Die Beute
gerufen.«
»Mein Gott, habe ich das etwa laut ausgesprochen?«
»Ja, du hast zuerst Angela, dann Angie und dann ein paar Mal Nein gerufen. Das war deutlich zu hören. Nicht so wie bei Kindern, wenn sie träumen. Bei denen kann ich nie verstehen, was sie sagen.« Lou redete weiter, holte unterdessen Zucker und Milch aus dem Kühlschrank und sah dann zu Jodie auf. Um genau zu sein, zwei Mal. Der erste Blick war eher beiläufig, der zweite besorgt. »Jodie?«
Jodie stand auf, stemmte die Hände in die Hüften und schnappte nach Luft. Das mit den Flashbacks sollte doch vorbei sein.
»Jodie?«, fragte Louise erneut, diesmal besorgter.
Jodie hielt abwehrend eine Hand hoch und setzte sich wieder. »Alles in Ordnung. Das ist nur so was Seltsames, kommt ab und zu vor, ist mir aber schon lange nicht mehr passiert. Es hat mich überrascht, mehr nicht.«
Louise schob ihr eine Kaffeetasse hin, zog sie dann aber wieder zurück. »Ich weiß nicht, ob du heute Kaffee trinken solltest. Du siehst nicht gerade gut aus.«
»Kaffee ist genau das, was ich brauche.«
»Ich auch«, sagte Corrine. Sie lehnte an der Wohnzimmertür, trug einen Satinmorgenrock über einem gleichfarbigen Nachthemd, ihre Augen waren verquollen, ihr Gesicht ungeschminkt und blass. »Was ist das hier für ein Lärm?«
Hinter ihr tauchte Hannah in einem Flanellpyjama auf, nahm den Stuhl am Ende der Arbeitsplatte und gähnte. »Genau. Wie war das mit dem Ausschlafen? Wer hat denn da rumgeschrien?«
Jodie hob schuldbewusst die Hand, nippte am starken heißen Kaffee und spürte, wie das Koffein ihre Nervosität ein wenig löste.
»Sie hatte einen Albtraum«, sagte Louise und holte mehr Tassen aus dem Schrank. »War eigentlich ziemlich cool. Sie saß im Bett und schrie. Hat mich zu Tode erschreckt. Dann wachte sie nicht auf. Ich wollte ihr schon einen Krug Wasser über den Kopf schütten.«
Hannah kicherte. »Echt? Was hat sie denn geschrien?«
Louise sah Jodie flüchtig an und zuckte die Achseln. »Irgendwas Unverständliches.«
Jodie lächelte ihr dankbar zu. Immerhin war die Stimmung jetzt besser als vergangene Nacht – sie waren zwar müde, aber nicht mehr angespannt. »Tut mir leid, wenn ich euch geweckt habe. Geht doch noch ein wenig schlafen.«
Hannah rubbelte mit zwei Fingern einen Punkt auf der Stirn. »Ich habe einen Trommelwirbel im Kopf, ich glaube kaum, dass ich damit schlafen könnte.«
»Das kann man mit einem Katerbier auch nicht beseitigen«, sagte Corrine und setzte sich auf die Bank. Als sie den Blick in den Gesichtern der anderen sah, sagte sie nur: »Was denn? Ich kann nicht mehr ins Bett gehen. Ich frühstücke jetzt.«
Jodie sah ihr zu, wie sie einen Schluck Kaffee trank, und fragte sich, wann Corrine angefangen hatte, so viel Champagner zu trinken. Dann wies Corrine auf sie.
»Hey, wir dürfen gähnen im Gegensatz zur Spielverderberin Jodie, die Stunden vor uns ins Bett gegangen ist.«
Jodie legte eine Hand auf den Mund und gähnte trotzdem. »Tut mir leid. Ein Wagen draußen hat mich aufgeweckt, dann konnte ich bei dem Gewitter nicht mehr einschlafen.«
»Was für ein Wagen?«, fragte Hannah.
»Ein Wagen ist ums Haus gefahren. So gegen drei, bevor das Gewitter kam.«
»Bist du sicher, dass es nicht das Gewitter war?«, fragte sie.
»Ja, es war ein Auto. Komisch, dass niemand von euch es gehört hat. Es ist direkt um das Haus gefahren. Zweimal.«
»Donner hört sich manchmal auch so an.«
»Das war kein Donner. Ich habe es gesehen.«
»Wie sah es denn aus?«
Jodie hielt einen Moment inne und versuchte, die Skepsis in Hannahs Stimme zu ignorieren. »Ich konnte in der Dunkelheit nicht viel sehen, nur, dass es am Schlafzimmerfenster vorbeigefahren ist.«
Hannah und Corrine tauschten einen vielsagenden Blick. Hannah drehte dabei flüchtig den Kopf, während Corrine ihr einen Blick aus dem Augenwinkel zuwarf, doch das reichte Jodie. Sie wusste, worum es ging. Sie und die Ereignisse der vergangenen Nacht waren im anderen Schlafzimmer Gesprächsthema gewesen. Und die Schlüsse daraus waren für Jodie nicht gerade schmeichelhaft.
»Da war wirklich ein Auto«, sagte Jodie und ärgerte sich über ihren defensiven Tonfall.
Corrine hob die Augenbrauen und starrte auf ihre Kaffeetasse.
Hannah zuckte zweifelnd die Achseln. »Na ja, die letzte Nacht war ziemlich stressig, außerdem haben wir alle ein wenig getrunken. Ich hab das Donnergrollen über dem Haus auch lange gehört, einen Wagen aber nicht.«
Schon wieder, dachte
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