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Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Titel: Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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fester an ihn, damit er das Zittern nicht bemerkt.
    Dann berührt er den Verband an meiner Schulter und Schmerz schießt durch mich hindurch. Er ist nicht sehr schlimm, aber er bringt mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Ich kann nicht auf diese Weise mit Tobias zusammen sein, nicht, wenn ich es nur tue, um meinen Kummer zu vergessen.
    Ich lehne mich zurück und ziehe den Saum meines T-Shirts nach unten. Einen Moment lang liegen wir nur da, unsere schweren Atemzüge vermischen sich. Ich will nicht weinen– jetzt ist keine gute Zeit dafür, nein, ich muss aufhören–, aber ich kann die Tränen nicht zurückhalten, egal, wie sehr ich blinzle.
    » Tut mir leid«, murmle ich.
    » Entschuldige dich nicht«, sagt er fast streng und wischt mir die Tränen von der Wange.
    Ich weiß, dass ich wie ein Vögelchen bin, klein und zart, so als könne ich jeden Moment losfliegen, mit gerader Taille, zerbrechlich. Aber wenn er mich so berührt, als wolle er mich nie wieder loslassen, dann möchte ich gar nicht anders sein.
    » Ich wollte mich nicht so gehen lassen«, sage ich mit bebender Stimme. » Ich komme mir nur so…« Ich schüttle den Kopf.
    » Das ist falsch«, sagt er. » Es ist egal, ob deine Eltern nun an einem besseren Ort sind– sie sind nicht hier bei dir, und das ist falsch, Tris. Es hätte nicht passieren dürfen. Es hätte dir nicht passieren dürfen. Und jeder, der behauptet, dass sei schon in Ordnung so, der lügt.«
    Ein Schluchzen schüttelt meinen Körper, und er drückt mich so fest an sich, dass ich kaum Luft bekomme, aber das ist egal. Mein leises Weinen verwandelt sich, wird hässlich und schrill, mein Mund steht offen, mein Gesicht ist verzerrt und aus meiner Kehle kommen Laute wie bei einem sterbenden Tier. Wenn das so weitergeht, werde ich in Stücke brechen, und vielleicht wäre das sogar besser, vielleicht wäre es besser, zu zerbrechen und nichts mehr spüren zu müssen.
    Er schweigt lange, bis ich mich wieder beruhigt habe.
    » Schlaf jetzt«, sagt er. » Ich verjage die schlimmen Träume, falls sie wiederkommen sollten.«
    » Womit?«
    » Mit meinen bloßen Händen natürlich.«
    Ich lege meinen Arm um seine Hüfte und atme seinen Geruch ein. Er riecht nach Schweiß und frischer Luft und nach der Minze, die in der Salbe ist, mit der er manchmal seine verspannten Muskeln einreibt. Und er riecht nach Sicherheit, nach sonnigen Spaziergängen in den Obstplantagen und stillen Frühstücken in der Speisehalle. In den Sekunden bevor der Schlaf mich umfängt, vergesse ich beinahe unsere vom Krieg zerrüttete Stadt und die Kämpfe, die uns bald bevorstehen, wenn wir nicht schleunigst etwas dagegen unternehmen.
    Kurz bevor ich einschlafe, höre ich, wie er flüstert: » Ich liebe dich, Tris.«
    Vielleicht würde ich das ja auch zu ihm sagen, wenn ich nicht schon so weit in den Schlaf abgedriftet wäre.

6. Kapitel
    Ich wache vom Summen eines Elektro- rasierers auf. Vor dem Spiegel steht Tobias, den Kopf schräg gelegt, damit er die Kante seines Kinns sehen kann.
    Ich ziehe die Knie unter der Bettdecke an und schaue ihmzu.
    » Guten Morgen«, sagt er. » Wie hast du geschlafen?«
    » Ganz gut.« Ich stehe auf, und als er seinen Kopf zurücklehnt, um sein Kinn zu rasieren, lege ich meine Arme um ihn und drücke meine Stirn gegen seinen Rücken, da wo das Ferox-Tattoo unter seinem T-Shirt hervorschaut.
    Er legt den Rasierapparat weg und bedeckt meine Hände mit seinen. Keiner von uns stört die Stille. Ich höre, wie er atmet; sanft streichelt er über meine Finger und vergisst ganz, womit er gerade beschäftigt gewesen ist.
    » Ich sollte mich fertig machen«, sage ich nach einer Weile. Widerstrebend lasse ich ihn los, aber heute bin ich in die Wäscherei abkommandiert, und ich will mir von den Amite nicht nachsagen lassen, dass ich meinen Teil unserer Abmachung nicht einhalte.
    » Ich besorge dir was zum Anziehen«, sagt er.
    Barfuß gehe ich ein paar Minuten später den Gang entlang; ich habe das T-Shirt an, in dem ich geschlafen habe, und Shorts, die Tobias von den Amite geliehen hat. Als ich mein Schlafzimmer betrete, steht Peter neben meinem Bett.
    Sofort spanne ich alle Muskeln an und suche im Zimmer nach einem stumpfen Gegenstand.
    » Verschwinde«, sage ich so entschieden wie möglich, aber es ist schwer, das Zittern in meiner Stimme zu verbergen. Unwillkürlich muss ich wieder an den Ausdruck in seinen Augen denken, als er mich über den Abgrund gehalten oder mich im Hauptquartier der Ferox

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