewisserte sich aber stets fürsorglich, ob ich das auch wirklich hatte sagen wollen. Zunächst sah er mich kaum an, hielt den Blick auf seine Notizen und Unterlagen gesenkt und warf ab und zu einen Blick über die Schulter, um nachzusehen, was auf dem Bildschirm der Stenographin erschien.
    Am Ende der Befragung würde man mir sowohl das Protokoll der Vernehmung als auch eine Kopie der »Aussage« verweigern, die ich unterschreiben musste. Ich machte mir sofort nach der Vernehmung Notizen und erstellte zwei Tage später ein ausführliches Gedächtnisprotokoll, und darauf beruht folgende Wiedergabe des Verhörs.
    Mignini stellte mir viele Fragen über Spezi und hörte sich die Antworten stets mit respektvollem Interesse an. Er wollte wissen, was für Theorien wir über den Fall der Bestie hätten. Er fragte eingehend nach einem von Spezis Anwälten, Alessandro Traversi. Wusste ich, wer das war? Hatte ich ihn kennengelernt? Hatte Spezi je mit mir über Traversis rechtliche Strategie gesprochen? Wenn ja, wie sah diese aus? Nach letzterem Punkt fragte er besonders beharrlich, da er offenbar unbedingt erfahren wollte, was ich möglicherweise über Spezis Verteidigung wusste. Ich konnte wahrheitsgemäß sagen: Nichts. Er ratterte Listen von Namen herunter und fragte, ob ich sie schon einmal gehört hätte. Die meisten der Namen sagten mir nichts. Andere, wie Calamandrei, Pacciani und Zaccaria, kannte ich.
    So ging das eine Stunde lang, und ich fühlte mich allmählich sicher. In mir keimte sogar die Hoffnung auf, ich könnte rechtzeitig hier herauskommen, um mit meiner Frau und den Kindern zu Mittag zu essen.
    Dann fragte Mignini, ob ich den Namen Antonio Vinci schon einmal gehört hätte. Ein leichter Schauer überlief mich. Ja, sagte ich, den Namen kenne ich. Woher kannte ich ihn, und was wusste ich über ihn? Ich erklärte, dass wir ihn interviewt hätten, und beschrieb auf weitere Fragen hin die genauen Umstände. Dann wandte sich die Befragung der Waffe der Bestie zu. Hatte Spezi die Waffe je erwähnt? Welche Theorien hatte er darüber? Ich erzählte ihm von unserer Überzeugung, dass die Waffe den Kreis der Sarden nie verlassen hatte und dass einer von ihnen schließlich zur Bestie geworden war.
    Jetzt ließ Mignini plötzlich den sanften Tonfall fallen, und seine Stimme wurde zornig. »Sie sagen also, dass Sie und Spezi an dieser Meinung festhalten, obwohl Richter Rotella die Verfolgung der Sardinien-Spur neunzehnhundertachtundachtzig eingestellt hat und die Sarden offiziell von jeder Verbindung zu dem Fall entlastet wurden?«
    Ich sagte, ja, an dieser Meinung hielten wir fest.
    Migninis nächste Fragen bezogen sich auf unseren Besuch der Villa. Jetzt wurde sein Tonfall noch finsterer, vorwurfsvoll. Was hatten wir dort gewollt? Wo waren wir

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