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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Ein andermal haben wir uns gestritten, und ich habe ihn zu Boden gedrückt und ihm mein Tauchermesser an die Kehle gehalten, aber er konnte sich befreien, und ich habe mich im Bad eingeschlossen.«
    Wir hatten also die Bestätigung für ein wichtiges Detail, nämlich den Einbruch von 1974. Doch Antonio hatte ganz von sich aus – beinahe als Herausforderung – eine weitere entscheidende Tatsache hinzugefügt: dass er Vinci mit seinem »Tauchermesser« bedroht habe. Der Gerichtsmediziner im Fall der Bestie, Mauro Maurri, hatte Jahre zuvor festgehalten, dass die Klinge, die der Täter benutzte, ein Tauchermesser hätte sein können.
    Spezi fuhr mit seinen Fragen fort und kam unserem Ziel immer näher.
    »Was glauben Sie, wer den Doppelmord von neunzehnhundertachtundsechzig begangen hat?«
    »Stefano Mele.«
    »Aber die Pistole wurde nie gefunden.«
    »Mele hat sie vielleicht verkauft oder verschenkt, als er aus dem Gefängnis kam.«
    »Das ist unmöglich. Die Pistole wurde vierundsiebzig wieder benutzt, als Mele noch im Gefängnis saß.«
    »Sind Sie sicher? Daran habe ich bisher gar nicht gedacht.«
    »Es heißt, Ihr Vater sei neunzehnhundertachtundsechzig der Schütze gewesen«, fuhr Spezi fort.
    »Er war viel zu feige für so etwas.«
    Spezi fragte: »Wann haben Sie Florenz verlassen?«
    »Vierundsiebzig. Erst war ich auf Sardinien, danach am Comer See.«
    »Dann sind Sie hierher zurückgekehrt und haben geheiratet.«
    »So ist es. Ich habe eine Jugendliebe geheiratet, aber es hat nicht funktioniert. Wir haben neunzehnhundertzweiundachtzig geheiratet und uns fünfundachtzig wieder getrennt.«
    »Was hat nicht funktioniert?«
    »Sie konnte keine Kinder bekommen.«
    Das war die Ehe, die als nicht vollzogen annulliert worden war – wegen impotentia coeundi .
    »Und dann haben Sie wieder geheiratet?«
    »Ich lebe mit einer Frau zusammen.«
    Spezi schlug einen lockeren Tonfall an, als wolle er das Interview jetzt abschließen. »Darf ich Ihnen eine etwas provokante Frage stellen?«
    »Natürlich. Es kann aber sein, dass ich sie nicht beantworten werde.«
    »Es geht um Folgendes: Wenn die zweiundzwanziger Beretta Ihrem Vater gehörte, wäre es für Sie am leichtesten gewesen, sie sich zu nehmen. Etwa während des Hausfriedensbruchs im Frühjahr neunzehnhundertvierundsiebzig.«
    Antonio antwortete nicht sofort. Er wirkte nachdenklich. »Ich habe einen Beweis dafür, dass ich sie nicht genommen habe.«
    »Nämlich?«
    »Wenn ich sie in die Hände bekommen hätte« – er lächelte –, »hätte ich meinem Vater in den Kopf geschossen.«
    »Wenn man dieser Argumentation folgt«, fuhr Spezi fort, »waren Sie also von fünfundsiebzig bis achtzig nicht in Florenz, genau während der Zeit, als es keine Morde gab. Als Sie zurückkamen, fingen sie wieder an.«
    Antonio ging nicht direkt auf diese Feststellung ein. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, und sein Lächeln wurde breiter. »Das waren die besten Jahre meines Lebens. Ich hatte ein Haus, gut zu essen, und die vielen Mädchen …« Er pfiff durch die Zähne und machte eine Geste, die in Italien ›Ficken‹ bedeutet.
    »Dann sind Sie«, sagte Spezi nonchalant, »also nicht … die Bestie von Florenz?«
    Antonio zögerte nur kurz. Sein Lächeln wackelte keinen Moment. »Nein«, sagte er. »Ich mag meine Mösen lebendig.«
    Wir standen auf und verließen die Küche. Antonio brachte uns zur Tür. Als er sie öffnete, beugte er sich zu Spezi vor. Er sagte sehr leise und unverändert freundlich, wobei er allerdings zum »Du« überging: »Ach, Spezi, das hätte ich beinahe vergessen.« Dann nahm seine Stimme einen rauhen, drohenden Tonfall an. »Merk dir eines: Ich spiele keine Spielchen.«

Kapitel 36
    Spezi und ich reichten den Artikel über die Bestie von Florenz im Sommer 2001 beim New Yorker ein. Meine Frau, die Kinder und ich kehrten in die USA zurück, um den Sommer in einem ehemaligen Bauernhaus der Familie an der Küste von Maine zu verbringen. Ich stand den Sommer über mit unserem Redakteur beim New Yorker in Kontakt, während ich den Artikel überarbeitete und alle Fakten noch einmal nachprüfte. Als vorläufiger Erscheinungstermin war die dritte Septemberwoche geplant.
    Spezi und ich rechneten damit, dass der Artikel in Italien heftige Reaktionen auslösen würde. Die öffentliche Meinung hatte sich dort längst darauf festgelegt, dass Pacciani und seine Picknick-Freunde die Täter seien. Die meisten Italiener hatten außerdem Giuttaris Theorie geschluckt, dass

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