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Die Besucher

Die Besucher

Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Dachboden meiner Hütte hab’ ich noch drei davon!«

    »Nein!«

    »Doch! Eine Singer und zwei Minerva-Nähmaschinen. Manchmal kann ich den Morgen kaum erwarten, weil ich selbst im Traum in Mülltonnen herumstöbere. Erst gestern habe ich hier einen prächtigen Regenmantel entdeckt. Ich hab’ bloß ein paar Löcher überklebt, jetzt ist er wie neu...«

    In einem alten Igelitmantel, dessen Löcher mit Leukoplast-Heftpflaster verdeckt waren, glich der Alte einer Fledermaus.

    »Und sowas werfen die Leute heutzutage weg, weil sie einfach nichts mehr zu schätzen wissen. Selbst Bücher haufenweise in den Müll!«

    Ein Bändchen Poesie steckte Drichlik in die Tasche. Ein paar leere Wein- und Speiseölflaschen warf er noch auf seinen Karren. »So, das wär das Geld für ein Gulasch und Bier. Ich lad’ dich ein. Beim >Roß< wird bald der Ausschank geöffnet.«

    Er verschwand unweit im Hof einer Abfallsammelstelle und kam kurz darauf mit dem leeren Karren und einer Hand voll Kleingeld zurück. Die Stadt erwachte. Wagen der Müllabfuhr fuhren durch die Straßen. Aus den offenen Fenstern hörte man das schrille Läuten der Wecker. Im gelben Wohnwagen weckte Karussell-Ede seine schöne Frau aus dem Schlaf. Er legte ihr das Köfferchen, das er aus dem Hotel »Zum Löwen« mitgebracht hatte, zu Füßen und sagte:

    »Eine Million Kronen. Hast du schon mal eine Million gesehen?«

    »Nein.«

    »Dann sieh sie dir jetzt mal an!«

    Sie verstand auch dann noch nicht, was sie ansehen sollte, nachdem Ede das Köfferchen geöffnet hatte.

    »Was siehst du?«

    »Nichts.«

    »Das wirst du mir bezeugen«, sagte völlig vernichtet Ede, nachdem ihm ein Licht aufgegangen war, daß er Hexereien und schwarzer Magie zum Opfer gefallen war. Denn dieses Köfferchen, das noch kurz zuvor voller Geld war, war plötzlich hoffnungslos leer. »Wenn dich jemand fragen sollte...«

    »Aber was sollte ich denn bezeugen?«

    »Daß du diese Million nie gesehen hast... Daß es sie nicht gibt...!« Er verließ den Wohnwagen. Das Köfferchen warf er in die nächste Mülltonne.

    »Mit der Reise an die See ist es Essig! Keine Autoscooter-Bahn! Keine Donald-Ducks!«

    Er erklomm den Gipfel des Twistergerüsts, um es zu zerlegen. Er hatte es eilig. Plötzlich hatte ihn die Angst vor diesen vier Geometern gepackt.

    »Einpacken! Weck die Kinder!«

    Das morgendliche Leben in der Stadt begann. In einer Ecke des Marktplatzes wurde der Milchladen geöffnet. In den verrauchten Ausschank der Gaststätte »Zum Roß«, die wegen ihrer Morgensuppen berühmt war, kehrten Pflasterer ein. Auch Möbelpacker waren da, um Kräfte zu sammeln, bevor sie auf ihren Rücken ein Klavier ins fünfte Stockwerk tragen würden. In dieser Kneipe kannte jeder jeden. Jeder wußte, wieviel Kinder und welche Sorgen sein Nachbar hatte, auch wieviel Stunden zwei Arbeiter brauchen, um einen zehn Meter langen Graben auszuheben. Den in Begleitung des alten Drichlik eintretenden Karas nahmen sie in ihre Mitte. Erst nachdem er das Gulasch und das Bier gekostet hatte, wollten sie etwas von ihm hören:

    »Schmeckt’s?«

    Dann freuten sie sich, als er sagte:

    »Ich hab’ hier bei euch noch nichts Besseres gegessen oder getrunken.«

    Das war ehrlich gesagt. Ein zweites Bier und Gulasch bestellte er auf seine Rechnung. Er machte es dem Großen Lehrmeister nach, indem er den würzigen Gulaschsaft mit einem Hörnchen aus dem Teller wischte, als der Bleistift zu blinken begann und die Stimme des Akademikers erklang:

    »Arbeiten Sie, Karas?«, antwortete Karas prompt:

    »Ich arbeite. Stören Sie mich jetzt nicht!«

36. 290 km/st

    Was war das? Ein Auto?

    An der Radaranlage der Verkehrspolizei sauste plötzlich etwas Weißes vorbei, das aus der Kurve geschossen kam und nun, eine Staubwolke hinter sich zurücklassend, in den zur Krucenburg führenden Serpentinen verschwand.

    »Zweihundertneunzig! Das kann doch nicht stimmen!« Schwitzend überprüften die Schupos ihre Geräte. »Auf dieser Landstraße! In den Kurven und bergauf! Sollten die Skoda-Werke einen Formel-Eins testen...?«

    Den Akademiker am Steuer des Niva VI schien diese irre Geschwindigkeit nicht zu stören. Der Wagen wurde automatisch gelenkt, und seine Insassen, die im Morgengrauen bereits den ersten Abschnitt der Fernstraße Podhájí — Kamenice abgesteckt hatten, aßen jetzt Apfelsinen und studierten die schmalen Hefte mit den Informationen.

    »Krucenburg, ursprünglich eine Burgfeste des Herrn Leo von Kalkenstein,

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