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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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sagen, oder ihn belügen? Das erschien mir nicht besonders klug. »In der Via Ghibellina.«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind – wir kommen zu Ihnen.«
    Ich blickte mich um. In diesem Teil der Stadt kannte ich mich nicht gut aus, und auf den schmalen Straßen waren kaum Touristen unterwegs. Das war nicht gut. Ich wollte Zeugen – amerikanische Zeugen.
    »Treffen wir uns doch auf der Piazza della Signoria«, entgegnete ich, denn das war der belebteste Ort in Florenz, der mir einfiel.
    »Wo? Das ist ein großer Platz.«
    »An der Stelle, wo Savonarola verbrannt wurde. Da ist eine Gedenktafel.«
    Schweigen. »Diese Stelle ist mir nicht bekannt. Treffen wir uns lieber am Eingang zum Palazzo Vecchio.«
    Ich rief Christine an. »Ich fürchte, heute Morgen kann ich dir keinen Kaffee bringen.«
    Ich kam früh an, spazierte über die Piazza und dachte angestrengt nach. Als Amerikaner, der obendrein Autor und Journalist war, hatte ich mich stets in einem selbstgefälligen Gefühl der Unverwundbarkeit gesonnt. Was konnten sie mir schon antun? Jetzt fühlte ich mich nicht mehr so unantastbar.
    Zum vereinbarten Zeitpunkt sah ich zwei Männer, die sich zielstrebig durch die Touristenmassen wanden. Sie trugen legere Jeans, schwarze Schuhe und blaue Jacketts und hatten die Sonnenbrillen aufs kurzgeschorene Haar hochgeschoben. Sie waren in borghese , in Zivil, doch schon aus hundert Metern Entfernung sah ich ihnen an, dass sie Polizisten waren.
    Ich ging auf sie zu. »Ich bin Douglas Preston.«
    »Kommen Sie mit.«
    Die beiden Polizisten führten mich in den Palazzo Vecchio und überreichten mir in dem prächtigen Renaissance-Innenhof mit Vasaris Fresken eine Vorladung. Ich hatte zur Befragung beim Oberstaatsanwalt von Perugia, Giuliano Mignini, zu erscheinen. Der Kommissar erklärte mir höflich, dass ein Nichterscheinen ein schweres Vergehen wäre; in diesem Fall würden sie bedauerlicherweise gezwungen sein, zu kommen und mich zu holen.
    »Unterschreiben Sie hier, dass Sie dieses Schriftstück erhalten und verstanden haben, was darin steht und wozu Sie verpflichtet sind.«
    »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, worum es eigentlich geht.«
    »Das werden Sie morgen in Perugia erfahren.«
    »Sagen Sie mir wenigstens eines: Geht es um die Bestie von Florenz?«, fragte ich.
    »Bravo«, sagte der Polizist. »Jetzt unterschreiben Sie.«
    Ich unterschrieb.
    Ich rief Spezi an, der zutiefst schockiert und besorgt war. »Ich hätte nie damit gerechnet, dass sie gegen dich vorgehen würden«, sagte er. »Fahr nach Perugia und beantworte ihre Fragen. Sag ihnen das, wonach sie dich fragen, aber nicht mehr – und lüg um Himmels willen nicht.«

Kapitel 46
    Am nächsten Tag fuhr ich mit Christine und unseren beiden Kindern nach Perugia, am Ufer des Trasimenischen Sees vorbei. Perugia, eine wunderschöne und sehr alte Stadt, liegt auf einem unregelmäßig geformten, felsigen Hügel im oberen Tibertal, umgeben von einer Wehrmauer, die zum Großteil noch erhalten ist. Perugia ist schon lange ein Zentrum des Wissens in Italien und hat eine ganze Reihe Universitäten und Schulen, von denen einige über fünfhundert Jahre alt sind. Christine hatte vor, sich mit den Kindern die Stadt anzusehen und zu Mittag zu essen, während ich vernommen wurde. Ich war inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass die ganze Vernehmung nur ein Bluff war, ein primitiver Versuch, mich einzuschüchtern. Ich hatte nichts Falsches getan und kein Gesetz gebrochen. Ich war Journalist und Schriftsteller. Italien war ein zivilisiertes Land. Jedenfalls sagte ich mir das immer wieder auf der Fahrt dorthin.
    Die Büros der Procura, der Staatsanwaltschaft, lagen in einem modernen Travertin-Gebäude unmittelbar außerhalb der uralten Stadtmauer. Man führte mich in einen angenehmen Raum in einem der oberen Stockwerke. Durch die Fenster hatte man einen Ausblick auf die herrliche Landschaft Umbriens, neblig und grün hinter einem Nieselschleier. Ich hatte mich schick angezogen und trug demonstrativ eine zusammengefaltete Ausgabe der International Herald Tribune unter dem Arm.
    In dem Raum befanden sich fünf Personen. Ich fragte nach ihren Namen und schrieb sie mir auf. Einer der Polizisten, die mich vorgeladen hatten, ein Kommissar namens Castelli, war zu diesem wichtigen Anlass modisch gekleidet mit einem schwarzen Sportsakko und schwarzem Hemd, dazu jede Menge Haargel. Ein kleiner, extrem angespannter Polizeidirektor namens Mora mit orangerotem Toupet war offensichtlich fest

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