Die Beute
Füßen erzittern ließ.
Kane tauchte hinter der Kochinsel auf, als sei er vorher in der Hocke gewesen. Er war ziemlich verdreckt und verschwitzt und bewegte sich übertrieben ruckartig wie jemand, der stinksauer war. Matt sah Jodie an. Sie zerrte an dem Balken und hatte eine Schulter nach hinten gezogen, als wollte sie sich so weit wie möglich von Kane entfernen. Doch ihr Gesicht war zum Loch im Boden gewandt.
Matt ging auf die Knie, so hatte er einen guten Blick auf die Stelle, an der das Loch klaffte. Kane hatte sich darübergebeugt und hielt etwas fest, das aus dem Loch ragte. Er zerrte eine große Metallkiste herauf und stellte sie ab.
Das musste die Kiste sein, die Matt unter der Scheune ausgebuddelt hatte. Dieselbe Farbe, dieselbe rechteckige Form. Ungefähr einen Meter lang und einen halben Meter hoch. Im Licht erkannte er, dass sie militärgrün war. Kane stieß sie mit dem Fuß über den Boden. Was auch immer da drin war, es musste schwer sein.
Kane richtete sich auf und lächelte Jodie bösartig an. Matt sah, wie ihr Körper erstarrte. Sie verlagerte ihr Gewicht von einem auf den anderen Fuß, als mache sie sich zum Kampf bereit.
»Bist du bereit, du Schlampe?«, fragte Kane.
Jodie hob das Kinn und schwieg.
Kane lachte, ein schrilles, irrsinniges Lachen.
Matt sah Jodie noch einmal an. Sie hatte die Lippen zusammengepresst, ihr Körper war angespannt, ihre gefesselten Hände zu Fäusten geballt. Halte durch, Jodie. Gib jetzt nicht auf. Dann glitt er schnell und leise über die Veranda, ließ sich in den Garten fallen und rannte, so schnell es seine Verletzungen zuließen.
Jodie sah das grausame Lächeln auf Kanes Gesicht, als er näher kam. Angst schnürte ihr die Brust zusammen. Sie wollte wieder Hass in sich brodeln spüren, doch das Fünkchen Hoffnung hatte ihren Hass gedämpft.
Mit wildem Blick sah sie zum Loch. Wo war Travis? Hatte er nicht gesagt, er wollte sich um seinen Bruder kümmern? Hatte er nicht den Zeigefinger zum Zeichen der Verschwiegenheit auf die Lippen gelegt, bevor er im Loch hinter Kane verschwunden war? Halt den Mund . Und sie blieb still. Sie lauschte ihrem keuchenden Atem, als Kane und Travis die Metallkiste hochhoben. Sie hatte getan, wie er ihr geraten hatte, und zugelassen, dass sich Hoffnung in ihr ausbreitete. Also wo zum Teufel steckte er?
Kane ging um den Balken herum, blieb hinter ihr stehen und verharrte dreißig lange Sekunden. Jodie drohte das Herz zu zerspringen. Dann packte er sie am Haar und riss ihren Kopf so weit nach hinten, dass ihr der Mund offen stehen blieb. Er brachte sein Gesicht in ihr Blickfeld, grinste sie an und fuhr dann mit zwei Fingern ihren Hals herab.
»Du bist bestimmt gut«, sagte er, und sein fauliger Atem stieg ihr in Mund und Nase. »Hey, Bruder, du solltest diesmal zuschauen.«
»Du bist noch nicht fertig«, brüllte Travis.
Jodie sah Travis am Rand des Loches. Erleichterung und Hoffnung ergriffen sie. Sie stöhnte auf.
»Blödsinn«, sagte Kane. »Ich habe deine verdammte Kiste rausgeholt. Jetzt krieg ich diese Schlampe.«
Travis packte ihn von hinten und zog ihn fort. »Du kriegst sie, wenn ich es sage.«
Kane wand sich aus Travis’ Griff, weit genug weg, dass Travis ihm den Ellenbogen ins Gesicht stoßen konnte. Kanes Kopf fuhr zurück, Sekunden später ging er in die Knie.
Travis stand über ihm. »Hast du immer noch nicht kapiert, du Arschloch, wer hier das Sagen hat?«
Jodie sah Kane an. Das Licht, das durch das Fenster fiel, wirkte wie ein Heiligenschein um seinen Kopf mit den kurz geschorenen Haaren. Sein Gesicht lag im Schatten. Langsam drehte er sich um und ballte seine Hände zu Fäusten.
Matt nahm den Wagenheber in die unversehrte Hand. Er fühlte sich hart und schwer an. Er war zwar nicht annähernd so gut wie eine Pistole, aber die beste Waffe, die er auf die Schnelle finden konnte. Er hatte ihn entdeckt, als er Louise und Hannah befreit hatte, und sich gefragt, weshalb er im Schlafzimmer gelandet war. Jetzt war er nur froh, dass er ihn hatte.
Als er aus dem vorderen Teil der Scheune Geräusche hörte, hob er den Kopf. Da waren Schritte auf dem Holzboden. Mehr als zwei Füße. Leise schlich er durch das Schlafzimmer und lauschte auf die Schritte vor der Haustür. So leise er konnte, humpelte er über die Veranda die Stufen vor dem Schlafzimmer hinunter und duckte sich im Garten. Die Schritte klangen weich und schlurfend auf dem Parkplatz vor dem Haus. Vielleicht war es die Entfernung oder die Scheune, die
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