Die Bestien von Belfast
hörte.
»Bleiben wir optimistisch, Karl. Ich möchte auf jeden Fall, dass Sie sich ballaststoffreich ernähren und etwas Sport treiben. Das bedeutet, den inneren Schweinehund so oft wie möglich überwinden und zu Fuß gehen.«
»Passen Sie auf.«
»Wenn das nicht hilft, gibt es noch andere Möglichkeiten: Ich kann kleine elastische Bänder um die Hämorrhoiden spannen, sodass sie schrumpeln und veröden …«
»Ist das Ihr Ernst? Dass ich mit Gummibändern im Arsch hier rausspaziere? Im Leben nicht …«
»Oder ich könnte eine Substanz in die Hämorrhoiden spritzen, die sie verödet. Das nennt man Sklerotherapie. Alternativ ließe sich das Problem auch einfach wegschneiden, in aller Regel unter Vollnarkose.«
»Das könnte Ihnen so passen, was? Als Rache dafür, dass Sie aufs falsche Pferd gesetzt haben.«
»Ich habe die Ergebnisse hoffentlich in etwa einer Woche. Bis dahin sollten Sie aufhören zu rauchen.«
»Aufhören zu rauchen?«
Karl schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle sehr, dass ich einfach so aufhören kann zu rauchen. Wie wäre es, wenn ich nächste Woche damit anfange? Die letzten Tage waren ausgesprochen stressig, Jim, und ich muss am Freitag zu einer Beerdigung.«
»Sie sollten das ernst nehmen, Karl, sonst müssen Sie vielleicht bald zu Ihrer eigenen Beerdigung. Geben Sie das Rauchen auf. Sofort. Das ist ein Befehl, kein Rat. Ich verschreibe Ihnen Nikotinpflaster. Die helfen Ihnen, von den Glimmstängeln wegzukommen.«
»Pflaster sind was für Weicheier.«
»Aber für den Anfang nicht schlecht. Bis dahin, nicht mehr rauchen. Wir reden nächste Woche weiter.«
Draußen, auf der Straße, betrachtete Karl noch einmal die rätselhafte Textnachricht.
Du. Chrchr. Hb 8 ! Wo Cnd?
Er drückte eine kleine Taste an dem Gerät. Kein Netz, lautete die Antwort. Die Nachricht weckte ein mulmiges Gefühl in ihm, wie etwas Bedrohliches in seinem toten Winkel.
Er stieg ins Auto und schaltete das Radio ein. Im Rückspiegel sah er eine Gestalt, die an der Bushaltestelle auf der anderen Straßenseite Zeitung las.
»Die hiesigen Busverbindungen müssen wirklich beschissen sein. Dich habe ich schon vor einer Stunde an derselben Stelle gesehen, bevor ich zu der Untersuchung gegangen bin«, murmelte Karl bei sich.
Aus seiner Warte konnte Karl nicht genau erkennen, ob es sich bei der Person um einen Mann oder eine Frau handelte.
Er ließ den Motor an. Machte eine Wende auf die andere Straßenseite und fuhr langsam zu der Bushaltestelle. Als er dort ankam, war die Person verschwunden. Nur die Seiten der hastig weggeworfenen Zeitung flatterten im Wind wie die gebrochenen Schwingen einer Möwe.
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Kapitel Siebzehn
Mittwoch, 21 .Februar (Nachmittag)
»Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.«
Das erste Buch Mose 3 : 19
»Du schläfst. Hab acht! Wo ist der Hund?«, sagte Naomi, die die SMS in Karls Handy übersetzte.
»Bist du sicher?«
»Du. Chrchr. Hb 8 ! Wo Cnd?«,
wiederholte Naomi. »
Du
bist du. Das ist klar.«
»Klar.«
»
Chrchr
bedeutet schnarchen, also schlafen.
Hb 8
liegt ja wohl auch auf der Hand. ›Pass auf‹, wenn dir das lieber ist.«
»Wie dumm, dass ich das nicht sofort kapiert
hb
.«
»Spar dir den Sarkasmus, Karl, sonst kannst du das selbst entziffern.«
»O.K.
Wtr.
«
»Sehr witzig«, sagte Naomi, bevor sie mit ihrer Erklärung fortfuhr.
»
Cnd
ist die Abkürzung von Canide, also: ›Du schläfst. Hab acht! Wo ist der Hund?‹»
»Was ist denn das für ein Quatsch? Das ergibt gar keinen Sinn. Ich habe nicht mal einen Hund«, sagte Karl und ließ sich, nach der Begegnung mit Jims bohrendem Finger am Vormittag geistig wie körperlich erschöpft, aufs Sofa fallen.
»Könnte ein Betrugsversuch sein«, deutete Naomi an.
»Was?«
»Ein Betrugsversuch. Geht ganz leicht. Die schicken dir was, du wirst neugierig und antwortest. Ehe du dich versiehst, knöpfen die dir Unsummen an Telefongebühren ab. Ein ganz alter Trick. Du hast doch wohl nicht geantwortet, oder?«
»Was sollte ich denn antworten, wenn ich nicht mal kapiere, was der Blödmann eigentlich von mir will, Herrgott noch mal?«
»He! Du hast mich gebeten, das für dich zu entziffern. Du musst mir nicht gleich den Kopf abreißen.«
Karl schloss die Augen, atmete tief ein und langsam wieder aus.
»Es tut mir leid …«, brachte er schließlich heraus.
Naomi setzte sich neben ihn und hielt seine Hand. »Mir sollte es leidtun. Ich weiß, du hattest einen anstrengenden Tag beim Arzt, aber wenigstens
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