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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Teilhaberschaft verdankte.
    Um so herzhafter schüttelten die zwei Gauner einander die Hand. Larsonneau nannte Saccard seinen »lieben Meister«. Im Grunde hegte er eine aufrichtige Bewunderung für diesen Balancekünstler, dessen Kunststücke auf dem gespannten Seil der Spekulation er als Liebhaber solcher Dinge mit Interesse verfolgte. Der Gedanke, diesen Mann zu betrügen, besaß für ihn den Reiz eines seltenen, pikanten Genusses. Er hegte einen noch undeutlichen Plan, wußte noch nicht, wie er die Waffe, die er besaß und mit der er sich selber zu verletzen fürchtete, benutzen könnte. Zudem fühlte er sich noch von seinem ehemaligen Kollegen abhängig. Die Grundstücke und Gebäude, die nach den geschickt errechneten Aufstellungen schon fast einen Wert von zwei Millionen darstellten, in Wirklichkeit aber nicht ein Viertel dieser Summe wert waren, mußten in einem Riesenbankrott versinken, wenn nicht die Fee der Enteignung sie mit ihrem goldenen Zauberstab berührte. Nach den ursprünglichen Plänen, in die sie hatten Einblick nehmen können, mußte der neue Boulevard, der durchgebrochen wurde, um den Artilleriepark von Vincennes mit der PrinceEugèneKaserne zu verbinden und ihn unter Umgebung des Faubourg SaintAntoine in die Innenstadt von Paris einzubeziehen, einen Teil der Grundstücke beanspruchen; doch blieb zu befürchten, das diese kaum berührt werden würden und die so fein ersonnene Spekulation mit dem KonzertCafé an ihrer eigenen Kühnheit scheitern könnte. In diesem Fall mußte Larsonneau eine unangenehme Geschichte auf den Hals bekommen. Aber diese Gefahr hinderte ihn nicht, sich, ungeachtet seiner in der Natur der Sache begründeten Nebenrolle, furchtbar zu ärgern, sobald er an die spärlichen zehn Prozent dachte, die ihm von einem so riesenhaften Millionendiebstahl zufallen würden. Und deshalb vermochte er der ungeheuren Verlockung nicht zu widerstehen, die Hand auszustrecken und sich seinen Anteil zu sichern.
    Saccard hatte nicht einmal gewollt, daß Larsonneau Renée Geld lieh, und hatte sich selber an diesem groben, melodramatischen Trick ergötzt, der ihm bei seiner Vorliebe für verwickelte Geschäfte gefiel.
    »Nein, nein, mein Lieber«, sagte er mit seinem provenzalischen Akzent, den er, wenn er einem Scherz eine besondere Würze geben wollte, noch übertrieb, »wir wollen unsere Rechnungen nicht durcheinanderbringen … Sie sind der einzige Mensch in ganz Paris, dem nie etwas zu schulden ich mir geschworen habe.«
    Larsonneau begnügte sich damit, ihm zu verstehen zu geben, daß seine Frau eine Verschwenderin sei. Er riet ihm, ihr nicht einen Sou zu geben, damit sie ihm unverzüglich ihren Eigentumsanteil an den Grundstücken abtrete. Er, Larsonneau, würde lieber nur mit Saccard zu tun haben. Manchmal streckte er seine Fühler aus und ging so weit, mit seiner müden, gleichgültigen Lebemannsmiene zu sagen: »Ich muß doch endlich einmal etwas Ordnung in meine Papiere bringen … Ihre Frau erschreckt mich, mein Bester! Ich habe keine Lust, mir gewisse Papiere gerichtlich versiegeln zu lassen.«
    Saccard war nicht der Mann danach, solche Anspielungen geduldig hinzunehmen, besonders da er wußte, welch kühle und peinliche Ordnung im Büro dieses Kerls herrschte. Seine ganze listige und tatkräftige Person wehrte sich gegen die Angst, die ihm dieser große geschniegelte Wucherer in gelben Handschuhen einzujagen suchte. Das Schlimmste war, daß ihn eine Gänsehaut überlief, wenn er an einen möglichen Skandal dachte; und er sah sich schon unbarmherzig von seinem Bruder verbannt und in Belgien von irgendeinem schändlichen Gewerbe leben. Eines Tages wurde er so aufgebracht, daß er Larsonneau duzte.
    »Hör mal zu, Kleiner«, sagte er zu ihm, »du bist ein netter Bursche, aber du tätest gut daran, mir das bewußte Schriftstück herauszugeben. Du wirst sehen, dieser Fetzen Papier wird uns noch Kummer machen.«
    Der andere spielte den Erstaunten, drückte seinem »lieben Meister« die Hand und versicherte ihn seiner Ergebenheit. Saccard bereute schon, für eine Minute die Geduld verloren zu haben. Zu dieser Zeit dachte er ernstlich daran, sich seiner Frau wieder zu nähern; er konnte sie vielleicht gegen seinen Helfershelfer nötig haben, und außerdem sagte er sich, daß sich Geschäfte ausgezeichnet im Bett abwickeln lassen. Der Kuß auf den Nacken wurde allmählich zur Offenbarung einer gänzlich neuen Taktik.
    Im übrigen hatte er es nicht eilig, er ging sparsam mit seinen Mitteln

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