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Die Bettelprophetin

Die Bettelprophetin

Titel: Die Bettelprophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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in der auch Theres eingesessen hatte. Bauer Metzler tobte und brüllte vor Wut, als sie davon erfuhren, und schmetterte schließlich seinen Bierkrug gegen die Wand, während Theres in ihre Kammer lief und in Tränen ausbrach vor Angst und Entsetzen.
    Eines Sonntags dann erschien vornehmer Besuch zur Abendandacht. Neben Fabrikant Erpf waren dies der Weissenauer Geschäftsmann von Arnold mit Gattin, ein weiteres Ehepaar aus Ravensburg namens Herb sowie Kaufmann Valier. Auch der hatte diesmal seine Gattin mitgebracht, eine aufgeputzte, wichtigtuerische Gans, wie Theres gleich nach den ersten Minuten befand. Im kleineren Kreis wollte man nach der Gebetsstundebesprechen, wie man der Seibold’schen Sache wieder aufhelfen könne.
    «Ich werde mich höchstpersönlich an Bischof Lipp wenden», flötete Madame Valier, wie sie sich selbst nannte, mit ihrer hohen Stimme. «Schließlich kennt er mich seit meiner Erstkommunion. Er wird mich anhören. Und ich werde ihm mitteilen, dass mein Ehemann sogar zum Katholizismus konvertiert, wenn wieder Ordnung in die Sache Seibold kommt.»
    Valier nickte zustimmend. «Und wenn das alles nichts nutzt, geh ich zum Bischof von Augsburg. Den kenn ich gut.»
    «Des Weiteren sollten wir», fuhr Frau Valier fort, «so oft es geht hier zusammenkommen und gemeinsam für unseren Herrn Pfarrer beten. Das wird ihm Trost und Kraft spenden. Nicht wahr, Theres?»
    Sie hätte ihr am liebsten geantwortet, dass sie ohnehin jede Nacht für Patriz Seibold bete und auf ihre großspurige Unterstützung gerne verzichten könne. Aber sie antwortete nur: «Ja, so soll es sein.»
    «Die Weissenauer», ergriff nun Herb das Wort, «mag der Nesensohn vielleicht weichgeklopft haben, aber bei uns in Ravensburg ist der Kessel am Dampfen. Der Hafner Kurz und der Wagner Spauninger wollen sogar nach Stuttgart, um beim König Seibolds Freilassung zu erwirken.»
    «Und leider Gottes schmeißt der Pöbel mit Steinen um sich», tadelte seine Gattin, eine blasse, dürre Frau. «Pfarrer Sattler hat ein Loch im Kopf und ist beinah verblutet. Da hat man den Rädelsführern gedroht, sie von den heiligen Sakramenten auszuschließen. Und was haben die gemacht? Sind in die Beichtstühle und haben die Geistlichen erst recht wüst beschimpft. Das ist nicht recht!»
    «Ist das wahr?» Theres war entsetzt. Sie hatte davon gehört, dass sich unter Seibolds Anhängern auch viele Republikanerund andere sogenannte Liberale sammelten, aber dass es zu Gewalttaten kam, verstörte sie.
    «Ach was! Das geschieht den Pfaffen in Ravensburg doch grad recht», polterte Metzler. Er füllte rundum die Becher auf. «Denen und dem Nesensohn in Weissenau gehört das Maul gestopft.»
    «Ich finde», sagte Valier, «wir sollten die Empörung in Ravensburg nutzen und in geregelte Bahnen lenken. Machen wir doch eine Unterschriftensammlung und überbringen sie dem Bischof nach Rottenburg.»
    «Wunderbar!» Alle nickten beifällig, auch Theres. Zum ersten Mal in diesen Wochen fühlte sie wieder Zuversicht aufkommen, dass schon bald alles wieder beim Alten sein könnte.
    Fabrikant Erpf hob die Hand. «Wir sollten uns dabei aber nicht nur um unseren lieben Freund und Pfarrer bemühen, sondern auch um Theres. Es darf nicht angehen, dass die wichtigste Person in dieser Angelegenheit von der Justiz verunglimpft und bedroht wird. Dieser lächerliche alte Haftbefehl ebenso wie der Hausarrest müssen vom Tisch. Und zwar endgültig!»
    Wieder gab es allgemeinen Beifall, als Metzler sich räusperte. Zu Theres’ Erstaunen wirkte er fast verlegen.
    «Genau dazu will ich was sagen. Ich hab lang nachgedacht, wie wir die Theres noch besser schützen können gegen die Obrigkeit. Sie hat hier bei uns ja keinerlei Rechte. Also hab ich mir gedacht: Metzler, hab ich mir gedacht – wir adoptieren die Theres einfach. Was sagt ihr jetzt?»
    Keiner sagte etwas. Alle starrten sie Metzler an, als hätte er Französisch rückwärts gesprochen. Das Gesicht des Bauern lief noch röter an, als es schon war. Dann lächelte er breit in Richtung seiner Frau: «Ich weiß, ich hätt’s dir schon lang sagen sollen, was ich so sinniert hab. Also, was meinst? Bist einverstanden?»
    Die Metzlerin sah erst ihren Mann, dann Theres an. Ihr Blick wurde eisig. Dann antwortete sie mit einem Wort, das sie ihrem Mann gegenüber gewiss selten benutzt hatte: «Nein.»
     
    Theres fiel es immer schwerer, sich auf ihre Arbeit und auf die Betstunden zu besinnen. Zwar hielt Kaufmann Valier über mancherlei

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