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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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ausfällt.«
    »Oh, natürlich«, erwiderte Michael, der kaum Ahnung von Computern hatte, es aber niemals zugeben würde.
    »Das ist es, was den Computer in Gang gehalten hat, aber dann habe ich es irgendwie geschafft, das ganze System lahmzulegen«, fuhr Jenny fort. »Das hat den Stromausfall verursacht und der Rest hat sich in meinem Kopf abgespielt.«

    »Du musst ziemlich komisch ausgesehen haben mit diesem Kabel in der Hand«, meinte Michael.
    Sie besprachen den Verlauf ihres Nachmittags. Er, Dee und Audrey hatten zusammen Plakate aufgehängt und den größten Teil des Gebietes zwischen der Ramona Street und der Anchor Street abgesucht – und nichts gefunden.
    Jenny erzählte ihm, was sie schon Dee und Audrey erzählt hatte. Es ging ihr jetzt wieder gut. Sie hatte den ganzen Nachmittag geschlafen. Ihre Mutter wollte sie zum Arzt bringen, aber Jenny hatte abgelehnt.
    Sie war sehr stolz auf sich, weil sie begriffen hatte, dass sich alles nur in ihrem Kopf abspielte. In Zukunft würde sie ruhiger bleiben.
    »Nun, das ist gut«, sagte Michael. Dabei klang seine Stimme recht wenig überzeugt für jemanden, dessen Theorie bestätigt worden war. »Ähm, Jenny …«
    »Was?«
    »Oh, nichts. Wir sehen uns morgen. Pass auf dich auf.«
    »Du auch auf dich«, erwiderte Jenny ein wenig verblüfft. »Bis morgen.«
     
    Michael starrte auf das Telefon in seiner Hand. Dann schaute er unbehaglich zu seinem Schlafzimmerfenster hinüber. Er fragte sich, ob er es Jenny hätte erzählen sollen  – aber Jenny hatte schon genug Sorgen.
    Außerdem gab es keinen Grund, seine eigene brillante Theorie zu verderben. Es war nur Kampfmüdigkeit
und er war ihr genauso ausgeliefert wie alle anderen.
    Stress. Anspannung. In seinem Fall kombiniert mit einem ziemlich nervösen Temperament. Michael hatte sich selbst immer schon als schamlosen Feigling bezeichnet.
    Das erklärte vielleicht auch das Gefühl, das er den ganzen Tag über gehabt hatte, das Gefühl, beobachtet zu werden. Aber draußen vor diesem Fenster konnte sich gar nichts bewegen. Die Wohnung befand sich schließlich im ersten Stock.
     
    Audrey räkelte sich in ihrem Christian-Dior-Nachthemd und streckte sich genüsslich auf den pfirsichfarbenen Satinlaken aus. Selbst nach fünfundvierzig Minuten im Whirlpool taten ihr die Füße noch weh. Sie war sich sicher, dass sie Schwielen bekommen würde.
    Aber noch schlimmer war, dass sie seit dem Nachmittag dieses seltsame Gefühl nicht abschütteln konnte. Eigentlich ein Gefühl, das Audrey stets hatte, wenn sie einen Raum betrat – dass alle Blicke auf ihr ruhten. Nur dass diese Blicke heute nicht bewundernd gewesen waren. Sie waren wachsam gewesen – und bösartig. Sie hatte sich verfolgt gefühlt.
    Als pirsche sich etwas an sie heran.
    Wahrscheinlich nur die Nachwirkung des Schrecks, den sie gestern erlebt hatte. Es gab keinen Grund zur Sorge – sie war sicher zu Hause. Im Bett.

    Audrey streckte sich erneut und ihre Gedanken schweiften ab. Blicke … Augen … mmh. Keine Augen mehr. C’est okay. Va bène. Sie schlief ein.
    Und träumte einen angenehmen Traum. Sie war eine Katze. Keine abstoßende, räudige Katze wie die von Jenny, sondern eine elegante Abessinierkatze. Sie lag mit einer anderen Katze zusammengerollt da und leckte sich nach Katzenart.
    Audrey gab sich lächelnd dem verführerischen Gefühl hin und bot ihren Nacken dar. Die Zunge der anderen Katze war rau, aber angenehm. Es muss eine große Katze sein, dachte sie, halb erwachend. Vielleicht ein Tiger. Vielleicht …
    Mit einem Kreischen schoss Audrey im Bett hoch. Sie war wach – aber das Gefühl aus ihrem Traum war immer noch da. Sie hatte eine raue Zunge gespürt, die über ihren Nacken leckte.
    Sie schlug sich mit der Hand auf den Nacken – und spürte die Feuchtigkeit.
    Ein seltsamer Moschusgeruch erfüllte den Raum.
    Audrey riss beinah die Nachttischlampe herunter, bevor sie sie anschalten konnte. Dann sah sie sich hektisch um und hielt Ausschau nach dem Ding, das in ihrem Bett gewesen war.

Dee schreckte aus dem Schlaf auf. Zumindest dachte sie, dass sie erwacht wäre – aber sie konnte sich nicht bewegen.
    Irgendjemand beugte sich über sie.
    Es war sehr dunkel im Zimmer. Dabei hätte es gar nicht so dunkel sein dürfen, denn Dee schlief gern bei offenem Fenster und zurückgezogenen Vorhängen; atmete gern frische Luft ein, nicht das abgestandene, gekühlte Zeug, das aus der Klimaanlage kam.
    Doch heute Nacht musste sie vergessen haben, die

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