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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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Augenblick in den Abgrund stürzen kann.
    Und es dann auch tut.
    » Wie bitte?«, fragt Molly scharf. Sie zeigt auf Christina. » Ich habe sie doch besiegt! Ich habe sie blitzschnell außer Gefecht gesetzt, und sie hat trotzdem eine bessere Bewertung als ich?«
    » Na und?« Christina verschränkt die Arme und grinst überheblich.
    » Wenn ihr einen der vorderen Plätze ergattern wollt, dann macht es sich nicht gut, wenn ihr gegen einen niederrangigen Gegner verliert«, sagt Four und seine scharfe Stimme übertönt das Murren und Grummeln der anderen. Er steckt die Kreide ein und geht an mir vorbei, ohne auch nur in meine Richtung zu blicken. Seine Worte versetzen mir einen Stich, denn natürlich bin ich der niederrangige Gegner, von dem er gesprochen hat.
    Anscheinend weiß das auch Molly.
    » Du«, sagt sie und blickt mich aus zusammengekniffenen Augen an. » Dafür wirst du mir büßen.«
    Fast rechne ich damit, dass sie sich auf mich stürzt, aber sie dreht sich auf dem Absatz um und stolziert hinaus, und das ist viel schlimmer. Wenn sie explodiert wäre und mir ein oder zwei Haken verpasst hätte, dann wäre ihre Wut schneller wieder verraucht. Mich jedoch einfach stehen zu lassen, bedeutet, sie führt etwas im Schilde. Und das heißt, ich muss auf der Hut sein.
    Peter hat kein Wort gesagt, als die Bewertungen angeschrieben wurden, was mich überrascht, da er sich sonst über alles beschwert, was nicht nach seinen Wünschen verläuft. Wortlos geht er zu seinem Bett, setzt sich hin und bindet seine Schnürsenkel auf. Sein Verhalten macht mich misstrauisch. Er kann mit dem zweiten Platz nicht zufrieden sein. Nicht jemand wie Peter.
    Will und Christina klatschen sich ab, dann klopft mir Will mit seiner Pranke, die größer ist als mein Schulterblatt, auf den Rücken.
    » Sieh an, sieh an, Nummer sechs«, sagt er grinsend.
    » Kann sein, dass es trotzdem nicht reicht«, erwidere ich.
    » Es wird reichen, mach dir keine Sorgen«, beruhigt er mich. » Das sollten wir feiern.«
    » Okay, dann los.« Christina packt mich mit einer Hand am Arm und mit der anderen Al. » Kopf hoch, Al. Du musst erst abwarten, wie die Ferox-Leute abgeschnitten haben. Man kann nie wissen.«
    » Ich gehe ins Bett«, murmelt er und reißt sich los.
    Draußen vor der Tür fällt es leicht, Als Niedergeschlagenheit, Mollys Rachepläne und Peters verdächtiges Schweigen zu vergessen und so zu tun, als gäbe es nichts, was unserer Freundschaft im Weg stünde. Aber insgeheim werde ich den Gedanken nicht los, dass Christina und Will meine Rivalen sind. Wenn ich mir einen Platz unter den ersten zehn erkämpfen will, dann werde ich die beiden besiegen müssen.
    Ich hoffe nur, dass ich sie dabei nicht verraten muss.
    In dieser Nacht fällt es mir schwer einzuschlafen. Bisher kam mir der Schlafsaal mit den vielen atmenden Menschen ziemlich laut vor, aber jetzt ist er viel zu ruhig. Und wenn es ruhig um mich ist, dann denke ich an meine Familie. Zum Glück geht es im Hauptquartier der Ferox meistens laut zu.
    Wenn meine Mutter eine Ferox war, weshalb ist sie dann zu den Altruan gewechselt? Mochte sie den Frieden dort, das tägliche Einerlei, die Güte der Menschen– all das, was ich vermisse, wenn ich mir erlaube, daran zurückzudenken?
    Ob es hier jemanden gibt, der sie als junges Mädchen gekannt hat und der mir erzählen kann, wie sie damals war? Aber selbst wenn, wird der Betreffende wohl nicht über sie sprechen wollen. Und ich sollte die Frage gar nicht erst stellen. Fraktionswechsler sollen es tunlichst vermeiden, über ihre alten Fraktionen zu sprechen, sobald sie erst einmal als richtige Mitglieder aufgenommen sind. Das soll es ihnen erleichtern, sich der neuen Fraktion statt ihrer Familie zugehörig zu fühlen, ganz nach dem Motto Fraktion vor Blut.
    Ich vergrabe mein Gesicht im Kissen. Mutter hat mir aufgetragen, Caleb zu bitten, er solle das Serum untersuchen, das bei den Simulationen verwendet wird. Die Frage ist nur, warum. Hat es etwas damit zu tun, dass ich eine Unbestimmte bin, oder hat es einen anderen Grund? Ich habe tausend Fragen an sie, und sie ist weggegangen, ehe ich auch nur eine einzige stellen konnte. Jetzt schwirren sie mir durch den Kopf, und ich zweifle, ob ich jemals wieder schlafen kann, solange ich keine Antworten darauf habe.
    Ich höre, wie jemand durch den Raum schlurft. Ich hebe den Kopf, aber meine Augen sind nicht an die Dunkelheit gewöhnt, deshalb starre ich in tiefstes Schwarz, ich könnte genauso gut die

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