Die Bestien - Thriller (German Edition)
nicht immer da gewohnt. Sie sind dort hingezogen, als Helens Sucht schlimmer wurde, sie ihren Job im Verlag verlor und schließlich sogar in Motels putzte, um ihre Drogen und ihren Alkohol bezahlen zu können.
Jim ist mit fünfzehn von zu Hause weggegangen – oder besser gesagt, rausgeschmissen worden – und hat die letzten fünf Jahre allein gelebt. Seine Mutter meinte, er übe einen schlechten Einfluss auf seine kleine Schwester aus, deshalb musste er seine Sachen packen. Irgendwie lächerlich, wenn man sich jetzt anschaut, wie steil es mit seiner Mutter bergab gegangen ist. Aber kein Gericht der Welt würde Jim mit seinem Vorstrafenregister das Sorgerecht geben – und er macht ihnen daraus keinen Vorwurf. Nicht, dass er sich nicht um Suzie kümmern will – er liebt sie mehr als alles andere auf der Welt, mehr als seine Mutter, mehr als den Alkohol, mehr als irgendeine der Frauen, die er auch manchmal als seine Freundinnen bezeichnet –, er ist nur nicht der Ansicht, dass er sie seinem beschissenen Leben aus kleinen Verbrechen und wilden Partys aussetzen sollte. Seine Mutter mag vielleicht eine kokainabhängige Alkoholikerin sein, aber zumindest ist sie im Gegensatz zu ihrem lieben Sohn noch nicht so tief gesunken, dass sie Banken und Schnapsläden ausraubt – wie gesagt, noch nicht. Alles in allem ist sie eine fähige Mutter und besser für Suzie, als Jim je sein könnte, und in Wahrheit ist Suzie so verflucht schlau, dass sowohl Jim als auch seine Mutter sich beinahe schämen. Wie sie in dieser Familie so klug werden konnte, ist eines der großen Rätsel des Lebens. Jim denkt oft, dass Suzie diejenige ist, die die Dinge in diesem Haus zusammenhält, und dass sie es ist, die sich um ihre Mutter kümmert, nicht umgekehrt.
Jim steht regelmäßig mit Suzie und Helen in Kontakt – sogar noch häufiger, seit sie näher hergezogen sind – und er weiß über die Freunde seiner Mutter Bescheid. Die meisten waren bisher absolut harmlos, Taugenichtse ohne Perspektive. Loser, die sich schon öfter haben scheiden lassen, als Jim betrunken war. Typen, denen es egal ist, dass Helen eine zwölfjährige Tochter und ein Kokainproblem hat: Helen Clayton-Jackson lockt nur sehr selten anständige, aufrichtige Männer mit guten, sicheren Jobs an.
Es hat durchaus Vorteile, dass er nur zwanzig Minuten von seiner Familie entfernt wohnt – der erste ist, dass er Suzie sehen kann, wann immer er will. Sie liebt es, wenn ihr großer Bruder vorbeikommt, liebt es sogar noch mehr, wenn er ihr Geschenke mitbringt – die er mit schmutzigem Geld gekauft hat, aber das soll sie nie erfahren. Er freut sich sogar, dass er Helen nun öfter sieht, trotz ihrer schwierigen Beziehung, die manchmal recht hitzig wird, wenn es um Themen wie Geld, Alkohol und ihre Freunde geht. Denn, und das ist die reine Wahrheit, einige der Männer, mit denen sie verkehrt, sind alles andere als Gentlemen und der Anwendung von Gewalt nicht abgeneigt, wenn sie ihr Footballspiel im Fernsehen nicht sehen können oder nicht genügend Bier im Kühlschrank steht. Jim macht es nichts aus, ihr zu Hilfe zu kommen, wenn diese Dinge passieren – Suzies Sicherheit liegt ihm mehr am Herzen als irgendetwas sonst –, aber die Nachteile, wenn man so nah beieinander wohnt, sind die Anrufe um zwei Uhr morgens, seine weinende Mutter, die ihn anfleht, vorbeizukommen und den Scheißkerl davon abzuhalten, sie weiter zu verprügeln. Jim fährt jedes Mal hin. Er muss nur an Suzies unschuldiges Gesicht denken, dann spielt es keine Rolle, wie spät es ist, mit wem er gerade im Bett ist oder wie viel Alkohol er getankt hat. Er ist da. Es ist auch keine große Überraschung, dass Helen ihn anruft – er mag zwar erst zwanzig sein, aber er ist 1,96 Meter groß und gebaut wie ein professioneller Ringer. Ihre Freunde machen sich jedes Mal vor Angst in die Hose, wenn Jim auftaucht, und die meisten sind am nächsten Morgen wieder verschwunden. Dann ruft Helen ihn an und brüllt ihn an, beschimpft ihn und gibt ihm die Schuld daran, dass Frank oder Derek oder Mike oder wer zur Hölle auch immer sie verlassen hat.
Jim ist das egal. Die Männer rühren Suzie nicht an – außer das eine Mal, als dieser Typ, Hank, Suzie eine geknallt hat; als sie weinte, weil sie mit ansehen musste, wie er ihre Mom verprügelte. Hank konnte danach lange Zeit nur noch flüssige Nahrung zu sich nehmen und seine linke Hand zittert auch heute noch ständig. Jim toleriert die schlechten Angewohnheiten seiner Mom und
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