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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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selbst – die Stadt, die feststellen muss, dass sie eine Bestie beherbergt.«
    Spezi erklärte ihr, warum er nicht glaubte, dass Francesco Vinci die Bestie war. »Alles, was sie gegen ihn in der Hand haben, ist die Tatsache, dass er der Geliebte der ersten Ermordeten war, dass er seine Freundinnen misshandelt und ein Ganove ist. Meiner Ansicht nach spricht all das eher für seine Unschuld.«
    »Warum?«, fragte Torrini.
    »Er mag Frauen. Er hat großen Erfolg bei den Frauen, und das allein überzeugt mich schon davon, dass er nicht die Bestie ist. Er schlägt sie, aber er bringt sie nicht um. Die Bestie zerstört Frauen. Der wahre Mörder hasst Frauen, weil er sie will und nicht haben kann. Das ist seine Frustration, das Element, das seiner Meinung nach sein Leben ruiniert, also will er Frauen körperlich in Besitz nehmen, auf die einzige Art, die ihm möglich ist – indem er ihnen das Körperteil raubt, das ihre Weiblichkeit am besten versinnbildlicht.«
    »Was Sie da glauben«, sagte Torrini, »müsste bedeuten, dass die Bestie impotent ist. Vermuten Sie das?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Was denken Sie über die rituellen Aspekte der Morde, etwa die sorgsame Anordnung der Leichen? Da war zum Beispiel dieser Ast von einem Weinstock in der Vagina, der an die Worte im Johannesevangelium erinnert, dass Jesus ›jede Rebe, die keine Frucht bringt, entfernt‹? Was halten Sie von der Hypothese vom Mörder, der Pärchen für außerehelichen Sex bestraft?«
    Spezi blies eine Rauchfahne zur Decke hinauf und lachte. »Das ist nur dummes Geschwätz. Wissen Sie, warum er einen alten Ast von einem Weinstock genommen hat? Wenn Sie sich die Fotos vom Tatort ansehen, werden Sie erkennen, dass der Wagen direkt an einem Weinberg stand! Er hat einfach den ersten Ast genommen, den er finden konnte. Dass er ein Stück Holz benutzt, um eine Frau praktisch zu vergewaltigen, bestätigt meine Vermutung, dass er nicht gerade Superman ist. Er hat keines seiner Opfer vergewaltigt, wahrscheinlich weil er das nicht kann.«
    Gegen Ende des Abends schlug Spezi sein Buch auf und las die letzte Seite laut vor. »Viele Ermittler sind der Ansicht, der Fall der Bestie von Florenz sei abgeschlossen. Doch falls Sie mich nach einem Abendessen in netter Runde fragen würden, was ich davon halte, würde ich Ihnen die Wahrheit sagen: dass ich am Sonntagmorgen stets mit einem scheußlichen Gefühl in der Magengegend ans Telefon gehe, wenn es klingelt. Vor allem, wenn wir in der vorangegangenen Samstagnacht Neumond hatten.«
    Nachdem Mario das Buch auf den Tisch gelegt hatte, senkte sich Stille auf die Terrasse mit Ausblick über die Florentiner Hügel herab.
    Und dann klingelte das Telefon.
    Es war ein Leutnant der örtlichen Carabinieri, einer von Spezis Kontakten. »Mario, sie haben gerade zwei Leichen in einem VW-Campingbus gefunden, in Giogoli, oberhalb von Galluzzo. … Die Bestie? Ich weiß es nicht. Die Opfer sind zwei Männer. Aber wenn ich du wäre, würde ich mir das mal ansehen.«

Kapitel 12
    Um nach Giogoli zu kommen, fuhren Spezi und Torrini eine Straße entlang, die hinter dem Kloster La Certosa einen steilen Hügel emporsteigt. Diese Straße heißt Via Volterrana und ist eine der ältesten in Europa, vor dreitausend Jahren von den Etruskern erbaut. Oben angekommen, beschreibt die Via Volterrana eine sanfte Kurve und führt dann am Hügelkamm entlang. Direkt rechts davon liegt eine zweite Straße, Via di Giogoli, eine schmale Landstraße zwischen bemoosten Mauern. Die Mauer zur Rechten umschließt das Anwesen Villa Sfacciata, das der adligen Familie Martelli gehörte. Sfacciata bedeutet auf Italienisch »frech« oder »unverschämt«, und die geheimnisvolle Bezeichnung war mindestens fünfhundert Jahre alt – jedenfalls hieß die Villa schon so, als sie den Mann beherbergte, der Amerika den Namen geben würde.
    Die linke Mauer an der Via di Giogoli gehört zu einem großen Olivenhain. Etwa fünfzig Meter nach dem Anfang der Landstraße, fast auf Höhe der Villa, hatte diese Mauer eine Lücke als Einfahrt für landwirtschaftliche Fahrzeuge zum Hain. Dahinter lag ein ebener Bereich, von dem aus man eine bezaubernde Aussicht über das Hügelland südlich von Florenz mit all seinen uralten Burgen, Türmen, Kirchen und Villen hatte. Ein paar hundert Meter weiter auf dem nächsten Hügel steht ein berühmter romanischer Turm, der als Sant’Alessandro a Giogoli bekannt ist. Auf dem Hügel daneben ragt eine prächtige Villa aus dem sechzehnten

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