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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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obwohl sie davon geträumt hatten, sich bald zurückzuziehen, eifriger tätig waren denn je, in einem Kupee, das sie an einer Wegbiegung halten ließen, um ein Stück zu Fuß zu gehen; Herr de Mareuil, der, noch in Trauer um seine Tochter, Glückwünsche zu seinem ersten Zwischenruf in der Sitzung des Corps législatif vom Vortag einsammelte, fuhr seine politische Wichtigkeit im Wagen des Herrn ToutinLaroche spazieren, der gerade wieder einmal den Crédit viticole gerettet hatte, nachdem er ihn hart an den Rand des Abgrunds gebracht, und den die Senatorenwürde immer noch magerer und noch angesehener machte.
    Und als Abschluß dieser langen Reihe, gleichsam als höchste Herrlichkeit, lag der Baron Gouraud schwer in den doppelten Kopfkissen, mit denen man seinen Wagen zu versehen pflegte, und ließ sich von der Sonne bescheinen. Überrascht und angeekelt erkannte Renée neben dem Kutscher das weiße Gesicht, die feierliche Miene von Baptiste. Der großartige Lakai war in die Dienste des Barons getreten.
    Unaufhörlich glitt das Buschholz vorüber; das Wasser des Sees schimmerte in allen Regenbogenfarben unter den immer schrägeren Sonnenstrahlen, länger und länger wurde die tanzende Lichterreihe der Wagen. Und die junge Frau, selber gepackt und mitgerissen von diesem berauschenden Zauber, war sich dunkel all der Begierden bewußt, die hier unter der Sonne dahinrollten. Sie empfand keine Entrüstung über diese Beutefresser. Aber sie haßte sie wegen der Fröhlichkeit und des Triumphs, die ihr diese Leute mitten im Goldstaub des Himmels zeigten. Sie waren schön, sie lächelten. Die Frauen brüsteten sich weißhäutig und wohlgenährt; die Männer hatten funkelnde Augen, bewegten sich mit dem verzückten Gehabe glücklicher Liebhaber. Sie aber fand in der Tiefe ihres leeren Herzens nur noch Müdigkeit und stummen Neid. War sie denn besser als die anderen, daß sie so unter dem Genuß zusammenbrach? Oder verdienten die anderen Lob, weil sie stärker waren als sie? Sie wußte es nicht; sie wünschte sich gerade neue Begierden, um das Leben noch einmal zu beginnen, als sich ihr, bei einer Kopfwendung, auf dem Fußweg längs des Gebüschs, neben ihr ein Anblick bot, der ihr den letzten, zerschmetternden Schlag versetzte.
    Arm in Arm kamen gemächlichen Schrittes Saccard und Maxime des Wegs. Der Vater hatte offenbar den Sohn besucht, und beide waren dann plaudernd über die Avenue de l’Impératrice bis zum See gegangen.
    »Verstehe mich recht«, wiederholte Saccard, »du bist ein Tor … Wenn man soviel Geld hat wie du, läßt man es nicht in der Schublade liegen. Bei der Sache, von der ich dir erzählte, sind hundert Prozent zu verdienen. Es ist eine sichere Anlage. Du weißt genau, daß ich dich nicht übers Ohr hauen würde!«
    Aber den jungen Mann schien dieses Drängen zu langweilen. Er lächelte mit seinem hübschen Gesicht und betrachtete die Wagen.
    »Sieh dir doch mal die kleine Frau dort an, die Frau in Lila«, sagte er plötzlich. »Das ist eine Wäscherin, die dieser dumme de Mussy in Mode gebracht hat.«
    Sie musterten die Frau in Lila. Dann zog Saccard eine Zigarre aus der Tasche und wandte sich an Maxime, der bereits rauchte: »Gib mir mal Feuer.«
    Nun blieben sie einen Augenblick Gesicht zu Gesicht stehen und neigten sich einander zu. Als die Zigarre brannte, nahm der Vater wieder den Arm seines Sohnes, zog ihn fest unter den seinen und sprach weiter: »Siehst du, du wärst ein Narr, wenn du nicht auf mich hören wolltest. Also abgemacht? Bringst du mir morgen die hunderttausend Francs?«
    »Du weißt doch, daß ich nicht mehr in dein Haus komme«, entgegnete der junge Mann mit verkniffenen Lippen.
    »Ach was, Dummheiten! Das muß doch einmal, aufhören!«
    Und während sie schweigend ein paar Schritte weitergingen und Renée, einer Ohnmacht nahe, den Kopf in das Wagenpolster drückte, um nicht gesehen zu werden, entstand ein verworrener Lärm und lief die ganze Wagenreihe entlang. Auf den Gehsteigen blieben die Fußgänger stehen, wandten sich um und starrten mit offenem Munde auf irgend etwas, das sich näherte. Ein eiligeres Räderrollen wurde laut, die Equipagen wichen ehrfurchtsvoll zur Seite, und es kamen zwei Vorreiter in grüner Uniform und runden Kappen, auf denen goldene Quasten hüpften, deren Fransen breit herabfielen. Ein wenig vornübergebeugt trabten sie auf ihren großen Braunen dahin. Hinter ihnen kam eine Weile nichts. Und dann erschien der Kaiser.
    Er saß allein im Fond eines

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