Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
Candor.«
Diesmal formt sich wie von selbst ein Schrei in meiner Kehle und ich stimme ein in das allgemeine Lärmen der Zustimmung.
» Nach unseren Gesetzen können nur Anführer der Ferox eine Hinrichtung vornehmen. Alle fünf früheren Anführer sind zu Abtrünnigen geworden«, sagt Tori » Daher ist es an der Zeit, dass wir uns neue Anführer wählen. Die Gesetze sagen, dass wir mehr als einen und nur eine ungerade Zahl von Anführern wählen müssen. Jeder, der einen Vorschlag hat, soll ihn jetzt vorbringen. Ruft einfach den Namen und dann werden wir darüber abstimmen, falls das nötig sein sollte.«
» Du!«, ruft jemand.
» Okay«, sagt Tori. » Noch jemand?«
Marlene legt die Hand an den Mund und ruft » Tris!«
Mein Herz klopft, aber zu meiner Verwunderung erhebt sich nirgends Protestgemurmel und niemand lacht. Stattdessen nicken ein paar Leute so wie vorhin, als Toris Name gerufen wurde. Ich lasse meinen Blick über die Menge gleiten und entdecke Christina. Sie steht mit verschränkten Armen da, meine Nominierung scheint sie völlig kalt zu lassen.
Ich frage mich, wie ich auf die anderen wirke. Anscheinend sehen sie nicht mich, sondern jemanden, der die Dinge in die Hand nimmt, der stark ist. Jemanden, der ich nicht sein kann. Jemanden, der ich sein könnte.
Tori nickt Marlene zu und lässt ihren Blick auf der Suche nach weiteren Vorschlägen über die Versammlung schweifen.
» Harrison«, sagt jemand. Ich habe keine Ahnung, wer Harrison ist, bis jemand einem Mann mittleren Alters, der einen blonden Pferdeschwanz hat und anfängt zu grinsen, auf die Schulter klopft. Jetzt erkenne ich ihn– es ist der Ferox, der mich Mädchen genannt hat, als Zeke und Tori von den Ken zu uns gekommen sind.
Einen Moment lang sagt keiner etwas.
» Ich schlage Four als Kandidaten vor«, sagt Tori.
Mit Ausnahme einiger weniger, die hinten im Raum zu murren anfangen, widerspricht niemand. Keiner nennt ihn jetzt noch einen Feigling, nicht nachdem er Marcus in der Cafeteria zusammengeschlagen hat. Ich frage mich, wie sie wohl reagieren würden, wenn sie wüssten, was für ein gerissener und berechnender Schachzug die ganze Sache gewesen ist.
Jetzt kann er genau das haben, was er immer wollte. Vorausgesetzt, ich stehe ihm dabei nicht im Weg.
» Wir brauchen nur drei Anführer«, sagt Tori. » Wir müssen also abstimmen.«
Wahrscheinlich wäre keiner auf die Idee gekommen, mich vorzuschlagen, wenn ich nicht den Simulationsangriff gestoppt hätte. Und wahrscheinlich wäre ihnen das nicht im Traum eingefallen, wenn ich nicht Eric niedergestochen hätte oder unter diese Brücke geklettert wäre. Je waghalsiger ich bin, desto beliebter werde ich bei den Ferox.
Tobias sieht mich an. Auf die Dauer kann ich bei den Ferox nicht so beliebt sein. Tobias hat recht– ich bin keine Ferox, ich bin eine Unbestimmte. Ich bin das, wofür ich mich entscheide, das, was ich sein will. Und so will ich ganz bestimmt nicht sein. Ich muss mich raushalten.
» Nein«, sage ich. Dann räuspere ich mich noch einmal und wiederhole es lauter. » Nein, ihr müsst nicht abstimmen. Ich kandidiere nicht.«
Tori zieht die Augenbrauen hoch. » Bist du dir sicher, Tris?«
» Ja«, antworte ich. » Ich bin mir sicher. Ich verzichte.«
Und dann, ganz ohne Diskussion oder offizielle Wahl, ist Tobias plötzlich Anführer der Ferox. Und ich nicht.
23. Kapitel
Keine zehn Sekunden, nachdem wir unsere neuen Anführer gewählt haben, ertönt ein lautes Signal– einmal lang, zweimal kurz. Ich drehe mich nach dem Geräusch um, bin mit meinem rechten Ohr direkt neben der Wand, als ich über mir einen Lautsprecher entdecke, der von der Decke hängt. Auf der anderen Seite des Raums befindet sich ein zweiter Lautsprecher.
Plötzlich erfüllt Jack Kangs Stimme den Raum.
» An alle Bewohner des Candor-Hauptquartiers. Vor ein paar Stunden habe ich mich mit einem Abgesandten von Jeanine Matthews getroffen. Er hat mir vor Augen geführt, dass wir Candor uns in einer ziemlich schwachen Position befinden; wir sind auf die Ken angewiesen, um zu überleben. Der Gesandte machte mir deutlich, dass ich einige Forderungen erfüllen muss, wenn ich möchte, dass meine Fraktion unabhängig bleibt.«
Verblüfft starre ich zu den Lautsprechern hinauf. Es dürfte mich eigentlich nicht wundern, dass ein Anführer der Candor so unverblümt mit der Wahrheit herausrückt, aber eine öffentliche Ankündigung hätte ich trotzdem nicht erwartet.
» Damit ich diese Forderungen
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