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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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Jodie. Sie setzte ihre Tasse ein wenig härter auf als beabsichtigt. »Was willst du denn damit sagen? Dass da kein Auto war, nur weil du es nicht gehört hast?« Sie sah zuerst Hannah und dann Corrine an. Beide blickten sie an, sagten aber nichts. »Leute, ich habe nicht so viel getrunken wie ihr und erkenne sehr wohl den Unterschied zwischen einem Donnergrollen und einem Auto.«
    »Okay, warum sollte hier draußen bei Gewitter ein Wagen ums Haus fahren?«, sagte Hannah. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Das war auch nicht während des Gewitters, sondern davor. Und außerdem muss es keinen Sinn ergeben. Ein Auto ist ein Auto. Ich weiß, was ich gehört habe.« Hannah und Corrine sagten immer noch nichts, Jodie wandte sich an Lou, doch die zuckte nur mit den Schultern.
    Herrgott, sie glaubten ihr nicht. Wieder mal. »Okay, na schön, wie auch immer«, Jodie stieß den Stuhl vom Tisch weg. Sie brauchte dringend frische Luft, um ihren Frust herauszulassen. Außerdem wollte sie sich die Scheune bei Tageslicht ansehen, ohne Beeinträchtigung durch Alkohol oder Dunkelheit.
    Jodie spürte, wie ihr das Schweigen folgte, als sie den Flur entlang zu ihrem Schlafzimmer ging. Sie würde nie wieder ein Wochenende organisieren. Alle anderen Pflichten wie Essen besorgen oder so würde sie gerne übernehmen, aber nie wieder wollte sie den Ort aussuchen müssen, denn das war eine Katastrophe.
    Sie zog ihren Pyjama aus, schlüpfte in eine Cargohose und blickte an sich herunter. Das wulstige Narbengewebe auf ihrem Bauch war ihr so vertraut wie jeder andere Teil ihres Körpers. Sie fuhr mit ihren Fingerspitzen darüber und überlegte. Sie dachte an den Wagen. An die Taschenlampen und die Männer. An den Verrückten im Lokal und wie sie mit Corrine in der Dunkelheit gewartet hatte. An den Traum und den Flashback.
    Es war nicht ungewöhnlich, dass einem Flashback ein Traum folgte. Der von heute Morgen war beängstigend gewesen, aber das war nichts Neues. Der Flashback hingegen war eine ganz andere Geschichte. Der von letzter Nacht war heftig und seit Jahren der erste gewesen. Vielleicht lief das ja so – je mehr Zeit verging, desto heftiger wurden sie. Die Frage war, ob er so heftig gewesen war, dass er sogar ihre Wahrnehmung beeinflusst hatte. Er hatte sie verwirrt, so viel war sicher, aber wirklich so sehr, dass sie den Donner für ein Auto hielt, das zwei Runden um das Haus drehte?
    Sie zog ein T-Shirt und eine Sportjacke an und rief sich alles in Erinnerung. Sie ging zum Schlafzimmerfenster, lugte durch den Vorhang und dachte daran, was sie letzte Nacht gesehen hatte. Nein, das hatte sie sich nicht eingebildet. Vielleicht hatte sie nicht alles genau gesehen, wusste nicht, was für ein Wagen ums Haus gefahren war, aber sie war sich sicher, dass da draußen ein klobiges, dunkles Fahrzeug mit schwerem Motor rumgekurvt war.
    Die Mädels saßen noch immer um den Tisch, als Jodie ihnen auf dem Weg zur Eingangstür zuwinkte und so tat, als ahnte sie nicht, dass vermutlich wieder über sie getuschelt wurde. Draußen war es bitterkalt, die Sonne stand noch zu tief. Der Himmel hing voller grauer Wolken, nur eine kleine blaue Lücke hatte sich geöffnet. Sie hoffte, dass die noch weiter aufriss, denn sie wollte kein verregnetes Wochenende in einer Scheune verbringen und darüber nachgrübeln müssen, ob das, was sie gesehen hatte, real war oder nicht. Denn als Nächstes würde sie sich dann vielleicht noch fragen, ob sie einen Holzscheit aufs Feuer gelegt oder den Kaffee gemacht hatte.
    Sie lief die Stufen zum Parkplatz hinunter, um den mit Tau bedeckten Mietwagen herum und dann um das Haus.
    Die Holzveranda verlief tatsächlich um das gesamte Gebäude, das einfache Querholzgeländer wurde nur von der Treppe vor der Haustür, einer weiteren vor den Glastüren im hinteren Teil und einer dritten am schmäleren Ende vor dem Schlafzimmer unterbrochen. Die Besitzer mussten bei der Ausstattung offensichtlich stets den Komfort und die Freizeit der Gäste im Auge gehabt haben, denn auf der Veranda standen in regelmäßigen Abständen rustikale Couchtische und gepolsterte Lehnstühle. Das Grundstück war gerodet und mit robustem Rasen besät worden, der wie ein Burggraben das Gebäude umgab und vorne breiter als hinten war. Dort fiel das Gelände leicht ab und gab den Blick ins Tal frei. Jodie blieb einen Augenblick stehen und genoss die Aussicht auf das grüne Farmland und den unberührten Busch. Ihre Turnschuhe und der Saum ihrer Cargohosen waren

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