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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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angerufen?«
    »Hast du es nicht klingeln gehört?«
    »Dieser Fernseher ist so laut, dass ich gar nichts hören kann. Jenny, was ist los? Du bist so blass.«
    »Nichts.« Sie wollte nicht mit ihrer Mutter darüber reden. Sie konnte keine weiteren Fragen mehr ertragen – oder weitere merkwürdige Dinge – oder auch nur irgendetwas.
    »Ich bin wirklich müde«, sagte sie, und noch bevor ihre Mutter sie aufhalten konnte, ging sie in Richtung ihres Zimmers davon.
    In der Ungestörtheit ihres eigenen kleinen Reichs warf sie sich aufs Bett. Es war ein hübsches Zimmer und normalerweise hätte seine Vertrautheit sie getröstet. Michael sagte immer, es sehe aus wie ein Garten, wegen
der Tagesdecke von Ralph Lauren, die mohnfarben und rosa und gold und staubblau war, und wegen der Körbe auf der Frisierkommode, in die Seidenblumen geflochten waren. Auf dem Fenstersims standen Töpfe mit Petunien und Steinkraut.
    Doch jetzt vermittelte ihr das Zimmer ein fremdes Gefühl. Als gehörte Jenny nicht länger in seine Vertrautheit.
    Sie lag da und lauschte auf die Geräusche im Haus. Im Wohnzimmer wurde gerade der Fernseher abgeschaltet, und im nächsten Moment drang ein Platschen aus dem Badezimmer. Joey ging ins Bett. Stimmen im Flur und eine Tür, die geschlossen wurde. Ihre Eltern gingen ins Bett. Danach war alles still.
    Jenny lag lange Zeit wach. Sie war nicht entspannt genug, um zu schlafen; sie musste irgendetwas tun, um diese Fremde in ihrem Innern abzuschütteln. Sie wollte … sie wollte …
    Sie wollte etwas Rituelles tun und – nun ja, etwas Reinigendes. Ganz allein.
    Da hatte sie eine Idee. Sie stand auf und drehte vorsichtig den Knauf ihrer Zimmertür. Dann trat sie in den dunklen Flur und lauschte. Stille. Alle schliefen, das Haus verströmte diese gedämpfte Mitten-in-der-Nacht-Atmosphäre.
    Leise öffnete Jenny den Wäscheschrank und fischte ein Handtuch heraus. Immer noch darauf bedacht, nicht das geringste Geräusch zu machen, entriegelte
sie die gläserne Schiebetür im Wohnzimmer und öffnete sie.
    Ein dreiviertel voller Mond ging gerade über den Vorhügeln auf. Jenny schaute zum Schlafzimmer ihrer Elternhinüber, aber ihre Jalousien waren dunkel, und eine Reihe hoher Oleanderbüsche versperrte ihnen die Sicht auf den Pool. Niemand würde sie sehen.
    Sie schlich sich zu einer Nische in der Mauer, wo sie einen Schalter umlegte. Das Poollicht ging an.
    Magie. Sie verwandelte eine dunkle, ominöse Leere in ein fluoreszierendes blaugrünes Juwel.
    Jenny seufzte.
    Hinter den schützenden Büschen zog sie ihre Kleider aus. Dann setzte sie sich an den Rand des Pools und ließ die Beine ins Wasser baumeln. Sie spürte den Beton unter ihren Oberschenkeln und das kühle Nass an ihren Waden. Sie betrachtete ihre Füße, hellgrün und etwas vergrößert im leuchtenden Wasser. Mit einer vorsichtigen Drehung ließ sie sich hineinfallen.
    Ein leichter Schock der Kühle durchzuckte sie. Jenny stieß sich mit den Füßen vom Rand des Pools ab und trieb auf dem Rücken mit ausgebreiteten Armen übers Wasser. Der Geruch von Chlor drang ihr in die Nase.
    Der Mond war wie pures Silber am Himmel und sehr weit entfernt. Genauso weit entfernt wie Jenny von ihren gewohnten Gefühlen.
    Also, was macht man, dachte sie, während sie im Wasser trieb, wenn man seine Seele an den Teufel verkauft
hat? Das traf es wohl ungefähr. Sie hatte Julian erlaubt, seinen Ring an ihren Finger zu stecken. Einen goldenen Ring mit der Inschrift: Ich weise alle zurück & wähle dich.
    Magische Worte, eingraviert in die Innenseite des Rings, sodass sie sich an ihre Haut schmiegen und sie an das Versprechen binden würden.
    Als sie aus der Schattenwelt zurückgekehrt waren, hatte Jenny den Ring in die weiße Schachtel mit dem Papierhaus gestopft, die P.C. und Slug gestohlen hatten. Jetzt wünschte sie, sie hätte ihn noch. Dann hätte sie ihn einschmelzen oder platt hämmern können.
    Das Wasser glitt angenehm zwischen ihren Fingerspitzen hindurch. Es umfasste ihren ganzen Körper, berührte ihre ganze Haut. Es war ein sehr – sinnliches Gefühl, so umarmt zu werden, in jede Richtung zu schweben und die Kühle an sich vorbeifließen zu spüren.
    Es gab einiges, was Jenny neuerdings viel intensiver wahrnahm.
    Zum ersten Mal hatte sie das in der Woche nach ihrer Rückkehr festgestellt. Voller Verwirrung und Entsetzen hatte sie begriffen, dass sie vieles schöner fand als früher. Die Nachtluft war wohlriechender, das Fell ihrer Katze glatter. Sie

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