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Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Titel: Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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ihre Schwester irgendwann aufwacht und ihre Beine wieder bewegen kann. Lynn würde es nicht verkraften, auch noch Hector zu verlieren.
    Ich mache einen Schritt nach vorne, um mir die Botschaft anzuhören.
    » Das hier ist kein Verhandlungsvorschlag. Es ist eine Warnung.« Die Simulation bewirkt, dass Marlene spricht, dass sie die Lippen bewegt, dass ihre Stimmbänder schwingen und Laute produzieren. » Solange sich nicht einer von euch an das Hauptquartier der Ken ausliefert, wird sich das hier alle zwei Tage wiederholen.«
    Marlene tritt einen Schritt zurück, und ich hechte nach vorne, aber ich stürze mich nicht auf sie. Nicht auf Marlene, die sich einmal als Mutprobe von Uriah einen Muffin vom Kopf schießen ließ. Die mir Kleider zum Anziehen besorgt hat. Die immer ein Lächeln für mich übrig hat. Nein, nicht auf Marlene.
    Während Marlene und das Ferox-Mädchen Anstalten machen, sich von der Dachkante abzustoßen, werfe ich mich auf Hector.
    Ich packe ihn, wo ich ihn zu fassen kriege. Ich ziehe an seinem Arm, erwische ihn an seinem Shirt. Ich schürfe mir die Knie an der rauen Oberfläche des Dachs blutig, als mich sein Gewicht zu Boden reißt. Ich habe nicht genug Kraft, um ihn hochzuziehen. » Hilfe!«, krächze ich– meine Stimme streikt.
    Christina ist schon an meiner Seite. Sie hilft mir, Hectors schlaffen Körper wieder auf das Dach zu ziehen. Seine Arme baumeln herab. Ein paar Meter weiter liegt das kleine Mädchen regungslos auf dem Dach.
    Dann ist die Simulation plötzlich zu Ende. Hector schlägt die Augen auf. Jetzt wirken sie nicht mehr leblos.
    » Au!«, sagt er. » Was ist denn hier los?«
    Das kleine Mädchen wimmert leise; Christina geht zu ihr und murmelt beruhigend auf sie ein.
    Ich stehe auf. Ich zittere am ganzen Körper. Vorsichtig stelle ich mich an die Dachkante und werfe einen Blick hinunter. Die Straße unten ist nur schwach beleuchtet, aber ich kann Marlenes Umrisse auf dem Asphalt gerade noch erkennen.
    Atmen– als ob Atmen jetzt wichtig wäre.
    Ich ertrage den Anblick nicht mehr länger, deshalb wende ich mich ab und konzentriere mich auf den Herzschlag, der in meinen Ohren hämmert. Christinas Lippen bewegen sich. Ich ignoriere sie einfach und gehe zur Tür, laufe die Treppe hinunter durch den Gang bis zum Aufzug.
    Die Türen schließen sich hinter mir und ich falle, sacke zu Boden, genau wie Marlene, die ich nicht gerettet habe. Ich fange an zu schreien und zerreiße meine Kleider. Nach ein paar Sekunden brennt meine Kehle wie Feuer, und meine Arme sind überall dort zerkratzt, wo kein Stoff ist, aber ich schreie einfach weiter.
    Mit einem Pling hält der Aufzug an. Die Türen öffnen sich.
    Ich streiche mein T-Shirt glatt, fahre mir mit der Hand über die Haare und dann gehe ich nach draußen.
    Ich habe eine Botschaft für die Unbestimmten.
    Ich bin eine Unbestimmte.
    Das ist kein Verhandlungsvorschlag.
    Nein, das ist es wirklich nicht.
    Es ist eine Warnung.
    Ich verstehe.
    Solange sich nicht einer von euch an das Hauptquartier der Ken ausliefert,
    Ich werde es tun.
    … wird sich das hier alle zwei Tage wiederholen.
    Nein, das hier wird sich nie wiederholen.

27. Kapitel
    Ich schlängle mich durch die Menschen- menge, die sich vor dem Abgrund versammelt hat. Die Grube dröhnt von Lärm, und das nicht nur, weil der Fluss unten tobt. Ich sehne mich nach etwas Stille und flüchte in einen der Gänge, die zu den Schlafsälen führen. Ich will mir die Ansprache, die Tori für Marlene hält, nicht anhören. Genauso wenig möchte ich hören müssen, wie sich die Ferox gegenseitig zuprosten und Marlenes Leben und ihre Tapferkeit hochleben lassen.
    Heute Morgen hat Lauren berichtet, dass wir einige Überwachungskameras in den Schlafsälen der Initianten übersehen haben. Zeke, Lauren, Marlene, Hector und Kee, das Mädchen mit der grünen Haarsträhne, haben dort übernachtet. Auf diese Weise hat Jeanine herausgefunden, wen sie mit der Simulation zu ihrer Marionette machen konnte. Ich bin fest davon überzeugt, dass Jeanine absichtlich die junge Ferox ausgewählt hat, weil sie wusste, dass ihr Tod uns am meisten treffen würde.
    Ich bleibe in einem Gang stehen, in dem ich noch nie zuvor war, und presse meine Stirn gegen die Wand. Der Stein fühlt sich rau und kühl an. Hinter mir höre ich noch das Johlen der Ferox, das durch den Felsen etwas gedämpft wird.
    Dann höre ich Schritte und blicke in die Richtung, aus der sie kommen. Ein paar Meter von mir entfernt bleibt Christina stehen.

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