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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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meiner Mutter zu ihr zu gehen. Aber ehe wir zu Will und Christina gelangen, berührt mich eine kleine, rundliche Frau mit einer schwarz-weiß gestreiften Bluse am Arm. Ich zucke zusammen und unterdrücke die Anwandlung, ihre Hand wegzuschlagen. » Entschuldige«, sagt sie. » Kennst du meinen Sohn? Albert?«
    » Albert?«, wiederhole ich. » Oh, Sie meinen Al? Ja, den kenne ich.«
    » Weißt du, wo wir beide ihn finden können?«, fragt sie und deutet auf den Mann hinter ihr. Er ist groß und massig wie ein Felsblock. Unverkennbar Als Vater.
    » Tut mir leid. Ich habe ihn heute Morgen nicht gesehen. Vielleicht sollten Sie oben nach ihm schauen?« Ich zeige auf die gläserne Decke über uns.
    » Ach herrje«, seufzt Als Mutter und fächelt sich mit der Hand frische Luft zu. » Ich möchte lieber nicht schon wieder klettern. Ich bin auf dem Weg hier herunter fast vor Angst vergangen. Wieso gibt es nirgendwo Geländer? Seid ihr denn alle verrückt geworden?«
    Ihre Bemerkung bringt mich zum Schmunzeln. Vor ein paar Wochen noch hätte ich diese Frage als Beleidigung empfunden, aber jetzt verbringe ich so viel Zeit mit ehemaligen Candor, dass mich ihre Taktlosigkeiten nicht weiter überraschen.
    » Verrückt, nein«, antworte ich. » Furchtlos, ja. Wenn ich Al sehe, richte ich ihm aus, dass Sie ihn suchen.«
    Mir fällt auf, dass meine Mutter das gleiche Lächeln aufgesetzt hat wie ich. Sie benimmt sich nicht so wie manche Eltern aus den anderen Fraktionen, die lange Hälse machen, die Grube mit ihren schroffen Felswänden begaffen, die Decke, die Schlucht.
    Natürlich ist sie nicht neugierig, sie gehört ja zu den Altruan. Neugier ist ihr fremd.
    Ich mache Will und Christina mit meiner Mutter bekannt, und Christina stellt mir ihre Mutter und ihre Schwester vor. Doch Cara, Wills ältere Schwester, wirft mir einen Blick zu, der eine Pflanze verdorren ließe, als Will uns einander vorstellt, und macht keinerlei Anstalten, mir die Hand zu schütteln. Sie starrt meine Mutter finster an.
    » Ich kann nicht glauben, dass du dich mit einer von denen angefreundet hast, Will«, sagt sie.
    Meine Mutter schürzt die Lippen, aber natürlich entgegnet sie nichts darauf.
    » Cara«, sagt Will ärgerlich, » es gibt keinen Grund, unhöflich zu sein.«
    » Nein, natürlich nicht. Weißt du, wer sie ist?« Sie zeigt auf meine Mutter. » Sie ist die Frau eines Ratsmitglieds, nur damit du es weißt. Sie leitet die sogenannte Freiwilligenagentur, die angeblich die Fraktionslosen unterstützt. Glauben Sie, ich wüsste nicht, dass Sie die Waren horten, um sie an Ihre eigene Fraktion zu verteilen, während wir manchmal einen ganzen Monat lang keine frischen Lebensmittel bekommen? Essen für die Fraktionslosen, dass ich nicht lache!«
    » Es tut mir leid«, erwidert meine Mutter sanft. » Ich glaube, da irren Sie sich.«
    » Von wegen irren, ha«, schnauzt Cara meine Mutter an. » Nein, garantiert nicht. Da könnt ihr Altruan noch so oft behaupten, dass ihr liebenswürdige Gutmenschen ohne eine Spur von Eigennutz seid.«
    » Sprich nicht so mit meiner Mutter.« Meine Wangen glühen und ich balle unwillkürlich die Fäuste. » Noch so eine Beleidigung, und ich breche dir die Nase, das schwöre ich.«
    » Halte dich zurück, Tris«, sagt Will. » Du wirst meine Schwester nicht schlagen.«
    » Ach ja?«, sage ich und ziehe die Augenbrauen hoch. » Bist du dir da sicher?«
    » Nein, das wirst du nicht.« Meine Mutter fasst mich an der Schulter. » Komm, Beatrice. Wir sollten die Schwester deines Freundes nicht behelligen.«
    Sie klingt sanft, aber sie fasst mich so fest am Arm, dass ich vor Schmerz fast aufschreie, und zieht mich davon. Sie geht schnurstracks mit mir in Richtung Speisesaal, aber kurz bevor wir da sind, biegt sie nach links ab und betritt einen der dunklen Gänge, die ich bis jetzt noch nicht erkundet habe.
    » Mom«, sage ich. » Woher weißt du, wohin wir gehen müssen?«
    Sie bleibt neben einer verschlossenen Tür stehen, stellt sich auf die Zehenspitzen und nimmt den Sockel der blauen Deckenlampe unter die Lupe. Dann nickt sie und wendet sich wieder mir zu.
    » Ich habe gesagt: keine Fragen, was mich betrifft. Und das meine ich auch so. Wie geht es dir wirklich, Beatrice? Wie waren die Kämpfe? Auf welchem Platz stehst du?«
    » Was meinst du mit Platz?«, frage ich. » Du weißt, dass ich gekämpft habe? Du weißt, dass wir um Plätze kämpfen?«
    » Es ist kein Staatsgeheimnis, wie es bei der Initiation der Ferox zugeht.«
    Ich

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