Die Bestien - Thriller (German Edition)
George schüttelte den Kopf. »Ekelhaft, wenn du mich fragst. Nach Wilmer kam Almus, das war etwa hundert Jahre, nachdem Wilmer gestorben war, und dann kam Craig, den du ja kennengelernt hast.«
Jim nickte.
»Womit wir bei Darlene sind«, sagte George. »Dem jüngsten Opfer dieses Fluchs.«
Darauf hatte Jim die ganze Zeit gewartet.
»Du kennst ihre missliche Lage. Die einzige Möglichkeit, sie von ihren Schmerzen zu erlösen, ist, dass jemand ihre Dose kauft.«
»Ich weiß«, sagte Jim mit trockenem Mund. »Das ist ja das Problem. Wenn ich sie ihr abkaufe, dann ist sie wirklich tot, richtig? Aber das will ich nicht. Es muss noch einen anderen Weg geben, sie zu erlösen, ohne dass sie stirbt.«
George sah Jim lange an. Trotz der Tatsache, dass George ein Geist war, war sein Blick durchdringend, und Jim fühlte, wie ihm die Luft ausgesogen wurde.
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Aber sie wird dir nicht gefallen.«
»Ich würde alles tun, um sie zu retten«, versicherte Jim.
»Das sagtest du bereits.«
»Es ist die Wahrheit.«
George lächelte. »Das weiß ich. Ich erkenne es in deinen Augen.«
George sah in den Himmel hinauf. Jim folgte seinem Blick.
»Kannst du all die Seelen sehen, die dort oben umherschweben? Sie sind wunderschön. Sie sind dort, wo sie sein sollten – in Freiheit.«
Alles, was Jim sehen konnte, waren ein klarer Himmel voller Sterne und ein runder, leuchtender Mond. Aber er zweifelte nicht an Georges Worten.
»Diejenigen, die von dem Fluch betroffen sind, haben zwei Dinge gemeinsam«, fuhr George fort und wandte seinen Blick wieder Jim zu. »Das erste ist die Gier. Die Strafe dafür ist, dass jemand anders ihre Dose kaufen muss, damit sie frei sein können. Das zweite ist der Schmerz. Nicht nur physischer Schmerz, sondern eine viel tiefere Qual – normalerweise laufen die Menschen, die bereit sind, sich von ihrem Geld zu trennen, um eine Seele zu kaufen, vor irgendetwas davon oder haben irgendein Geheimnis, für das sie sich zutiefst schämen. Ich bin vor meiner Vergangenheit weggelaufen und davor, dass ich gegen die Prinzipien gehandelt habe, die meine Eltern mich gelehrt hatten. Das hat zur Folge, dass diese Menschen, wenn sie zurückkommen, von der einen Sache verfolgt werden, die ihr Gewissen am meisten belastet. In Darlenes Fall ist das ihr Baby. Sie schämt sich dafür, oder, richtiger gesagt, dafür, wie es entstanden ist. Sie kann es weinen hören, ganz gleich, wohin sie auch geht, und es wird nicht aufhören, sie zu verfolgen, solange sie nicht von ihrem Fluch erlöst wurde.
Wenn du wirklich alles tun willst, um sie zu retten, dann musst du selbst sterben und als seelenloses Wesen zurückkehren. Aber zuerst musst du dich deiner Vergangenheit stellen oder dem, wovor du davonläufst. Du musst bereit sein, deine schlimmsten Qualen erneut zu durchleben, die dich heimsuchen und dich nachts nicht schlafen lassen. Um Darlene zu retten, musst du deine eigene persönliche Hölle durchleben.«
Jim schaute ausweichend auf die Straße. In seinem Kopf begann es, im selben, rasenden Rhythmus zu pochen wie sein Herz.
»Wenn du das tust, wird Darlene von ihrem Fluch befreit werden, und er wird auf dich übergehen. Das ist sie. Das ist die einzige Möglichkeit, wie du sie retten kannst – denn falls du dich erinnerst: Eine Seele muss die andere ersetzen.«
Jim sah auf. Durch die Tränen wirkten Georges Umrisse ganz verschwommen. Jim wischte sich über die Augen. »Dann wird sie wieder leben? Sie wird keine Schmerzen mehr haben?«
George nickte.
Jim hatte schon früher große Angst durchlebt. Zum Beispiel damals, als der Wärter die Zellentür zugeknallt und mit einem grausamen Lachen gesagt hatte: »Willkommen zu Hause.« Oder an jenem Tag, als er einen Knoten in seinem rechten Hoden ertastete und dachte, dies sei sein Ende – letztlich hatte er sich als einfache Zyste herausgestellt. Solche Momente hatten sich für Jim wie ein eiskalter Schlag in die Magengegend angefühlt. Aber als er nun am Straßenrand stand, während der warme Windhauch sanft über seine schwitzende Haut strich und er sich tief in seinem Herzen fragte, ob er wirklich tun konnte, was George ihm offenbart hatte, durchfuhr Jim ein geradezu tödlicher Schreck. Wie ein Kind, das Angst vor der Dunkelheit hat und hört, wie sich die Schranktür mitten in der Nacht quietschend öffnet, hatte Jim in seinem ganzen Leben noch nie so viel Angst gehabt wie in diesem Moment.
»Ich verstehe, wenn du es nicht tun
Weitere Kostenlose Bücher