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Die Besucher

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Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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sie am Kopf der Zeitung entziffern konnte. Es war der 22. Mai des Jahres 1984. Zeit und Ort der Landung stimmten. Es war zu entscheiden, ob man die für Notfälle vorgesehene Restenergie riskieren und das Auto auf die Straße befördern oder lieber umkehren sollte.

    »Umkehren? Jetzt?« fragte Katja verständnislos. »Wo wir beinahe am Ziel sind?«

    »Unsere Aufgabe war von allem Anfang an klar«, meinte Doktor Noll. »Das Heft zu holen.«

    »Und zurückzukehren«, erinnerte Philipp, der auf der von allen Seiten dem Wind ausgesetzten Klippe zu frieren begann. »Das Grundgesetz der Menschheit ist euch bekannt: Das Leben keines Menschen ist zu bedrohen. Für das Schicksal der Expedition bin ich verantwortlich. Ich habe nicht das Recht zu riskieren, daß wir infolge eines unglücklichen Zufalls die Möglichkeit verlieren, aus dem zwanzigsten Jahrhundert in die Zukunft zurückzukehren. Vier Menschenleben leichtsinnig aufs Spiel zu setzen...«

    »Vielleicht das Leben von Millionen...« sagte Karas, der gerade jetzt an seine drei Kinder dachte. »Sie haben den Kometen vergessen, der die Welt zu vernichten droht. Wenn wir also zurückkehren, ohne etwas zu tun, verstoßen wir dadurch nicht schlimmer gegen dieses Gesetz, von dem Sie sprachen, als wenn wir blieben? Eine dritte Möglichkeit kenne ich nicht.«

    »Ich kenne eine«, sagte Philipp nach kurzem Zögern. »Genaue Berechnungen müßte man haben. Vermerken Sie: Es ist vier Uhr fünfundzwanzig. Wir verlieren unnötig Zeit. Den Sender anheizen! Den Code vorbereiten! Zum Zentraldenker durchschalten!«

17. Die Wunder beginnen

    »Welche Felsklippe? Der Zentraldenker versteht nicht...« Das Auto wippte über dem Abgrund. In der Ferne glühte das Warndreieck. Es war an die Sendeantennen angeschlossen, die in die Scheibenwischer der Windschutzscheibe eingebaut waren. Die Scheinwerfer des Niva-VI-Autos, die das ganze Sendesystem mit Energie aufluden, glichen zwei Sonnen. Trotzdem war der Empfang von Zeit zu Zeit gewissen Schwankungen unterworfen.

    »Der Strom schlägt übermäßig stark durch«, flüsterte Karas und versuchte, über den Akademiker und Katja hinweg am Sender weiter nach vorne zu kriechen, um das Auto ins Gleichgewicht zu bringen. »Melden Sie dem Zentraldenker, es handle sich um den Transport des Expeditionsgefährts von der Spitze der Sturmkoppe auf die Landstraße...Das ist keine Sache, die wir nicht schaffen könnten...Kein Zeitsprung, sondern bloße sechzig Meter im Raum...«

    Plötzlich hatte er das Gefühl, als rede er ins Leere, zu einer gefühllosen Maschine.

    »Empfangsstörungen«, meldete eine metallische Stimme in gleichgültigem Ton über das statische Rauschen. »Meldet eure Parameter! ZD bedauert. Offenbar ein Irrtum in der Eingabe. Fortsetzung gefährlich...«

    Aus der Ferne hörte man im Hintergrund die erregte Stimme des Weltratsvorsitzenden:

    »Was soll ich Ihnen sagen? Daß es uns nicht mehr gelingen wird, eine weitere Expedition auszusenden? Daß die Menschheit...«

    Dann sagte jemand, es war vielleicht Johansson: »Entscheidend ist das Maß des Risikos. Nach den Berechnungen des ZD sind zwei Drittel der Energiespeicherung für den Notfall bestimmt.«

    »Das heißt?«

    »Daß der Weltrat mit der Rückkehr einverstanden ist.«

    »Aber wir nicht!« sagte Katja, nachdem sie sich durch Blicke mit Doktor Noll und Karas verständigt hatte. »ZD soll uns den Buckel runterrutschen!«

    Die Hitze stieg. Auch die krachenden Geräusche wurden lauter. Unter den Autoscheinwerfern, die den Sender mit Energie aufluden, begannen die Felsen zu bersten. Die junge Birke brannte.

    »Hier spricht der Akademiker.« Philipp hatte endlich seine Angst überwunden, und es war ihm gelungen, sich vom Steuer näher an Katja und ihren Sender heranzuschieben, wobei er allerdings das Gleichgewicht des Niva-VI-Wagens endgültig gefährdete. Die Scheinwerfer des Autos richteten ihre Strahlen jetzt in die Tiefe, dorthin, wo die Baumaschinen abgestellt waren. »Nach reiflicher Erwägung aller Umstände hat sich die Expedition Adam 84 entschlossen...«

    Aber das hörte in der Zukunft niemand mehr.

    Auch Katjas Worte nicht, als sie sagte:

    »Mit drei Stimmen gegen eine...«

    Felsblöcke barsten in der Glut und stürzten zu Tal. Über dem Kopf des Alten, der seine Reifen aufpumpte, flackerte das Licht einer Glühbirne am Schuppen auf. Die Baumaschinen, die er bewachen sollte, setzten sich plötzlich in Bewegung. Sogar der Metallrahmen seines Fahrrads sprühte

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