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Die Bettelprophetin

Die Bettelprophetin

Titel: Die Bettelprophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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der Küche zu hantieren, scheuchte Marie, die andere Magd, sie in der Gegend herum. Ohne jede Pause musste sie putzen, kehren, Wassereimer und Holzscheite schleppen, die Wäsche schrubben in der dämpfigen Waschküche, den ziegelhart getrockneten Gartenboden aufhacken und schließlich noch Marie beim Stallausmisten helfen. Kein Wunder, dass ihr schon jetzt, am zweiten Abend, alle Muskeln wehtaten. Und die Küche mitsamt der freundlichen Köchin hatte sie nur während der hastig eingenommenen Mahlzeiten zu sehen bekommen.
    «Auf was wartest? Ach so, du weißt nicht, wo der Wein ist. Hinten zum Garten raus, gleich links die Treppe runter in den Keller. Nimm von dem kleineren Fass, das ist der süße, teure Wein. Der Alte hat nämlich Gäste.» Lene zwinkerte ihr zu.«Nimm dir Zeit und koste ruhig ein paar Schluck – ein Becher steht hinter dem Fass.»
    Das ließ sich Theres nicht zweimal sagen. Der Seewein lag samten auf der Zunge, ohne im Hals zu kratzen und zu beißen wie diese Säuerlinge, die sie sonst in ihrem Leben getrunken hatte. Als sie wieder hinaus in den Garten trat, fühlte sie sich plötzlich ganz leicht. Es wurde bereits dunkel, und ein kühler Abendwind machte der Hitze dieses Julitages ein Ende. Theres stellte die Karaffe ab, streckte die verschwitzte Stirn in den Wind und schloss die Augen. Ganz kurz sah sie Elies lachendes Gesicht vor sich, dann war es auch schon wieder verschwunden und damit auch der Moment von Heiterkeit, den der Wein und die frische Luft ihr beschert hatten. Hoffentlich hatte Wohlgschafft keinen weiteren Auftrag mehr für sie. Sie wünschte nichts sehnlicher, als sich in ihrem Bett auszustrecken und zu schlafen.
    «Jetzt aber nix wie her mit dem Tröpfle», begrüßte Wohlgschafft sie, als sie in die Stube trat. «Den hast wohl in Biberach g’holt, dass du so lang gebraucht hast.»
    Der Bauer lachte dröhnend, als habe er einen außerordentlich guten Witz gemacht, seine beiden Gäste fielen mit ein. Theres hatte die Männer nie zuvor gesehen, aus ihrem Dorf jedenfalls stammten sie nicht. Gekleidet waren sie wie vornehme Bürgersleut, mit ihren Seidentüchern und dem senffarbenen beziehungsweise weinroten Gehrock, den sie trotz der Wärme im Raum anbehalten hatten. Ihre sonnengebräunten Gesichter hingegen verrieten eindeutig den Landmann.
    «Jetzt komm, schenk uns allen ein. Dir auch.»
    Da erst bemerkte Theres, dass vier Gläser auf dem Tisch standen, drei benutzte und ein frisches. Die Karaffe hing ihr bleischwer in den Händen, als sie die Gläser füllte.
    «Auf dich, mein Täuble.» Wohlgschafft hob sein Glas. «Weilohne dich wär hier nämlich der ganze Glombadsch zusammengebrochen. Und jetzt hock dich schon auf dein Hinterquartier, hier zu uns an den Tisch!»
    Theres zog einen Stuhl heran und setzte sich an die freie Seite gegenüber der Eckbank. Zwischen Tischkante und ihr hätte noch eine ganze Kuh Platz gehabt.
    «Also, meine lieben Freunde: Das hier ist dem Ringschnaiter Pfaffen seine goldige Theres. Na, was sagt ihr?»
    Der jüngere der beiden, ein spindeldürrer Kerl mit Habichtsnase, bog den Oberkörper über den Tisch in Richtung Theres und stieß dabei fast die Karaffe um.
    «Da hast ausnahmsweise mal net gelogen, August. Jung und zart, grad wie das Marienbild drüben in Sankt Gallus.»
    Er streckte den Arm aus, als wolle er Theres ans Mieder fassen. Blitzschnell schlug ihm Wohlgschafft auf die Finger.
    «He, he – net so höpfelig, junger Freund. Mir wollet doch gepflegt zur Sache gehen. Oder etwa net? Irgendwie zieht’s hier gewaltig.»
    Wohlgschafft erhob sich und schloss das angelehnte Fenster samt den Läden. Zu Theres Schrecken schwankte er beträchtlich. Die Köchin hatte nicht übertrieben: Alle drei schienen sturzbetrunken, auch der Dritte im Bunde, ein dicker, verschwitzter Kerl, der bislang nur stumm vor sich hin geglotzt hatte. Jetzt hob er den mächtigen Schädel, auf dem das feuchte Haar in Strähnen festklebte.
    «Wie alt bist, Theres?», begann er zu lallen.
    «Fünfzehn.»
    «So, so. Fünfzehn. Bist ein schönes Mädle. Auf dein Wohlsein.»
    Der Dicke trank seinen Becher in einem Zug leer und gebot ihr nachzuschenken. Dabei stierten seine winzigen Äuglein unentwegt auf ihren Ausschnitt.
    «Was ist? Schmeckt dir dem Wohlgschafft sein Wein net?», fragte er sie.
    «Doch, doch.»
    Sie nahm einen Schluck. Hätte sie nur nicht vorher im Keller einen ganzen Becher geleert! Jetzt spürte sie, wie ihr der Wein in den Kopf stieg.
    «Bist so lieb und

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