Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
ganz schwarz vor Augen– und werfe mich auf die Pistole. Ich nehme sie, drehe mich um und ziele auf Tori.
Meine Hand. Meine Hand ist blutverschmiert, Toris Kinn ebenso. Ich halte meine Hand so, dass ich die Verletzung nicht sehen kann, auf diese Weise ist der Schmerz leichter zu ertragen. Die Waffe auf Tori gerichtet, stehe ich auf.
» Ich habe dich nie für eine Verräterin gehalten, Tris«, sagt sie, es klingt wie ein Knurren und nicht wie ein menschlicher Laut.
» Das bin ich auch nicht.« Ich blinzle die Tränen weg. » Ich kann es dir jetzt nicht erklären, aber… ich bitte dich nur um eines: Hab Vertrauen zu mir. Da ist etwas Wichtiges, etwas, wovon nur sie weiß, wo es ist.«
» Das stimmt!«, sagt Jeanine. » Es ist auf diesem Computer, Beatrice, und nur ich kann es dir zeigen. Wenn du mir nicht hilfst, hier lebendig wegzukommen, wird dieses Wissen mit mir zugrunde gehen.«
» Sie lügt«, sagt Tori. » Sie lügt, und wenn du ihr glaubst, dann bist du nicht nur eine Verräterin, sondern auch dumm, Tris!«
» Ich glaube ihr aber«, antworte ich. » Ich glaube ihr, weil es völlig logisch ist, was sie sagt. Die brisanteste Information, die es gibt, und sie ist auf diesem Computer, Tori!« Ich hole tief Luft und spreche leise weiter. » Hör mir bitte zu. Ich hasse sie genauso wie du. Ich habe keinen Grund, sie zu verteidigen. Ich sage dir die Wahrheit. Es ist wichtig.«
Tori schweigt. Einen Moment lang glaube ich, dass ich gewonnen, dass ich sie überzeugt habe. Aber dann sagt sie: » Es gibt nichts Wichtigeres als ihren Tod.«
» Wenn du unbedingt an dieser Meinung festhalten willst, kann ich dir nicht helfen«, sage ich. » Aber ich werde nicht zulassen, dass du sie tötest.«
Tori kniet sich hin und wischt sich mein Blut vom Kinn. Sie sieht mich an.
» Ich bin eine Anführerin der Ferox«, sagt sie. » Es geht dich gar nichts an, was ich tue.«
Und noch ehe ich einen klaren Gedanken fassen kann–
Noch ehe ich mir in den Sinn kommt, die Waffe, die ich in der Hand halte, abzufeuern–
Hat sie ein langes Messer aus ihrem Stiefelschaft gezogen, springt auf und sticht es Jeanine in den Bauch.
Jeanine stößt einen entsetzlichen Schrei aus, ein Geräusch zwischen Gurgeln und Kreischen, das dann langsam erstirbt. Ich sehe, wie Tori die Zähne fletscht, höre, wie sie den Namen ihres Bruders murmelt– » Jonathan Wu«–, sehe, wie sie ein weiteres Mal zusticht.
Und dann werden Jeanines Augen starr.
46. Kapitel
Mit einem wilden Blick in den Augen dreht Tori sich zu mir um.
Ich bin wie betäubt.
All die Gefahren, die ich auf mich genommen habe, um bis hierher zu kommen– ich habe mit Marcus gemeinsame Sache gemacht, ich habe die Ken um Hilfe gebeten, mich im dritten Stock über eine Leiter gehangelt und in einer Simulation auf mich selbst geschossen. All die Opfer, die ich gebracht habe– meine Beziehung zu Tobias, Fernandos Leben, mein Ansehen bei den Ferox. Und jetzt war alles umsonst. Ich habe nichts erreicht.
Nichts.
Plötzlich öffnet sich die Glastür erneut. Tobias und Uriah stürmen herein, bereit, sich kopfüber in einen neuen Kampf zu stürzen. Uriah ringt nach Luft, wahrscheinlich hat ihm das Gift den Atem genommen.
Aber die Schlacht ist längst geschlagen. Jeanine ist tot, Tori triumphiert und ich bin jetzt eine Ferox-Verräterin.
Tobias bleibt mitten im Lauf stehen, stolpert beinahe über seine eigenen Füße, als er mich sieht. Er starrt mich mit aufgerissenen Augen an.
» Sie ist eine Verräterin«, sagt Tori. » Sie hat mit allen Mitteln versucht, Jeanine zu verteidigen. Fast hätte sie mich erschossen.«
» Was?«, fragt Uriah. » Tris, was geht hier vor? Stimmt das? Wie kommst du überhaupt hierher?«
Doch ich sehe nur Tobias. Ein Anflug von Hoffnung regt sich in mir, und zugleich versetzt es mir einen Stich, wenn ich daran denke, dass ich ihn hintergangen habe. Tobias ist eigensinnig und stolz, aber wir gehören zusammen– vielleicht hört er mich an, vielleicht gibt es ja noch eine Chance, vielleicht war doch nicht alles umsonst–
» Du weißt, weshalb ich hier bin«, sage ich leise. » Nicht wahr?«
Ich halte ihm Toris Pistole hin. Er kommt auf mich zu, ein wenig schwankend, und nimmt mir die Waffe aus der Hand.
» Wir haben Marcus nebenan gefunden, er steckte in einer Simulation fest«, sagt Tobias. » Du bist mit ihm hierhergekommen.«
» Ja, das bin ich.« Blut tropft aus der Bisswunde und rinnt meinen Arm herab.
» Ich habe dir vertraut.« Er ist so
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