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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Vorfahren Capponis gerichtet und ersuchte um zweitausend Soldaten und so viele Arkebusiere wie nur möglich für König Heinrichs Armee. Der Brief war von Heinrich höchstselbst unterzeichnet, und an dem Dokument baumelte etwas Braunes, Wächsernes von der Größe einer zerquetschten Feige.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Das ist das Große Siegel von Heinrich dem Achten. Ridley hat bei dem Anblick gewitzelt, es sehe eher aus wie Heinrichs linker Hoden. Ich habe ihm eine Kopie davon gemacht. Von dem Dokument, meine ich.«
    Wir gingen von der Bibliothek in den Gran Salone, den eigentlichen Empfangssaal des Palastes, wo Hannibal Lecter Cembalo spielt, während Inspektor Pazzi ihn von der Via de’Bardi unterhalb des Salons belauscht. Jetzt stand im Salone allerdings ein Klavier, kein Cembalo. Der Raum war mit düsteren Porträts, phantastischen Landschaften, marmornen Büsten, Rüstungen und Waffen geschmückt. Weil das Beheizen eines so riesigen Raums sehr teuer ist, bewegte sich die Temperatur knapp oberhalb der einer sibirischen Folterkammer.
    »Die meisten Rüstungen sind nicht echt«, erklärte der Graf mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Aber diese Rüstung da drüben, das ist eine sehr gute. Sie stammt aus den fünfzehnhundertachtziger Jahren. Wahrscheinlich hat sie Niccola Capponi gehört, der Ritter im Orden des heiligen Stephan war. Früher einmal hat sie mir gut gepasst. Sie ist recht leicht. Ich konnte darin Liegestütze machen.«
    Aus einem Raum, der tiefer im Palast verborgen war, drang lautes Babygeschrei zu uns, und die Gräfin eilte davon.
    »Das sind hauptsächlich Medici-Porträts. Wir haben fünf Hochzeiten mit Medicis in der Familie. Ein Capponi wurde mit Dante ins Exil geschickt. Allerdings hat Dante wohl eher verächtlich die lange Nase über uns gerümpft. Wir gehörten damals, wie Dante schrieb, zu la gente nova e i subiti guadagni – ›den neuen Leuten und den plötzlich reich gewordenen‹. Neri Capponi half nach 1434, nach dem Exil, Cosimo de’Medici nach Florenz zurückzuholen. Das war eine äußerst profitable Allianz für unsere Familie. Wir waren deshalb so erfolgreich in Florenz, weil wir niemals die allererste Familie waren. Wir waren stets zweite oder dritte. Es gibt ein Florentiner Sprichwort: ›Der Nagel, der herausragt, wird wieder eingeschlagen.‹«
    Die Gräfin erschien mit einem Baby auf dem Arm – Francesca, benannt nach Francesca Capponi, einer großen Schönheit, die Vieri di Cambio de’Medici geheiratet hatte und im Alter von achtzehn Jahren im Kindbett gestorben war. Ihr rosenwangiges Porträt, das Pontormo zugeschrieben wird, hing im nächsten Saal.
    Ich fragte den Grafen, welcher seiner Vorfahren am berühmtesten sei.
    »Das wäre wohl Piero Capponi. In Italien kennt jedes Schulkind seine Geschichte. Sie ist so ähnlich wie die Geschichte von Washingtons Delaware-Überquerung – oft wiederholt und reichlich ausgeschmückt.«
    »Mein Mann hingegen spielt die Geschichte herunter, wie üblich«, bemerkte die Gräfin.
    »Ganz und gar nicht, meine Liebe. Die Geschichte wird tatsächlich größtenteils übertrieben.«
    »Sie ist größtenteils wahr.«
    »Wie dem auch sei: Vierzehnhundertvierundneunzig machte Karl der Achte von Frankreich sich mit seiner Armee auf den Weg, um Neapel zu erobern, und kam dabei an Florenz vorüber. Er sah eine Möglichkeit, rasch zu Geld zu kommen, und forderte eine gewaltige Summe von der Stadt. ›Wir werden in unsere Trompeten stoßen und euch angreifen‹, verkündete er, falls die Stadt nicht bereit sei, sich freizukaufen. Piero Capponis Antwort lautete: ›Dann werden wir die Glocken läuten‹, was bedeutete, dass er die Bürger zu den Waffen rufen wollte. Karl gab auf. Er soll damals gesagt haben: Capon, Capon, vous êtes un mauvais chapon. ›Kapaun, Kapaun, du bist ein böses Huhn.‹«
    »Hühnerwitze sind in der Familie recht beliebt«, merkte die Gräfin an.
    Der Graf erklärte: »Wir essen zu Weihnachten Kapaune. Ein wenig kannibalisch. Und da wir gerade beim Thema sind, will ich Ihnen zeigen, wo Hannibal Lecter seine Mahlzeiten eingenommen hat.«
    Wir folgten ihm in die Sala Rossa , einen eleganten Salon mit verhüllten Stühlen, ein paar verstreuten Tischchen und einem Buffetschrank mit Spiegeltüren. Die Wände waren mit roter Seide aus Kokons bezogen, die vor zweihundertfünfzig Jahren in der Seidenraupenzucht der Familie gewonnen worden waren.
    »Zu der Filmcrew gehörte eine bedauernswerte Frau«, erzählte die

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