Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bettelprophetin

Die Bettelprophetin

Titel: Die Bettelprophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
versprochen.» Er spitzte die Feder und stellte sie neben das Tintenfass. «Hast an die große Liebe geglaubt und dich dann hingegeben, diesem schneidigen Soldaten. Hast ihn all das machen lassen, was unser Herrgott nur im Stand der Ehe gewährt.»
    Er lächelte breit und setzte sich neben sie auf die Bank.
    «Glaub mir, ich versteh was von der Welt. Wenn man so jung und hübsch ist wie du, gerät man allzu schnell in eine solch missliche Lage.» Jetzt nahm er ihre Hand. Theres spürte den warmen Schweiß in seiner Handfläche. «Aber ich hab ein großes Herz. Wenn eine junge Frau sich einmal verfehlt hat, so möchte man ihr auch wieder aufhelfen. Sollen wir es also belassen bei den acht Gulden?»
    Theres begann zu frieren, obwohl es in dem kleinen Raum stickig und warm war. «Das – das würden Sie wirklich tun?»
    «Nun, ich könnte auf dieses Blatt Papier da drüben meine Unterschrift und das Amtssiegel setzen und somit bezeugen, dass dein Strafgeld in Höhe von fünfzehn Gulden ordnungsgemäß beglichen ist.»
    Langsam führte er Theres’ Hand auf seinen Oberschenkel. Zu ihrem Entsetzen hob sich das Tuch seiner Hose im Schritt augenblicklich und äußerst heftig.
    «Ein bissle entgegenkommen solltest du mir trotzdem.»
    Schon presste er ihre Hand auf die steinharte Wölbung und stöhnte auf.
    «Nein!»
    «Komm schon, du süßes Mäuschen, es wird dich nicht reuen   … ein bisschen Spaß   …»
    Wie eine Eisenklammer hielt er ihre Hand umfangen und rutschte darunter mit seinem Schoß hin und her. Verzweifelt versuchte Theres, freizukommen, als es laut gegen die Tür klopfte.
    «Zu Hilfe», schrie sie. Da ließ er sie los.
    «Das meld ich dem Kirchenkonvent, Sie ekliger Sauigel!», rief Theres so laut, dass es der verdutzte ältere Herr hören konnte, der eben zur Tür hereinkam und den noch immer breitbeinig dahockenden Gerichtsaktuar anglotzte. Grob drückte Theres den Mann zur Seite und stolperte hinaus. Erst etliche Gassen weiter hielt sie inne. So widerlich diese Szene eben auch gewesen war, eines wusste sie gewiss: Die acht Gulden, die sie noch immer in der Rocktasche trug, würde sie Sophie zurückgeben können. Dieser Bolz würde sich nicht mehr rühren, da brauchte sie gar nichts anzuzeigen.

23
    Spital Waldsee, Sommer 1848
    «Dann hat das begonnen mit diesen Anfällen?», fragte der ältere der beiden Männer im weißen Kittel.
    Der Gefängniswärter warf einen ängstlichen Blick auf die junge Frau, die man in der Krankenstube des Waldseer Spitals aufs Bett gebunden hatte. Inzwischen lag sie ganz ruhig, nur ihr Atem ging noch stoßweise.
    «In der Arrestzelle, gleich in der ersten Nacht, Herr Medizinalrat Stiegele. Ich hatte sie ins Eisen legen wollen, weil sie doch so getobt hat, aber das Weib hatte eine solche Kraft, dass ich zwei starke Burschen zu Hilfe holen musste.»
    Theres schloss erschöpft die Augen.
    «Bringen Sie mich nach Ravensburg, zu meiner Tochter», stieß sie hervor. Ihre Lippen waren blutig gebissen.
    Die beiden Amtsärzte, die neben dem Wärter am Krankenbett standen, beachteten sie nicht.
    «Ich denke, verehrter Herr Stiegele, wir sollten einen Geistlichen hinzuziehen. Diese Art Krämpfe mit anschließenden Lähmungserscheinungen bis hin zur Bewusstlosigkeit könnten auch auf Besessenheit hindeuten. Hat sie nicht immer wieder vom Leibhaftigen geredet, der ihr auf einem Gottesacker erschienen sei?»
    «Papperlapapp, Kollege Lingg! Verstellung ist das, pure Verstellung. Ich erleb das nicht zum ersten Mal, dass eine Delinquentin mit einer solchen Schmierenkomödie ihrer gerechten Strafe entgehen will. Gerade Frauen besitzen da ein wahrhaft schauspielerisches Talent.»
    Doktor Stiegele beugte sich zu ihr herunter. «Sieh mich an!»
    Theres blickte in sein rundes, schwammiges Gesicht. Sie schmeckte den süßlichen Geschmack ihres Blutes auf der Zunge.
    «Du willst also nach Ravensburg?»
    «Ja», hauchte Theres.
    «Und warum, bitt schön?»
    «Weil – weil da meine kranke Tochter ist. Meine Johanne.»
    «Und wenn wir dich dorthin bringen lassen – bist du dann friedlich?»
    «Aber ja.»
    Stiegeles Oberkörper schnellte wieder in die Höhe. «Da sehen Sie es, Kollege Lingg. Sie verhält sich ganz normal, sobald sie glaubt, dass es nach ihrem Willen geht. Das Weib ist eine Simulantin, nichts weiter.»
    Theres’ Glieder begannen heftig zu zittern, bis schließlich ihr ganzer Körper vibrierte. Amtsarzt Lingg legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
    «Bitte, werter Herr

Weitere Kostenlose Bücher