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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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hinter mir zufällt, fahre ich mir mit der Hand über die Stirn und muss trotz allem ein bisschen grinsen. Abgesehen von der peinlichen Situation ist es schön zu wissen, dass jemand einen mag.
    Es wäre zu schmerzlich, über die Familientreffen zu reden, deshalb sind die Abschlussergebnisse an diesem Abend unser einziges Thema. Aber jedes Mal, wenn jemand in meiner Nähe darauf zu sprechen kommt, blicke ich ins Leere und tue so, als wäre ich taub.
    Mein Rang ist vermutlich nicht so schlecht wie am Anfang, immerhin habe ich gegen Molly gewonnen, aber vielleicht nicht gut genug, um am Schluss unter die ersten zehn zu kommen, besonders wenn jetzt auch die Anfänger von den Ferox zu uns stoßen.
    Beim Abendessen sitze ich an einem Ecktisch zusammen mit Christina, Will und Al. Wir sind unangenehm nahe bei Peter, Drew und Molly, die sich am Nachbartisch niedergelassen haben. Als unsere Unterhaltung für kurze Zeit stockt, höre ich jedes Wort, das sie sagen. Sie zerbrechen sich die Köpfe über ihre Platzierungen, was mich nicht sehr überrascht.
    An unserem Tisch dreht sich das Gespräch um andere Dinge.
    » Du durftest keine Haustiere haben?«, fragt Christina ungläubig und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. » Warum denn nicht?«
    » Weil es unvernünftig ist«, antwortet Will nüchtern. » Welchen Sinn hat es, ein Tier zu füttern und zu hätscheln, das die Einrichtung verschmutzt, schlecht riecht und irgendwann stirbt?«
    Al und ich werfen uns Blicke zu, wie so oft, wenn Will und Christina anfangen zu streiten. Aber diesmal schauen wir gleich wieder weg. Ich hoffe, dieses peinliche Gefühl zwischen uns beiden legt sich bald. Ich möchte meinen guten Freund zurückhaben.
    » Die Sache ist die…« Christina legt den Kopf schräg. » Ein Haustier macht einfach Spaß. Ich hatte eine Bulldogge namens Chunker. Einmal haben wir ein ganzes Brathähnchen in der Küche stehen lassen, damit es kalt wird. Aber als meine Mutter ins Bad ging, hat Chunker es von der Anrichte geholt und aufgefressen, mit Haut und Knochen. Wir haben uns schlappgelacht.«
    » Das überzeugt mich natürlich völlig. Selbstverständlich möchte ich mit einem Tier zusammenleben, das mein Essen auffrisst und meine Küche ruiniert.« Will schüttelt den Kopf. » Warum kaufst du dir später nicht einfach einen Hund, wenn du so verrückt danach bist?«
    » Weil…« Christinas Lächeln ist plötzlich wie weggewischt. » Ich mag Hunde irgendwie nicht mehr.« Sie stochert mit der Gabel in ihren Kartoffeln. » Nicht nach dem… was im Eignungstest passiert ist.«
    Wir schauen einander an. Jeder weiß, dass wir nicht über den Test sprechen sollen, auch jetzt nicht, wo wir unsere Fraktion bereits gewählt haben, aber die anderen nehmen dieses Verbot offenbar nicht so ernst wie ich. Mein Herz klopft. Für mich ist diese Vorschrift eine Art Schutz, sie bewahrt mich davor, dass ich meine Freunde belügen muss. Jedes Mal, wenn ich an das Wort Unbestimmte denke, höre ich wieder Toris Warnung– und auch die Warnung meiner Mutter. Sag es niemandem. Es ist gefährlich.
    » Du meinst… weil du den Hund töten musstest?«, fragt Will.
    Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht. Diejenigen, die sich für die Ferox eignen, haben in der Simulation das Messer genommen und den angreifenden Hund erstochen. Kein Wunder, dass Christina jetzt keinen mehr will. Ich ziehe mir die Ärmel über die Handgelenke und verschränke die Finger.
    » Ja«, sagt sie, » ich nehme an, ihr alle musstet das machen, oder?«
    Sie sieht zuerst Al, dann mich an und sagt: » Du nicht.«
    » Hmm?«
    » Du verheimlichst etwas«, sagt sie. » Du zappelst auf deinem Stuhl herum.«
    » Wie bitte?«
    » Wir kommen von den Candor«, erklärt Al und stupst mich an der Schulter. Wie gut, jetzt fühlt es sich wieder ganz normal an. » Bei den Candor lernt man die Körpersprache zu lesen, damit man weiß, ob jemand lügt oder etwas verschweigt.«
    » Oh.« Ich kratze mich am Hinterkopf. » Tja also…«
    » Seht ihr, da ist es wieder!«, ruft Christina und zeigt auf meine Hand.
    Mein Herz hüpft wie wild. Wie schaffe ich es, die Wahrheit zu verheimlichen, wenn sie genau wissen, wann ich lüge? Meine Körpersprache ist verräterisch, also muss ich sie besser beherrschen. Ich lasse die Hände sinken und falte sie in meinem Schoß.
    Verhält man sich so als aufrichtiger Mensch?
    Wenigstens was den Hund angeht, muss ich nicht lügen. » Nein, ich habe den Hund nicht getötet.«
    » Und wie bist du zu

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